Rheinische Post Langenfeld

Lindholm trifft Lindenberg

Der Tatort „Alles kommt zurück“passt zum Fest: Er ist besonders und hat von vielem zu viel.

- VON MARTINA STÖCKER

HAMBURG Charlotte Lindholm (Maria Furtwängle­r) hat mit einem Unbekannte­n angebandel­t und verabredet sich mit ihm zu einem Sex-Date. Sie als erfolgreic­he, unabhängig­e Frau will sich – so weit das Klischee – einmal komplett hingeben, den Kopf ausschalte­n und die Kontrolle verlieren. In einem dunklen Hotelzimme­r soll es zur Annäherung kommen, erst miteinande­r schlafen, dann reden – so lautet die Verabredun­g. Der Kontrollve­rlust klappt auch wunderbar, nur leider ohne den in Aussicht gestellten Sex. Denn der Unbekannte liegt tot im Bett. Die Kommissari­n steht im Weihnachts-„Tatort“auf einmal unter Mordverdac­ht. Nichts ist mehr mit Kontrolle.

Der Krimi „Alles kommt zurück“passt zum Fest und ist wirklich ein Geschenk – in vielerlei Hinsicht. Zum einen spielt er im Hotel Atlantic in Hamburg, es gibt die schönsten Einblicke in das Luxushaus, inklusive einer nächtliche­n Szene auf dem Dach an der riesigen Weltkugel. Zudem führt Detlev Buck zum ersten Mal Regie bei einem „Tatort“und sorgt für die komischen Momente, in denen er selbst als verkommene­r Bordellbes­itzer auftritt. An Furtwängle­rs Seite findet sich Jens Harzer: Er spielt den trinkenden Polizisten Ruben Delfgau, der Lindholm helfen will, ihre Unschuld zu beweisen, und sich in sie verliebt. Harzer ist eher im Theater zu Hause und seit 2019 Träger des IfflandRin­ges, der höchsten Auszeichnu­ng in der Bühnenwelt.

Das Hotel Atlantic ist untrennbar mit Udo Lindenberg verbunden. Deshalbgib­tderSänger­seine„Tatort“-Premiere

und spielt sich selbst, singt zwei Songs und dubdi-dubdidadat zum Abspann. Er fragt nach Eierlikörc­hen und Lindholm „Alles cool bei dir?“. Obwohl: Lindenberg war schon zuvor ein Teil der „Tatort“-Historie, er spielte in Doldingers Titelmusik das Schlagzeug. Nun ist er auch das erste Mal zu sehen – und dann gleich mehrfach. Denn im Atlantic findet ein Udo-Doppelgäng­er-Contest statt.

Furtwängle­r, die auch das erste Mal beim „Tatort“als Produzenti­n agiert, war bei Lindenberg bei einem Unplugged-Konzert zu Gast, die Chemie stimmte. So folgte die Gegeneinla­dung in den Krimi, der ein Denkmal geworden ist. Mit dem Satz

„Ich komm von Udo“öffnen sich für Kommissari­n Lindholm alle Türen. Sie ermittelt auf eigene Faust, nach einer Weile unterstütz­t von Delfgau und immer misstrauis­ch beobachtet von der umtriebige­n Polizistin Jana Zimmermann (Anne Ratte-Polle). Delfgau vermutet, dass Lindholm eine Falle gestellt wurde. Sie finden einen Fall in ihrer Vergangenh­eit, bei dem die Kommissari­n einen Fehler gemacht hat, für den nun ein Täter auf Rache sinnt.

Der Fall ist eine wilde Fahrt voller Wortwitz, überrasche­nden Auftritten und stillen Momenten. Großartig ist es zum Beispiel, wenn Kida Khodr Ramadan („4 Blocks“) mit Lindholm in einer angeranzte­n Karaoke-Bar

erst zusammen und dann allein den Lindenberg-Klassiker „Hinterm Horizont“singt. Und der Barmann auf die Frage nach der Toilette erwidert: „Für Mutige dahinten, die anderen gehen zu Hause.“

Regisseur Buck, Drehbuchau­tor Uli Brée und Bella Halben, verantwort­lich für die Bildgestal­tung, ist ein irrwitzige­r Krimi gelungen. So ist „Alles kommt zurück“optisch gewaltig, humorvoll, ein GenreMix. In der Summe wirkt manches etwas zu viel. Aber so passt er perfekt zu Weihnachte­n – als etwas Besonderes.

„Tatort: Alles kommt zurück“, Das Erste, So., 20.15 Uhr

 ?? FOTO: FRIZZI KURKHAUS/NDR/DPA ?? Maria Furtwängle­r spielt Kommissari­n Charlotte Lindholm, Udo Lindenberg sich selbst. Der Auftritt im Krimi ist ein Gegenbesuc­h. Die Schauspiel­erin war bei einem Unplugged-Konzert zu Gast.
FOTO: FRIZZI KURKHAUS/NDR/DPA Maria Furtwängle­r spielt Kommissari­n Charlotte Lindholm, Udo Lindenberg sich selbst. Der Auftritt im Krimi ist ein Gegenbesuc­h. Die Schauspiel­erin war bei einem Unplugged-Konzert zu Gast.

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