Rheinische Post Krefeld Kempen
Cannabis-Club wartet auf Legalisierung
Eigentlich sollte die legale Abgabe von Cannabis in „Social Clubs“längst möglich sein. Durch den Streit um die Reform verschiebt sich der Starttermin immer wieder. Das ärgert nicht nur Michael Zoller, den Gründer des CSC Krefeld.
KREFELD Noch immer ist unklar, wann die legale Abgabe von Cannabis beginnen kann. Zwar hat der Bundestag die Reform bereits verabschiedet, doch in den Ländern formiert sich der Widerstand gegen die Umsetzungsform zunehmend. Damit verschiebt sich das Startdatum wieder und wieder – zum Ärger der sogenannten Cannabis Social Clubs (CSC), denen mit der Legalisierung und des Inkrafttretens der Reform der Anbau und die Abgabe von Cannabis an ihre Mitglieder möglich ist. Auch Michael Zoller vom CSC Krefeld ist sauer auf die Politik.
Vor etwa einem Jahr wurde der Krefelder Cannabis Social Club gegründet. Damals war man noch optimistisch, dass es bald losgehen könne. Jedoch vorsichtig optimistisch, was sich im Nachhinein als der richtige Weg herausgestellt hat: „Noch sind wir ein Verein in der Gründung, sind aber als Verein nicht eingetragen. Unsere künftigen Mitglieder haben sich vorangemeldet. Hätten wir den Verein bereits offiziell angemeldet, hätten die Mitglieder Beiträge bezahlen müssen, ohne dass sie davon einen Nutzen haben“, sagt Zoller. 430 Voranmeldungen gibt es bereits, 500 Mitglieder dürfen die CSC haben. „Die Anmeldungen erfolgten wellenartig. Anfang Mai 2023 ging das Anmeldeformular online, woraufhin wir alle ein bis zwei Tage eine Anmeldung hatten. Nach der Bundespressekonferenz mit Karl Lauterbach am 16. August 2023 gab es auf einen Schlag binnen einer Woche 250 neue Voranmeldungen. Ich gehe aktuell davon aus, dass wir bald die Obergrenze erreichen werden“, sagt Zoller.
In den kommenden Tagen ist es endlich soweit, dann erwartet Zoller die Eintragung des CSC Krefeld als eingetragenen Verein (e.V.). Loslegen mit dem Anbau können er und seine Mitstreiter dann noch lange nicht. „Wenn es schlecht läuft, dann wird es vor dem 1. Oktober nicht möglich sein. Dabei sind wir bereit. Die Satzung unseres Vereines steht. Ständig setzten wir uns mit neuen Richtlinien auseinander und passen die Satzung an. Ich bin aktuell 80 Stunden die Woche im politischen Einsatz, reise durch ganz Deutschland. Seit dem Gesetzesentwurf im Mai 2023 gab es immer wieder Rückschläge und weitere Kröten, die wir schlucken mussten“, sagt der 51-Jährige.
Der Standort für die Anbau- und die Abgabefläche sind auch bereits gesichert. „Es ist eine Location etwas außerhalb Krefelds mit 600 Quadratmetern plus 1000 Quadratmeter außenrum“, berichtet Zoller. Diese zu finden gestaltet sich aufgrund der gesetzlichen Vorgaben nicht ganz einfach. So muss zum Beispiel ein Abstand von mindestens 100 Metern zu Schulen und Kitas, Jugendeinrichtungen und Spielplätzen eingehalten werden. Der Krefelder Club habe im Internet aktiv Suchanzeigen für Produktionsflächen geschaltet und sich im Freundeskreis umgehört. „Tatsächlich bekamen wir auch mehrere Angebote. Die Halle, die wir nun mieten werden, muss noch umgebaut werden, aber sie wartet auf uns“, sagt Zoller.
