Rheinische Post Langenfeld

„Viele Kinderarzt­praxen sind am Limit“

Viele Ärzte sind an ihrer Belastungs­grenze. Der Ansturm auf die neuen Corona-Impfstoffe ist ausgeblieb­en.

- VON SEMIHA ÜNLÜ

DÜSSELDORF Wer in den Düsseldorf­er Kinderarzt­praxen anruft, muss es zurzeit oft mehr als einmal tun, um durchzukom­men: Der Ansturm auf die Praxen der Kinder- und Jugendmedi­ziner ist enorm. Doch das liegt nicht an der großen Nachfrage nach Terminen für Impfungen mit den neuen Corona-Impfstoffe­n oder auch die Grippeschu­tzimpfunge­n. Hintergrun­d: Seit Kurzem sind die an die Omikron-Varianten abgestimmt­e Impfstoffe verfügbar, die die Ständige Impfkommis­sion für Menschen ab zwölf Jahren für die Boosterimp­fung empfiehlt. Tatsächlic­h habe die Nachfrage danach bislang noch nicht angezogen, sagt die Obfrau der Düsseldorf­er Kinderund Jugendärzt­e, Monica Naujoks. Dennoch sei man in vielen Praxen zurzeit „am Limit“, was die niedergela­ssene Ärztin mit Sorge betrachtet.

Viele Eltern seien wegen der zunehmende­n Infekte verunsiche­rt, würden teilweise wegen eines Infekts mehr als einmal in die Praxis kommen, sagt Naujoks. Ein Husten sei aber eben nicht nach drei Tagen weg und daran könne man auch mit dem Besuch in der Praxis nichts ändern. Wegen der Hygienemaß­nahmen seit Corona-Ausbruch wie dem Masketrage­n sei man nun schneller empfänglic­h für Erreger, das Immunsyste­m müsse sozusagen erst wieder hochgefahr­en, gestärkt werden und das eben auch dadurch, dass man sich jetzt immer wieder mal hier und da ansteckt.

Eine Situation, an die sich viele Mütter und Väter erst wieder gewöhnen müssten. Zudem habe die Corona-Pandemie viele Eltern ängstliche­r werden lassen. Durch die Struktur der Kleinfamil­ie seien zudem viele Familien auf sich gestellt, da habe man nicht die Großmutter daheim, die zum Beispiel einen warmen Wickel empfehlen könne. Naujoks, die selbst Mutter ist, kann nachvollzi­ehen, dass viele Eltern diese Zeit als anstrengen­d empfinden. Oft habe man das Gefühl, dass wenn jeder in der Familie mit der einen Krankheit durch sei, schon wieder einer neu erkranke.

Damit die Kinderarzt­praxen nicht mehr überlastet sind, seien aber nicht nur die Eltern gefragt, sondern auch die Kitas: Denn sie würden in enigen Fällen eine Gesundschr­eibung des Kindes fordern. So passiere es nicht selten, dass Eltern in der Praxis vorstellig würden, weil das Kind Durchfall oder die HandFuß-Mund-Krankheit hatte und die Kita das Kind erst wieder aufnehme, wenn ein Kinderarzt das Kind „gesund“schreibt.

„Das ist unsinnig“, sagt Naujoks. Bei der Hand-Mund-Fuß-Krankheit könne man zum Beispiel sehr gut sehen, ob die charakteri­stischen Flecken noch da sind oder nicht. Bei einer Durchfalle­rkrankung könnten die Ärzte wiederum nicht mal eben prüfen, ob sie noch vorliegt. Zudem handele es sich bei dem Nachweis um eine Selbstzahl­er-Leistung: Bis zu fünf Euro müssten Eltern je nach Praxis schon mal dafür zahlen.

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F.: BRETZ Monica Naujoks ist die Obfrau der Kinder- und Jugendärzt­e.

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