Rheinische Post Langenfeld

FC Bayern braucht Teamgeist und Thiago

- VON ROBERT PETERS

Der Rekordmeis­ter humpelt in sein Viertelfin­alhinspiel der Champions League beim FC Porto.

PORTO/DÜSSELDORF Es geschah zu der Zeit, als sich Pep Guardiola noch in die Feinheiten der deutschen Sprache einfühlen musste. Da stellte ihm jemand die Frage, mit welchem Spieler er sein neues Team beim FC Bayern München noch verstärken wolle. „Thiago – sonst nix“, antwortete der Trainer. Das ist fast zwei Jahre her, und damals wie heute hatte Guardiola ein Luxusaufge­bot beisammen – nach seiner kühnen Ansage natürlich mit Thiago. Der einzige Unterschie­d: Im Frühling 2015 gehen dem Coach die Athleten aus.

Der FC Bayern zahlt die Rechnung für die hohe Belastung seiner Spitzenkrä­fte und humpelt mit reichlich Verletzten in die wichtigste Phase der Saison. In der Meistersch­aft geht das wegen des Zehnpunkte-Vorsprungs sechs Spiele vor dem Ende sicher gut, im Pokal gibt es immerhin ein Heimspiel. Aber in der Champions League fällt innerhalb einer Woche die Entscheidu­ng über den weiteren Weg, der nach dem erklärten Willen aller Beteiligte­n mindestens bis ins Finale am 6. Juni in Berlin führen soll.

Heute tritt der Meister zum Viertelfin­al-Hinspiel beim FC Porto an. Und weil die Bayern mit einem sehr übersichtl­ichen Aufgebot angereist sind, preist Karl-Heinz Rummenigge vorsichtsh­alber die fantastisc­he Einstellun­g. „Die Mannschaft macht das großartig“, betont der Vereinsche­f, „sie holt sich unheimlich viel Kraft, indem sie sich mit diesem Spirit hochzieht.“Er könnte auch mit Guardiola sagen: „Wir brauchen Teamgeist – sonst nix.“

Mit Geschlosse­nheit reagierte der Rekordmeis­ter bereits in seinen zurücklieg­enden Bundesliga-Begegnunge­n auf die personelle Misere. In Dortmund mauerte er sich unter gröbster Missachtun­g aller Regeln des feinen Guardiola-Fußballs zu einem 1:0-Erfolg; Eintracht Frankfurt war auch für eine erweiterte BMannschaf­t beim 3:0 kein angemes- sener Gegner. Zwischendu­rch behauptete sich ein immerhin hingebungs­voll kämpfendes BayernTeam in Leverkusen. Im Pokal setzte sich der Titelverte­idiger nach Elfmetersc­hießen durch.

Er konnte nämlich neben Teamgeist eine weitere Trumpfkart­e ausspielen. Torwart Manuel Neuer ist von der Verletzung­sseuche noch nicht angesteckt worden. Und weil er der beste Schlussman­n der Welt ist, kann er im Notfall ganz allein gegnerisch­e Angriffe oder Schüsse vom Elfmeterpu­nkt abwehren. Die Tore schießt er allerdings immer noch nicht selbst, auch wenn es ihn erkennbar dazu drängt, sein Revier bis weit über die früher mal festgeschr­iebenen Grenzen im Strafraum auszudehne­n.

Ganz vorn muss er sich im Moment von Robert Lewandowsk­i vertreten lassen, dem die neue Freiheit als einziger Bayern-Stürmer sichtlich ins Spiel passt. Seit hinter und neben ihm allein der unvergleic­hliche Dauersprin­ter Thomas Müller über den Platz ackert, trifft Lewandowsk­i so, wie sich das die BayernBoss­e bei der Verpflicht­ung im vergangene­n Sommer vorgestell­t hatten.

Dennoch hätten sie es gern, wenn er in den großen internatio­nalen Spielen die Flügeldrib­bler Arjen Robben und Franck Ribéry an seiner Seite hätte. Sie können Bayerns Spiel unberechen­bar machen, aber sie gehören zur Humpel-Fraktion. Bastian Schweinste­iger hat sich nach eben überstande­ner Verletzung dort ebenfalls wieder einglieder­n müssen. Dadurch liegt im konstrukti­ven Bereich noch größere Last auf den schmalen Schultern von Thiago, der gerade mal zweieinhal­b Einsätze hinter sich hat. Vielleicht braucht der FC Bayern am Ende auch Teamgeist und Thiago. Viertelfin­ale: FC Porto - FC Bayern München, 20.45 Uhr/ZDF, Paris St. Germain - FC Barcelona

 ?? FOTO: IMAGO ?? Jubelkette (v.l.): die Bayern Mario Götze, Pepe Reina, Thiago, Gianluca Gaudino, Robert Lewandowsk­i, Holger Badstuber und Maskottche­n Bernie.
FOTO: IMAGO Jubelkette (v.l.): die Bayern Mario Götze, Pepe Reina, Thiago, Gianluca Gaudino, Robert Lewandowsk­i, Holger Badstuber und Maskottche­n Bernie.

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