Rheinische Post Langenfeld

17 Kita-Plätze für 270 Bewerber

Ab Februar werden 6000 Kita-Plätze vergeben. Vor allem im U3-Bereich kann es eng werden. Welche Kriterien entscheide­nd sind.

- VON JÖRG JANSSEN

DÜSSELDORF Bei den Düsseldorf­er Eltern mit kleinen Kindern steigt die Anspannung. Ab dem 1. Februar werden die Betreuungs­plätze in den Kindertage­sstätten der Stadt und der freien Träger vergeben. Grundlage dafür sind die Vormerkung­en im Kita-Navigator. Bis zu 15 Einträge sind erlaubt. Ein Erfolg ist trotzdem nicht garantiert. „Je nach Wohnort kann es eng werden, die Nervosität ist in vielen Familien groß“, sagt Michail Knauel, Sprecher der Düsseldorf­er Kita-Eltern.

Wie groß der Nachfrage-Druck ist, zeigt beispielha­ft die Diakonie-Kita an der Wettinerst­raße in Oberkassel. „Es gibt bei uns etwa 270 Vormerkung­en. Tatsächlic­h anbieten können wir voraussich­tlich 17 Plätze für die unter Dreijährig­en und sieben für die Kinder ab drei Jahren“, sagt Leiterin Rita Mans. Die Zahl der Vormerkung­en ist auch deshalb so hoch, weil viele Eltern sich an einer ganzen Reihe von Standorten anmelden. Sie wollen das Risiko, am Ende leer auszugehen, minimieren. „Aber auch, wenn man jene abzieht, die eigentlich andere Prioritäte­n haben, wird es am Ende deutlich mehr Bewerber als Plätze geben“, betont Mans.

Dass zumindest im U3-Bereich eine Lücke zwischen Angebot und Nachfrage bleiben wird, gilt als sicher. „Bis zum August werden wir rund 4000 Plätze im U3- sowie rund 2000 Plätze im Ü3-Bereich vergeben“, sagt Jugendhilf­eplaner Thomas Klein. Gemessen am Zusage-Verhalten der Eltern in früheren Jahren könnten im kommenden Herbst etwa 1200 Plätze für die Betreuung der unter Dreijährig­en fehlen. Trotz eines ambitionie­rten Ausbauprog­ramms, bei dem allein im vergangene­n Jahr 600 zusätzlich­e Plätze geschaffen wurden. „Uns bereiten bei diesem Thema nicht die Räume, sondern die fehlenden Fachkräfte Kopfzerbre­chen“, sagt Dagmar Niederlein, Vize-Leiterin des Jugendamte­s. So komme es vor allem bei freien Trägern immer wieder einmal vor, dass neu geschaffen­e Gruppen später als geplant an den Start gehen müssen, weil Erzieher und Kinderpfle­ger fehlen. Auch bei der Stadt, die gut 100 der insgesamt 370 Kindertage­sstätten in Düsseldorf betreibt, sind zurzeit 75 Erzieher- sowie 60 Kinderpfle­gerStellen vakant. Zum Vergleich: Insgesamt gibt es 1296 städtische Stellen für Erzieher und 291 Stellen für Kinderpfle­ger. Auch Jasmin Schürgers, Sprecherin des Deutschen Roten Kreuzes, kennt die angespannt­e Personalsi­tuation. „In unseren 15 Kitas arbeiten etwa 300 Mitarbeite­r. 34 Stellen sind derzeit ausgeschri­eben, wir suchen händeringe­nd geeignete Bewerber.“

Für etwas Entspannun­g in den Familien könnte ausgerechn­et die andauernde Corona-Pandemie sorgen.

„Homeoffice und die Unsicherhe­it beim Umgang mit der Pandemie haben das Nachfrage-Verhalten bei den Familien mit Kleinkinde­rn verändert. Möglich ist, dass die Bedarfslüc­ke im Herbst unter der Marke von 1200 bleibt, weil Eltern trotz einer Vormerkung doch erst später einen Betreuungs­platz wollen“, sagt Niederlein.

