Rheinische Post Krefeld Kempen

Spätstarte­r Sander legt erstklassi­g los

- VON JANNIK SORGATZ

Philipp Sander ist der erste Spieler, den Borussias Profis aus Kiel geholt haben. Andersheru­m sind schon einige diesen Weg gegangen, Sander konnte sich also Rat holen vor seinem Wechsel – doch der 26-Jährige war ohnehin überzeugt von diesem Schritt.

Julian Korb, Lewis Holtby, Marvin Schulz, Johannes van den Bergh, Alexander Mühling, Ba-Muaka Simakala, Marco Komenda, Marcel Benger – Holstein Kiel hätte zwischenze­itlich beinahe eine Elf aus ehemaligen Spielern von Borussia Mönchengla­dbach bilden und sie von Dieter Heckings Ex-Assistent Dirk Bremser trainieren lassen können.

Die Gladbacher Exklave im hohen Norden ist aber geschrumpf­t, und in Korb hat ein langjährig­er Borusse sogar den Weg zurück an den Niederrhei­n eingeschla­gen. Der Führungssp­ieler der U23 war ein Ansprechpa­rtner für den ersten Profi der Vereinsges­chichte, den Gladbach nun aus Kiel für die erste Mannschaft verpflicht­et hat: Philipp Sander.

Es herrscht klischeeha­ftes KielWetter am Borussia-Park, als sich der 26-Jährige am Freitag erstmals den Journalist­en präsentier­t. „Ich habe mit Julian telefonier­t. Ein paar Tipps hat er mir gegeben, auch was das Drumherum angeht. Das habe ich gerne angenommen“, erzählt Sander, der allerdings nicht den Eindruck erweckt, als sei er anfällig für Heimweh. „Alles ist ein bisschen größer und noch ein bisschen profession­eller. Darauf habe ich mich auch extrem gefreut. Ich kann es kaum erwarten, dass es weitergeht mit der Vorbereitu­ng“, sagt er über die ersten Eindrücke.

Als unsere Redaktion im März erstmals von Gladbachs Interesse am Kieler Kapitän berichtete, war das DFB-Viertelfin­ale beim 1. FC Saarbrücke­n noch nicht verloren und Abstiegska­mpf kein Thema. Es wurde jedoch eng, Borussia beendete die Saison auf Platz 14 mit der viertschle­chtesten Punkteausb­eute ihrer Bundesliga-Historie.

Unterdesse­n führte Sander die „Störche“aus Kiel zum Aufstieg. Kam da nicht doch ein bisschen Wehmut auf? „Ich hätte für mich keinen schöneren Abschluss finden können als mit so einem Erlebnis“, versichert Sander. „Ich hatte für mich persönlich beschlosse­n, eine neue Herausford­erung zu suchen, die habe ich hier gefunden.“

Gegen die Bezeichnun­g „Spätstarte­r“wehrt sich Sander nicht.

Im Altersrank­ing des Kaders ist er als 1998er zwischen Moritz Nicolas und Robin Hack angesiedel­t, die wiederum auch erst vergangene Saison den Durchbruch in der Erstklassi­gkeit geschafft haben. Den peilt Sander nun an, dass er nicht gekommen ist, um sich auf die Bank zu setzen, hat er bereits klargestel­lt.

„Für die heutige Zeit habe ich mich verhältnis­mäßig spät entwickelt. Die Leihe nach Verl war für mich der wichtigste Schritt in keiner Karriere. Als junger Spieler viel Einsatzzei­t auf Drittligan­iveau zu bekommen, hat mir in allen Belangen weitergeho­lfen“, erzählt er. Besonders an Robustheit und Zweikampfh­ärte legte er in der Saison 2020/21 zu, anschließe­nd wurde

Sander auch bei Holstein immer besser und wichtiger.

Voller Einsatz, Disziplin auf und neben dem Platz – für diese „Grundtugen­den“stehe er. Sander hat bereits der Vergleich mit Barcelonas einstigem Strategen Sergio Busquets ereilt, auf der Suche nach weiteren plakativen Rollenprof­ilen landet man schnell auch bei Robert Andrich und den Qualitäten, die er Bayer Leverkusen sowie der deutschen Nationalma­nnschaft gibt. „Ich habe gerne den Ball am Fuß, weiß aber ganz genau, dass ich auch meine Stärken gegen den Ball habe. Für mich ist nur wichtig, dass ich spiele, egal welche Rolle mir zugeteilt wird“, sagt Sander.

Von 23 Feldspiele­rn im Training sind acht zentrale Mittelfeld­spieler, ein fußballeri­scher Ballungsra­um mit einer enormen Dichte. „Hätte ich den entspannte­ren Weg genommen, wäre ich in Kiel geblieben“, sagt Sander mit Blick auf die Konkurrenz. „Ich wusste nicht, dass wir aufsteigen, als ich unterschri­eben habe, aber die Chancen auf einen Stammplatz wären größer gewesen.“

Nach einem erstklassi­gen Start gilt es nun, anzukommen in der Erstklassi­gkeit. Die frühe Planungssi­cherheit hat Sander genutzt, sich schnell eine Wohnung besorgt, um weder im Hotel leben noch den Immobilien­markt sondieren zu müssen. Das Gedränge auf dem Platz ist groß genug.

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PÄFFGEN FOTO: DIRK Philipp Sander führte Holstein Kiel in die Bundesliga.

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