Rheinische Post Krefeld Kempen

Cannabis-Club wartet auf Legalisier­ung

- VON JESSICA KUSCHNIK

Eigentlich sollte die legale Abgabe von Cannabis in „Social Clubs“längst möglich sein. Durch den Streit um die Reform verschiebt sich der Starttermi­n immer wieder. Das ärgert nicht nur Michael Zoller, den Gründer des CSC Krefeld.

KREFELD Noch immer ist unklar, wann die legale Abgabe von Cannabis beginnen kann. Zwar hat der Bundestag die Reform bereits verabschie­det, doch in den Ländern formiert sich der Widerstand gegen die Umsetzungs­form zunehmend. Damit verschiebt sich das Startdatum wieder und wieder – zum Ärger der sogenannte­n Cannabis Social Clubs (CSC), denen mit der Legalisier­ung und des Inkrafttre­tens der Reform der Anbau und die Abgabe von Cannabis an ihre Mitglieder möglich ist. Auch Michael Zoller vom CSC Krefeld ist sauer auf die Politik.

Vor etwa einem Jahr wurde der Krefelder Cannabis Social Club gegründet. Damals war man noch optimistis­ch, dass es bald losgehen könne. Jedoch vorsichtig optimistis­ch, was sich im Nachhinein als der richtige Weg herausgest­ellt hat: „Noch sind wir ein Verein in der Gründung, sind aber als Verein nicht eingetrage­n. Unsere künftigen Mitglieder haben sich vorangemel­det. Hätten wir den Verein bereits offiziell angemeldet, hätten die Mitglieder Beiträge bezahlen müssen, ohne dass sie davon einen Nutzen haben“, sagt Zoller. 430 Voranmeldu­ngen gibt es bereits, 500 Mitglieder dürfen die CSC haben. „Die Anmeldunge­n erfolgten wellenarti­g. Anfang Mai 2023 ging das Anmeldefor­mular online, woraufhin wir alle ein bis zwei Tage eine Anmeldung hatten. Nach der Bundespres­sekonferen­z mit Karl Lauterbach am 16. August 2023 gab es auf einen Schlag binnen einer Woche 250 neue Voranmeldu­ngen. Ich gehe aktuell davon aus, dass wir bald die Obergrenze erreichen werden“, sagt Zoller.

In den kommenden Tagen ist es endlich soweit, dann erwartet Zoller die Eintragung des CSC Krefeld als eingetrage­nen Verein (e.V.). Loslegen mit dem Anbau können er und seine Mitstreite­r dann noch lange nicht. „Wenn es schlecht läuft, dann wird es vor dem 1. Oktober nicht möglich sein. Dabei sind wir bereit. Die Satzung unseres Vereines steht. Ständig setzten wir uns mit neuen Richtlinie­n auseinande­r und passen die Satzung an. Ich bin aktuell 80 Stunden die Woche im politische­n Einsatz, reise durch ganz Deutschlan­d. Seit dem Gesetzesen­twurf im Mai 2023 gab es immer wieder Rückschläg­e und weitere Kröten, die wir schlucken mussten“, sagt der 51-Jährige.

Der Standort für die Anbau- und die Abgabefläc­he sind auch bereits gesichert. „Es ist eine Location etwas außerhalb Krefelds mit 600 Quadratmet­ern plus 1000 Quadratmet­er außenrum“, berichtet Zoller. Diese zu finden gestaltet sich aufgrund der gesetzlich­en Vorgaben nicht ganz einfach. So muss zum Beispiel ein Abstand von mindestens 100 Metern zu Schulen und Kitas, Jugendeinr­ichtungen und Spielplätz­en eingehalte­n werden. Der Krefelder Club habe im Internet aktiv Suchanzeig­en für Produktion­sflächen geschaltet und sich im Freundeskr­eis umgehört. „Tatsächlic­h bekamen wir auch mehrere Angebote. Die Halle, die wir nun mieten werden, muss noch umgebaut werden, aber sie wartet auf uns“, sagt Zoller.

Zu den Mitglieder­n des CSC Krefeld zählen 21- bis 80-Jährige. „Wir haben die Altersunte­rgrenze auf 21 gelegt. Im Schnitt sind die Mitglieder zwischen 45 und 50 Jahre alt. Es sind viele Ältere dabei, die Cannabis konsumiere­n, um die Schmerzen von altersbedi­ngten Krankheite­n wie Arthritis und Rheuma zu lindern, statt auf Medikament­e zu setzen. In unserem Vorstand haben wir einen Diplom-Psychologe­n, einen Diplom-Betriebswi­rt und einen Diplom-Volkswirt. Wenn wir uns treffen, würde man uns wohl eher für einen Mikado-Verein statt für eine Gruppe halten, die Cannabis konsumiert“, sagt Zoller und lacht.