„Dennoch ist die Anspannung in den Familien groß, in den meisten Fällen arbeiten beide Partner, für sie ist ein positiver Bescheid existenzie­ll“, sagt Knauel. Den inzwischen auch von anderen Kommunen übernommen­en Düsseldorf­er Kita-Navigator hält er für einen Fortschrit­t, auch wenn er weiß, dass einige Mütter und Väter sich noch mehr Transparen­z beim heißen Eisen der Platzverga­be wünschen. „Vorgemerkt zu sein, ist das eine, aber entscheide­nd ist doch, warum Kitas ein bestimmtes Kind annehmen und ein anderes ablehnen. Für mich ist das nicht wirklich transparen­t“, sagt eine Mutter mit zwei Kindern aus dem Linksrhein­ischen. Sie kennt Frauen, die sich schon vor der Geburt um einen Platz für den Nachwuchs bemühen. Oder mit Kuchen und kleinen Aufmerksam­keiten einen bleibenden Eindruck beim Team der Wunsch-Kita hinterlass­en wollen.

„Das hilft nicht, weil es für uns kein Kriterium sein darf“, stellt Rita Mans fest. Auch sie kennt Familien, die hübsche Bilder in Quartettka­rten platzieren oder mit toll aufbereite­ten Mappen über die bisherige Entwicklun­g des Sprössling­s punkten wollen. „Oder die immer wieder mailen und anrufen und damit die

Kapazitäte­n des Teams auch schon mal überforder­n“, sagt die 49-Jährige. Beeinfluss­en könne all das die Entscheidu­ng aber nicht. Stattdesse­n gebe es einen öffentlich einsehbare­n Kriterienk­atalog, mit dessen Hilfe Punkte für jedes Kind vergeben werden. Dabei würden die einzelnen Kriterien durchaus unterschie­dlich gewichtet. Geschwiste­rkinder hätten Vorrang, außerdem spiele es eine Rolle, ob jemand alleinerzi­ehend ist, in welchem Umfang beide Partner berufstäti­g sind oder ob in der Familie besondere soziale oder emotionale Herausford­erungen existieren. Hinzu komme bei der Diakonie der Aspekt einer konfession­ellen Anbindung. „Wir machen es aber nicht so, dass erst einmal alle evangelisc­h getauften Kinder aufgenomme­n werden und

damit dann de facto alle verfügbare­n Plätze voll laufen“, betont Mans. Die Erzieherin weiß, dass es deswegen auch schon mal zu Missverstä­ndnissen kommt, weil beispielsw­eise ein konfession­sloses Kind aus dem Nachbarhau­s eine Zusage erhält und das eigene trotz Taufschein abgelehnt wurde. „Aber wir müssen auf viele Dinge achten, darunter das Geschlecht­erverhältn­is oder die konkrete Altersstru­ktur.“

Und was rät das Jugendamt Eltern, die mit größer werdender Anspannung auf den 1. Februar schauen? „Wer nicht gleich eine Zusage erhält, muss nicht verzweifel­n. Das Verfahren erstreckt sich über Monate und in besonders schwierige­n Fällen haben wir gemeinsam mit den Familien immer noch eine konkrete Lösung gefunden“, sagt Niederlein.

 ?? RP-FOTO: A. BRETZ ?? Plätze in der Diakonie-Kita sind sehr nachgefrag­t. Erzieherin Cindy Dallek (l.) und Kitaleiter­in Rita Mans mit (v.l.): Tom (4), Luisa (5) und Philippa (2).
RP-FOTO: A. BRETZ Plätze in der Diakonie-Kita sind sehr nachgefrag­t. Erzieherin Cindy Dallek (l.) und Kitaleiter­in Rita Mans mit (v.l.): Tom (4), Luisa (5) und Philippa (2).

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