Zu den Mitgliedern des CSC Krefeld zählen 21- bis 80-Jährige. „Wir haben die Altersuntergrenze auf 21 gelegt. Im Schnitt sind die Mitglieder zwischen 45 und 50 Jahre alt. Es sind viele Ältere dabei, die Cannabis konsumieren, um die Schmerzen von altersbedingten Krankheiten wie Arthritis und Rheuma zu lindern, statt auf Medikamente zu setzen. In unserem Vorstand haben wir einen Diplom-Psychologen, einen Diplom-Betriebswirt und einen Diplom-Volkswirt. Wenn wir uns treffen, würde man uns wohl eher für einen Mikado-Verein statt für eine Gruppe halten, die Cannabis konsumiert“, sagt Zoller und lacht.
Frust kommt auf, wenn es um das Thema geht, warum einige Politiker den Starttermin immer wieder verschieben – allen voran NRW-Justizminister Benjamin Limbach. Der Grünen-Politiker argumentierte unlängst, dass die Justiz für eine rechtzeitige und rechtssichere Umsetzung der rückwirkenden Amnestie-Klausel mehr Zeit brauche. „Deshalb setzen sich die Ressortchefs der Justizministerien der Länder insoweit für eine Übergangsfrist bis zum 1. Oktober 2024 ein.“Das kann Michael Zoller nicht gelten lassen: „Die Politik hat genug Zeit gehabt, um sich darauf vorzubereiten. Und es wird ja nicht weniger Arbeit, je länger man wartet, da täglich neue Fälle hinzukommen, die geprüft werden müssen“, sagt er.
Derweil helfen die Planungen dabei, die Stimmung unter den Vorstandsmitgliedern ein wenig zu heben. „Ich habe im vergangenen Jahr viele Cannabis-Messen und Veranstaltungen besucht, um mich zu informieren und zu vernetzen. Wir tauschen uns mit anderen Clubs darüber aus, was angepflanzt werden soll – das ist jedoch gar nicht so einfach, da jeder seine Lieblingssorte hat“, sagt Zoller. Auch das gemeinschaftliche Testen sei untersagt. „Da gibt es strenge Regulierungen.“Anfangen wird der CSC Krefeld vermutlich mit vier bis fünf verschiedenen Sorten.
Wichtig ist dem CSC Krefeld, dass Außenstehende begreifen, dass es in den Clubs um verantwortungsvollen Konsum gehen soll. „Viele von uns haben selbst Kinder und Enkelkinder, die wir sicherlich nicht mit Cannabis versorgen werden. Aber jemand, der Alkohol trinkt, füttert sein Kind ja auch nicht mit Alkohol“, sagt Zoller. „Wir wollen ein niedrigschwelliges Angebot bieten
und helfen uns untereinander, wenn jemand Beratung benötigen sollte. Wir sind alle keine Hardcore-Kiffer. Unsere Mitglieder rauchen Cannabis und gucken danach die Tagesschau“, scherzt Zoller bezüglich des Altersdurchschnitts. „Aber wir sind auch kein Rentnerclub.“
Inzwischen gibt es laut Zoller in Krefeld eine Handvoll weiterer Cannabis-Clubs. „Ich denke, dass es auf lange Sicht noch weitere geben wird, wenn erst einmal die letzten Zweifler überzeugt sind“, sagt der 51-Jährige. Doch dazu müsse es erst einmal losgehen. Ab dem 1. Juli dürfen die CSC Lizenzen beantragen, sagt Zoller. „Diese müssen wir dann dann beim Gesundheits- oder Ordnungsamt abgeben – wo genau steht noch nicht fest. Dann müssen die Ämter das innerhalb von drei Wochen genehmigen oder ablehnen.“Wenn der Startschuss fällt, dauert es zwölf bis 17 Wochen von der Aussaat bis zur Ernte. „Dann ist der Reifeprozess allerdings noch nicht abgeschlossen. Auch das braucht seine Zeit. Das Chlorophyll in den Blättern und Pflanzen ist dann noch nicht richtig abgebaut. Die Wirkung ist schon da, aber es schmeckt nicht. Es wird aber wahrscheinlich genug Leute geben, die es trotzdem kaufen werden, einfach weil sie so lange warten mussten“, sagt Zoller. Wer auf guten Geschmack warten möchte, müsse noch vier Wochen warten. „Die Qualität und der Geschmack sind schon wichtig, schließlich produzieren wir es für uns selbst, wir wollen es ja auch konsumieren.“