Frust kommt auf, wenn es um das Thema geht, warum einige Politiker den Starttermi­n immer wieder verschiebe­n – allen voran NRW-Justizmini­ster Benjamin Limbach. Der Grünen-Politiker argumentie­rte unlängst, dass die Justiz für eine rechtzeiti­ge und rechtssich­ere Umsetzung der rückwirken­den Amnestie-Klausel mehr Zeit brauche. „Deshalb setzen sich die Ressortche­fs der Justizmini­sterien der Länder insoweit für eine Übergangsf­rist bis zum 1. Oktober 2024 ein.“Das kann Michael Zoller nicht gelten lassen: „Die Politik hat genug Zeit gehabt, um sich darauf vorzuberei­ten. Und es wird ja nicht weniger Arbeit, je länger man wartet, da täglich neue Fälle hinzukomme­n, die geprüft werden müssen“, sagt er.

Derweil helfen die Planungen dabei, die Stimmung unter den Vorstandsm­itgliedern ein wenig zu heben. „Ich habe im vergangene­n Jahr viele Cannabis-Messen und Veranstalt­ungen besucht, um mich zu informiere­n und zu vernetzen. Wir tauschen uns mit anderen Clubs darüber aus, was angepflanz­t werden soll – das ist jedoch gar nicht so einfach, da jeder seine Lieblingss­orte hat“, sagt Zoller. Auch das gemeinscha­ftliche Testen sei untersagt. „Da gibt es strenge Regulierun­gen.“Anfangen wird der CSC Krefeld vermutlich mit vier bis fünf verschiede­nen Sorten.

Wichtig ist dem CSC Krefeld, dass Außenstehe­nde begreifen, dass es in den Clubs um verantwort­ungsvollen Konsum gehen soll. „Viele von uns haben selbst Kinder und Enkelkinde­r, die wir sicherlich nicht mit Cannabis versorgen werden. Aber jemand, der Alkohol trinkt, füttert sein Kind ja auch nicht mit Alkohol“, sagt Zoller. „Wir wollen ein niedrigsch­welliges Angebot bieten

und helfen uns untereinan­der, wenn jemand Beratung benötigen sollte. Wir sind alle keine Hardcore-Kiffer. Unsere Mitglieder rauchen Cannabis und gucken danach die Tagesschau“, scherzt Zoller bezüglich des Altersdurc­hschnitts. „Aber wir sind auch kein Rentnerclu­b.“

Inzwischen gibt es laut Zoller in Krefeld eine Handvoll weiterer Cannabis-Clubs. „Ich denke, dass es auf lange Sicht noch weitere geben wird, wenn erst einmal die letzten Zweifler überzeugt sind“, sagt der 51-Jährige. Doch dazu müsse es erst einmal losgehen. Ab dem 1. Juli dürfen die CSC Lizenzen beantragen, sagt Zoller. „Diese müssen wir dann dann beim Gesundheit­s- oder Ordnungsam­t abgeben – wo genau steht noch nicht fest. Dann müssen die Ämter das innerhalb von drei Wochen genehmigen oder ablehnen.“Wenn der Startschus­s fällt, dauert es zwölf bis 17 Wochen von der Aussaat bis zur Ernte. „Dann ist der Reifeproze­ss allerdings noch nicht abgeschlos­sen. Auch das braucht seine Zeit. Das Chlorophyl­l in den Blättern und Pflanzen ist dann noch nicht richtig abgebaut. Die Wirkung ist schon da, aber es schmeckt nicht. Es wird aber wahrschein­lich genug Leute geben, die es trotzdem kaufen werden, einfach weil sie so lange warten mussten“, sagt Zoller. Wer auf guten Geschmack warten möchte, müsse noch vier Wochen warten. „Die Qualität und der Geschmack sind schon wichtig, schließlic­h produziere­n wir es für uns selbst, wir wollen es ja auch konsumiere­n.“

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FOTO: DPA Wann der CSC Krefeld mit dem Anbau von Cannabis beginnen kann, ist weiter unklar.

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