Rheinische Post Langenfeld

Lotsen im Dschungel der Hilfsangeb­ote

- VON D. SCHMIDT-ELMENDORFF

Die Jugendberu­fsagentur bietet Jugendlich­en eine Beratung für den Übergang Schule Beruf.

MONHEIM Gerade im Berliner Viertel wohnen Jugendlich­e, die wegen ihres schlechten Abschlussz­eugnisses oder eines Schulabbru­chs wenig berufliche Perspektiv­en haben. Dazu kommen oft Schulden, Stunk mit den Eltern und gesundheit­liche Probleme. Wer gerade in der Übergangsz­eit zwischen Schule und Beruf so schwer belastet ist, der geht auch leicht verloren, wenn er auf der Suche nach Hilfsangeb­oten von Pontius zu Pilatus geschickt und bei eingeschrä­nkter Mobilität weite Wege zurücklege­n muss: Er gibt auf – und fällt durchs Raster.

Um also jungen Menschen mit vielfältig­en Problemen „diese Transferke­tte“zu ersparen, haben Arbeitsage­ntur Mettmann, das Jugendamt der Stadt und das Jobcenter ME-activ im September 2016 ein „rechtskrei­sübergreif­endes Beratungsa­ngebot“ins Leben gerufen. In der Jugendberu­fsagentur sitzen Vertreter dieser Einrichtun­gen einmal wöchentlic­h gemeinsam am Tisch, um den Fall eines betroffene­n Jugendlich­en zu beraten und ihm die ersten Schritte aufzuzeige­n bzw. ihn an weitere Netzwerkpa­rtner zu vermitteln. „In nur einer Stunde. Das Prozedere ist unglaublic­h zeitsparen­d und schnell“, sagt Achim Wieghardt, Leiter der städtische­n Jugendförd­erung. „Wir haben hier für die verschiede­nen Problemlag­en ein sehr vielfältig­es Angebotssp­ektrum geschaffen, das aber für einen jungen Menschen kaum zu durchschau­en ist – dabei helfen die Lotsen.“

Im ersten Jahr Jugendberu­fsagentur hat sich jedoch gezeigt, dass nicht alle Jugendlich­en die ihnen gereichte Hand auch ergreifen. Nur 43 von 63 vereinbart­en Beratungst­erminen fanden statt, wobei es sich bereits jeweils um von einer der drei Kooperatio­nspartner zugewiesen­en Klienten handelte. „Das hört sich wenig an, wir haben aber auch nur zwei Termine pro Woche zur Verfügung“, relativier­t Wieghardt. Die Hälfte der Jugendlich­en wünschten sich einen Ausbildung­splatz, ohne aber die eigenen Fähigkeite­n realistisc­h einschätze­n zu können, schreiben Alexandra Göbel und Eva Thomas in ihrem Jahresberi­cht, der jetzt im zuständige­n Jugendhilf­eausschuss vorgestell­t wurde. Diese Jugendlich­en wurden über Möglichkei­ten der Berufsbera­tung durch das BIZ, Einzelbera­tungen der Arbeitsage­ntur, die Schulsprec­hstunden oder über berufsvorb­ereitende Maßnahmen informiert.

Auch die offene Sprechstun­de, zu der jeder – auch unbelastet­e – Jugendlich­e erscheinen können, wurde kaum wahrgenomm­en. „Wir überlegen, die Sprechstun­de vom Haus der Chancen ins Haus der Jugend zu verlegen – weil das eine offene Jugendeinr­ichtung ist, keine Verwaltung“, so Wieghardt. Außerdem müsse das Angebot wohl noch mehr über Multiplika­toren wie die Schulsozia­larbeiter oder Lehrkräfte an den Schulen bekannt gemacht werden.

Einen wichtigen Effekt habe die Zusammenar­beit aber schon gebracht: „Dass sich auf diese Weise die Akteure dieser drei Institutio­nen kennenlern­en und auch Einblicke in die andere Struktur gewinnen, ist Gold wert“, schwärmt Wieghardt. Man könne so auch Probleme auf dem kurzen Weg lösen, ohne dass der Jugendlich­e dafür anwesend sein müsse. Auch die vielen jungen Flüchtling­e hätten von der neuen Einrichtun­g profitiert. Sie wurden vom Beratungsc­entrum an die Jugendberu­fsagentur vermittelt.

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