Polizeidienst in „Schrottimmobilie“
Das Duisburger Polizeipräsidium gehört zu den marodesten des Landes. Putz platzt von Decken. Es regnet rein. Klimaanlagen versagen. Eine Gefährdungsanalyse urteilt: Es kann Gesundheitsgefahr für die Beamten bestehen.
DUISBURG Es sind Zustände, wie man sie eigentlich nur aus Schrottimmobilien kennt. Aber nicht in einem großen Polizeipräsidium erwartet – und schon gar nicht einem so wichtigen wie dem Duisburger. Die Umkleidekabinen der Polizisten sind in Teilen verkommen, die sanitären Einrichtungen in einem unzumutbaren Zustand, wie eine Reihe von Fotos belegen, die unserer Redaktion vorliegen. Viele Wände schimmeln. Nach einem Wassereinbruch durch Regen ist das Mauerwerk einer ganzen Gebäudeseite durchtränkt. Von Decken und Wänden platzt der Putz ab. Es riecht modrig und muffig. „Das Gebäude befindet sich in einem desolaten und menschenunwürdigen Zustand“, sagt Volker Schneider, Kreisvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Duisburg.„Die Motivation der Polizeibeschäftigten sinkt deshalb, und die Frustration über die unzureichenden Arbeitsbedingungen steigt“, betont Schneider.
Duisburg steht symbolisch für eine Reihe maroder Polizeigebäude im Land. „Die baulichen Zustände im Duisburger Präsidium sind jedoch extrem miserabel. Das ist die reinste Schrottimmobilie“, sagt DPolG-Landeschef Erich Rettinghaus. Ähnlich marode seien noch die Präsidien in Wuppertal und Bielefeld.
Innerhalb der Polizei sind die Zustände im Duisburger Präsidium seit Jahren bekannt.„Einzelne Gebäude sind so marode, dass sich die Sanierung nicht mehr lohnt“, bestätigt ein Sprecher der Duisburger Polizei. „Alles, was wir irgendwie selbst reparieren können, machen wir. Aber da stoßen wir natürlich auch an unsere Grenzen. Insbesondere dann, wenn uns die Gebäude nicht gehören“, sagt er.
Auch das Innen- und das Finanzministerium sowie der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) sollen über die Zustände im Bilde sein. Seit Jahren kämpft die Duisburger Polizeipräsidentin Elke Bartels für den Neubau und wird deshalb immer wieder vorstellig bei den Ministerien in Düsseldorf. Doch außer leere Versprechungen bewirkte ihr Drängen bislang offenbar nichts. „Zuletzt hat man uns vor zwei Jahren signalisiert, dass endlich etwas passieren wird. Doch bis heute ist nichts ge- schehen“, sagt der Polizeisprecher.
Nach Informationen unserer Redaktion streiten sich die genannten Ministerien und der BLB um die Übernahme der Kosten für den Neubau und die Sanierungen. Und niemand scheint bereit zu sein, diese zu tragen. Aber immerhin scheint zumindest im Innenministerium die Einsicht zu bestehen, dass mit den Liegenschaften in Duisburg endlich etwas passieren muss. „Das Ganze ist ein Armutszeugnis für uns. Es ist traurig, zu sehen, wie wir mit unseren Polizisten umgehen“, so ein leitender Mitarbeiter des Ministeriums. „Was sollen denn die Auszubildenden von uns denken, wenn sie die Zustände sehen?“
Das Duisburger Polizeigebäude an der Düsseldorfer Straße sowie die Außenwachen sind in Teilen offenbar schon so marode, dass auswärtige Polizisten bereits darüber scherzen, wenn sie die Zustände zu Gesicht bekommen. Wie zum Beispiel eine Polizeidelegation aus Bayern, die zu Gast gewesen ist. „Die haben gefragt, ob sie die Missstände mit ihren Handys fotografieren dürften, sonst würde ihnen zu Hause keiner glauben, wenn sie davon erzählen würden“, so ein Duisburger Polizeibeamter.
Erst gerade fiel infolge der Hitze die Klimaanlage im Gebäude aus. Die Geräte, die auf einem Flachdach montiert sind, waren durch Sonneneinstrahlung überhitzt und mussten gekühlt werden.„Das haben wir mit Rasensprengern gemacht“, so der Polizist. Abenteuerlich sei das gewesen. Ähnliches dürfte auch für das unsachgemäße Betreiben eines Entfeuchtungsgeräts im Keller des Gebäudes gelten. Dort war ein solches Gerät nach dem Regeneinfall unbeaufsichtigt an einer dafür nicht vorgesehenen Steckerleiste angeschlossen. „Weil man das gerade noch rechtzeitig entdeckt hat, wurde möglicherweise ein Gebäudebrand verhindert“, sagt Schneider.
Das Präsidium ist nicht nur marode, sondern offenbar auch viel zu klein. „Es fehlt überall an Arbeitsplätzen, Computern, Büros, Schreib-, Aufenthalts- und Besprechungsräumen“, sagt Rettinghaus. „Blutproben müssen zum Teil auf dem Flur entnommen werden, während Besucher vorbeigehen“, sagt er. Das Präsidium platze buchstäblich aus allen Nähten. In Arbeitsräumen, die für zwei Polizisten vorgesehen
„Blutproben müssen zum Teil auf dem Flur entnommen werden, während Besucher
vorbeigehen“
Erich Rettinghaus
Deutsche Polizeigewerkschaft