Baumsturz: Muss Stadt 70.000 Euro zahlen?
Laut Klage habe die Stadt in den Wochen vor dem Baumsturz an der Lorettostraße ihre Sicherungspflicht vernachlässigt. Ein Gutachter bestätigt das nun vor Gericht.
Nach dem Umkippen eines 20-Meter-Baumes an der Lorettostraße vor zwei Jahren muss die Stadt wohl den Gesamtschaden von rund 70.000 Euro zahlen. Das ergibt sich aus dem Gutachten eines Sachverständigen, das dem Landgericht nun vorliegt. Demnach sei der Sturz des Baumes auf drei geparkte Autos und gegen eine Hausfassade keineswegs plötzlich, sondern sogar absehbar gewesen. Eine Baumkontrolle, die erst wenige Wochen vorm Umfallen dieser Robinie (auch: Scheinakazie) durchgeführt wurde, nennt der Gutachter nämlich „suboptimal“. Aktuell klagt einer der Autobesitzer, dessen Fahrzeug durch das Umschlagen des Baumes einen Totalschaden erlitt.
Wie durch ein Wunder entstand durch den Baumsturz damals nur Sachschaden, Menschen blieben auf der beliebten Einkaufs- und Ausgehstraße in Unterbilk unverletzt. Kläger-Anwalt Henrik Momberger hatte in der Klage gegen die Stadt schon im Februar 2017 gerügt, dass jene Scheinakazie faulige Wurzeln hatte, daher deutlich sichtbar und bedrohlich schräg gestanden habe. Da städtische Kontrolleure aber trotzdem untätig geblieben seien, habe die Stadt (so Momberger zur Prozesseröffnung beim Landgericht) gegen ihre Verkehrssicherungspflicht verstoßen – und müsse daher für den Schaden komplett aufkommen.
Die Stadt hatte damals entgegnet, es sei von außen nicht sichtbar gewesen, ob die Haltewurzeln des Baumes marode waren. Doch dem tritt der vom Gericht bestellte Gutachter nun entschieden entgegen. Er befand: Die Haltewurzeln der Robinie seien durch eine Baumaßnahme einst gekappt worden, was nicht zulässig sei. Dass der Baum danach siech wurde und das Wurzelwerk verfaulte, hätte die Stadt wissen müssen und auch sehen können – wenn die Kontrollen fachkundig durchgeführt worden wären. Genau das zweifelt der Sachverständige an. Kläger-Anwalt Momberger zieht daraus das Fazit: „Wenn die städtischen Kontrolleure hingeguckt hätten, hätten sie es sehen müssen.“Die Schuldfrage am Baumsturz ist für ihn geklärt. Als Konsequenz erwartet Momberger jetzt keine Nachkontrollen bei sämtlichen Stadtbäumen, fände es aber „angebracht, dass die Stadt ihr Personal fachkundig fortbildet“. Eine Stellungnahme dazu und zum Baumfall gab es von der Stadt gestern nicht – unter Hinweis auf das „laufende Verfahren“. Einen Urteils-Termin des Landgerichts über die Klage gibt es noch nicht.