Rheinische Post Langenfeld

Der Dortmunder Stachel sitzt tief

Die 2:4-Niederlage gegen Borussia Dortmund ist für die Profis der Werkself nur schwer zu verkraften – und noch schwerer zu erklären. Die gründliche Aufarbeitu­ng der Pleite dürfte für alle Beteiligte­n ungemütlic­h werden.

- VON DORIAN AUDERSCH

LEVERKUSEN Schwarz und Gelb sind seit Jahrzehnte­n die Farben von Borussia Dortmund. Nicht umsonst ist die Biene „Emma“das Maskottche­n des BVB. Insofern waren die vier Dortmunder Tore ab der 65. Minute überaus schmerzhaf­te Stiche, die aus einer 2:0-Halbzeitfü­hrung der Werkself eine 2:4-Niederlage machten. Es ist eine Pleite, die wohl keiner der Beteiligte­n einfach abschüttel­n kann. Sie tut weh. Der Stachel sitzt tief.

„Ich habe immer noch die Hoffnung, dass aus unserer jungen Truppe noch eine erwachsene Mannschaft wird“

Julian Brandt

So überlegen Bayer 04 in den ersten 60 Minuten auftrat, so desolat präsentier­te sich das Team von Trainer Heiko Herrlich im Anschluss. Dominik Kohr, der wie der Rest seiner Mitspieler eine Stunde lang ein richtig gutes Bundesliga­spiel absolviert­e, war nach dem Schlusspfi­ff dennoch gefasst. „Das müssen wir jetzt aufarbeite­n“, sagte er seelenruhi­g und referierte über die ausgelasse­nen Chancen, die das 3:0 hätten bringen können. „Wir haben eine hohe Intensität in den ersten 60 Minuten gefahren. Ich weiß nicht, ob die Kräfte dann ein bisschen geschwunde­n sind“, erklärte Kohr. „Wir hatten innerhalb von zehn Tagen vier Spiele.“

Kräftevers­chleiß ist sicher ein Ansatz, um den Leistungse­inbruch zu erklären, aber er ist bei weitem nicht der einzige. Das ist auch Kohr bewusst. Als Mittel gegen den kompletten Kontrollve­rlust fiel ihm eine defensiver­e Ausrichtun­g ein. „Wir hätten uns auch tiefer stellen können, damit die Dortmunder mehr kommen müssen und wir mehr aus der Ordnung verteidige­n.“

Das lässt sich als Kritik unter anderem an seinem Mitspieler Wendell deuten, der nicht nur vor dem 2:2 vogelwild irgendwo in der gegnerisch­en Spielfeldh­älfte „verteidigt­e“, locker ausgespiel­t wurde und so seine linke Seite defensiv völlig freigab. Jadon Sancho und Marco Reus bedankten sich in vollem Tempo und doppelpass­end für die großzügig gewährten Freiräume mit einem sehenswert­en Tor des Nationalsp­ielers und Dortmunder Kapitäns.

Das wird eine der vielen Szenen vom Samstagabe­nd sein, die Trainer Heiko Herrlich am Montag mit seinen Spielern durchgeht – im Idealfall in Zeitlupe und aus mehreren Perspektiv­en. Die Lehren daraus dürfte klar sein: So verteidigt man auf gar keinen Fall gegen ein Topteam der Bundesliga. Schon gar nicht, wenn man 2:1 führt.

„Die Dortmunder haben eine Riesenqual­ität und haben ihre Chancen sehr, sehr gut genutzt“, erkannte Julian Brandt den furiosen Sturmlauf der letzten 25 Spielminut­en an. „Wir machen zu viele leichtfert­ige Fehler und müssen langsam mal erwachsen im Kopf werden“, forderte er. Das ziehe sich wie ein roter Faden durch die bisherige Saison. Die „zittrigen Knie“nach dem ersten Gegentor könne er indes nicht erklären. Auch das dürfte Gegenstand etwaiger Analysen im Nachgang sein. „Wir können aus solchen Spielen nur lernen“, sagte Brandt. „Ich habe immer noch die Hoffnung, dass aus unserer jungen Truppe noch eine erwachsene Mannschaft wird, die solche Spiele dann gewinnt.“

Immerhin: Auch die schmerzhaf­testen Bienenstic­he heilen irgendwann. Diese Erkenntnis gehört wohl zum Erwachsenw­erden dazu.

 ?? FOTO: DPA ?? Nicht nur Kai Havertz war nach dem Schlusspfi­ff fassungslo­s über das Ergebnis des Samstagabe­ndspiels.
FOTO: DPA Nicht nur Kai Havertz war nach dem Schlusspfi­ff fassungslo­s über das Ergebnis des Samstagabe­ndspiels.

Newspapers in German

Newspapers from Germany