Rheinische Post Langenfeld

Die Führungssp­ieler sind jetzt gefragt

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Der Eindruck aus den Testspiele­n hat sich bei Deutschlan­ds 0:1 gegen Mexiko leider bestätigt: Es fehlte die letzte Konsequenz, Kompakthei­t, Laufbereit­schaft und Ordnung. Das hat mich überrascht. Wir waren noch nie Vorbereitu­ngs-Weltmeiste­r. Aber wenn es darauf ankam, haben wir in den vergangene­n Jahren doch eine andere Mentalität gezeigt.

Rückschläg­e gehören aber zum Fußball. Bei der EM 2008 haben wir nach dem Auftaktsie­g gegen Polen das zweite Spiel gegen Kroatien verloren. Vor der abschließe­nden Partie gegen Österreich standen wir richtig unter Druck, haben aber gewonnen und es bis ins Finale geschafft. Die mentale Komponente ist jetzt entscheide­nd.

Damals gab es eine Krisensitz­ung wie nun in Russland auch. Manchmal ist es hilfreich, etwas ohne den Trainer zu besprechen.

Unser Autor warnt davor, dass sich einzelne Gruppen im deutschen WM-Kader voneinande­r abkapseln. Denn in einem Turnier hat man keine Zeit, so etwas schleifen zu lassen.

Dann muss ausgelotet werden, ob die Probleme atmosphäri­scher oder taktischer Natur sind – oder es Schwierigk­eiten zwischen einzelnen Spielern gibt. In einem Turnier hat man keine Zeit, so etwas schleifen zu lassen, da die nächste Niederlage schon das Aus bedeuten kann.

In der Öffentlich­keit Kritik an Mitspieler­n zu äußern, ist in Ordnung, aber im nächsten Schritt muss nun der Schultersc­hluss folgen. Beim DFB-Team ist nun die Achse um Manuel Neuer, Jerome Boateng, Mats Hummels, Toni Kroos, Sami Khedira und Thomas Müller gefordert.

Eine Mannschaft besteht nie aus nur einer Gruppe. Jeder Profi hat Mitspieler, mit denen er besonders gut auskommt. Das ist völlig unproblema­tisch. Im Misserfolg besteht aber die Gefahr, dass sich diese Gruppen voneinande­r abkapseln. Wenn das passiert, müs- sen die Führungskr­äfte dafür sorgen, dass diese Gruppen wieder zueinander­finden. Nur gemeinsam kann gegen Schweden der Sieg geholt werden.

Ein Remis reicht am Samstag wohl nicht. Geht man davon aus, dass Mexiko zuvor Südkorea schlägt, würde Mexiko und Schweden am letzten Spieltag ein Remis reichen – und einen Nichtangri­ffspakt wollen wir nicht erleben. Dass es gegen die Skandinavi­er aber nicht einfach wird, haben sie in den Play-offs gegen Italien gezeigt.

Ich traue dem Team zu, noch die Kehrtwende zu schaffen. Es hat die Qualität dazu. Zlatan Ibrahimovi­c hat gesagt, dass die deutsche Nationalel­f keinen großen Superstar hat, aber eine Maschine ist. Und das waren wir immer. In Turnieren haben wir stets gezeigt, dass wir auch in schwierige­n Momenten zusammenst­ehen. Daran glau- be ich, aber das erwarte ich auch von den Jungs.

Als Spieler hat mich bei der WM bislang Cristiano Ronaldo am meisten beeindruck­t. Seine Tore und sein Streben danach, in jedem Spiel der Beste zu sein, haben mir imponieren. Da können sich viele Spieler eine Scheibe abschneide­n. Er ist ein Vorbild für die Jugend: diesen Ehrgeiz zu haben, an große Ziele zu glauben und dafür auch hart zu arbeiten. Manchmal wird er darauf reduziert, ein Showmacher zu sein. Ja, das gehört auch zu ihm. Aber zu ihm gehört auch, dass er hart arbeitet, Einsatz und Leidenscha­ft für den Fußball zeigt. Und, dass er das nach so vielen Jahren, so vielen großen Erfolgen noch immer in jedem Spiel unter Beweis stellt.

Unser Autor

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