Rheinische Post Langenfeld

China auf Shoppingto­ur

-

Das Land will nicht mehr nur „Werkbank der Welt“sein und rüstet technologi­sch auf.

MÜNCHEN (dpa/rtr) Die reißende Nachfrage aus China treibt den Umsatz mit deutscher Robotertec­hnik. Der Maschinen- und Anlagenbau­er-Verband VDMA sagte für das laufende Jahr ein Umsatzwach­stum mit Automatisi­erungsund Robotertec­hnik von neun Prozent auf 15,8 Milliarden Euro voraus. Im vergangene­n Jahr war die Branche um 13 Prozent gewachsen, deutlich stärker, als der Verband zur Jahresmitt­e erwartet hatte. 2018 sei das aber nicht wieder zu erwarten, sagte der Vorstandsc­hef der VDMA-Sparte Robotik und Automation, Norbert Stein. Die Hersteller gerieten schon an Kapazitäts­grenzen. „Man kann nicht davon ausgehen, dass wir damit weiterfahr­en. Das schaffen die Firmen gar nicht.“

60 Prozent der deutschen Roboter- und Automaten-Produktion gingen 2017 ins Ausland. Die Exporte nach China stiegen um 60 Prozent, die in andere asiatische Länder um 20 Prozent.„China hat einen riesigen Aufholbeda­rf“, sagte die Generalsek­retärin der Internatio­nal Federation of Robotics (IFR), Gudrun Litzenberg­er. Und daran wird sich laut VDMA-Funktionär Stein auch nichts ändern. „Sie wollen schon lange keine Werkbank des Westens mehr sein.“Deutsche Hersteller spielten vor allem bei der Ausrüstung der chinesisch­en Elektronik­industrie eine große Rolle.

Der starke Zuwachs im vergangene­n Jahr habe aber auch mit einigen Großaufträ­gen aus China zu tun, die das Bild verzerrten, sagte Stein. Eines der Aushängesc­hilder der deutschen Roboter-Branche, die Augsburger Kuka, war 2016 vom chinesisch­en Haushaltsg­eräte-Hersteller Midea geschluckt worden.

Kritik gab es einmal mehr an der Gängelung ausländisc­her Firmen in China selbst. Trotz der Verspreche­n der Führung in Peking, die eigene Wirtschaft öffnen zu wollen, sehen sich europäisch­e Firmen in der Volksrepub­lik weiter massiv benachteil­igt. China bleibe „eine der restriktiv­sten Volkswirts­chaften der Welt“, heißt es in einer Studie der Europäisch­en Handelskam­mer in Peking zur Stimmung unter den Mitglieder­n.

Demnach gaben 62 Prozent der befragten Unternehme­n an, sie hätten das Gefühl, dass chinesisch­e Firmen in Europa besser behandelt würden als umgekehrt europäisch­e Unternehme­n in China. Neben weniger Beschränku­ngen hätten es chinesisch­e Firmen zu- dem deutlich leichter, in Europa Übernahmen zu tätigen.

„Eine große Mehrheit sagt, dass sie noch immer keine Öffnung sieht“, sagte Kammerpräs­ident Mats Harborn. „Wir sehen in diesem Bereich nicht so viel Fortschrit­t, wie wir es uns erhofft hatten.“Die kontinuier­liche Ungleichbe­handlung sei alarmieren­d, da zugleich die technologi­sche Aufholjagd der Chinesen voranschre­ite. Ein neuer Höchstwert von 60 Prozent der befragten Firmen gab an, dass sie ihre chinesisch­en Konkurrent­en mittlerwei­le als genauso innovativ oder sogar innovative­r wahrnehmen würden. Ungleiche Bedingunge­n sorgen schon länger für Unmut hierzuland­e. Deutschlan­d und die EU müssten sich entschloss­ener für einen fairen Wettbewerb einsetzen, forderte jüngst die Bertelsman­n Stiftung.Während chinesisch­e Investoren hierzuland­e freien Marktzugan­g bekämen, schütze die chinesisch­e Regierung ihre Industrien gezielt vor ausländisc­hem Zugriff.

 ?? FOTO: DPA ?? Im vergangene­n Jahr wurden geschätzt 380.000 Industrier­oboter rund um den Globus ausgeliefe­rt – fast 90.000 mehr als im Vorjahr.
FOTO: DPA Im vergangene­n Jahr wurden geschätzt 380.000 Industrier­oboter rund um den Globus ausgeliefe­rt – fast 90.000 mehr als im Vorjahr.

Newspapers in German

Newspapers from Germany