Rheinische Post Krefeld Kempen

Schatz mit Pickelhaub­e und 400.000 Fotos

- VON CHRISTEL NETUSCHIL

Das Hanse-Hüske in Elmpt ist die Basis des Heimatvere­ins, der die Geschichte Niederkrüc­htens dokumentie­rt.

NIEDERKRÜC­HTEN Schneeweiß erstrahlt die Fassade des „HanseHüske“, dem neuen Standort des Heimat- und Kulturvere­ins Niederkrüc­hten 1975 (HKV ). Schon der Aufsteller neben dem Eingang liefert erste Informatio­nen zum Verein; die mindestens einmal im Monat geöffnete Tür lädt jeden zur Einkehr ein. So weit, so gut. Doch wofür genau sich die Mitglieder, allen voran der Vorstand, einsetzt, was das Archiv beherbergt und welche Veranstalt­ungen geboten werden, weiß längst nicht jeder Bürger von Niederkrüc­hten.

„Unser wichtigste­s Ansinnen ist, dem Begriff Heimat Bedeutung zu verleihen und das Archiv jedem zugänglich zu machen“, erklärt Ulrich Seeboth, Vorsitzend­er und Geschäftsf­ührer des HKV. Gemeint ist damit der Fundus an heimatkund­lichen Quellen und Materialie­n, die beispielsw­eise über einzelne Personen, Vereine und das Brauchtum informiere­n. Auch die regionale Sprache soll nicht in Vergessenh­eit geraten. Deshalb pflegt ein Teil des Vereins, der Mundart-Kreis, vornehmlic­h den in Niederkrüc­hten bekannten Dialekt, während sich der Klängerclu­b Elmpt, der eng mit dem HKV zusammenar­beitet, dem „Älempter Plott“zuwendet. Theo Coenen, Vorsitzend­er des Klängerclu­bs, lädt zu regelmäßig­en Zusammenkü­nften ein, bei denen sich auf der zum Plattdeuts­ch gehörenden Sprache unterhalte­n wird. Außerdem „übersetzt“er Schriften, die ohne sein Zutun von kaum jemandem in Niederkrüc­hten mehr verstanden würden.

Ein weiteres Augenmerk des HKV, so Seeboth, sei die umfangreic­he Sammlung an Fotos, Dokumenten und Büchern. „Insgesamt verfügen wir über 400.000 Bilder, von denen circa 13.000 richtig alt sind, knapp 1.000.000 Standesamt­register, 136.000 Kirchenbuc­heinträge und 15.000 Totenzette­l“, berichtet er stolz. Es komme nicht selten vor, dass sich Interessen­ten meldeten, die darin stöbern wollten oder zu Zwecken der Ahnenforsc­hung den Verein kontaktier­ten. Auf den Internetse­iten HKV seien zudem Tausende Fotos hochgelade­n worden, sodass man dort ganz bequem und von Zuhause aus digital Nachforsch­ungen anstellen könne. „Was die Fotos betrifft, gibt es zahlreiche Buchveröff­entlichung­en“, erklärt Ulrich Seeboth, darunter mehrere Bände, die Niederkrüc­hten und seine Umgebung in alten Ansichten zeigen oder auch ein Bildband, das identische Motive gegenübers­tellt, die zu unterschie­dlichen Zeitpunkte­n fotografie­rt wurden. „Das älteste Foto ist aus dem Jahr 1888. Darauf ist eine Familie zu sehen, die vor einem Haus zusammenst­eht, natürlich in Sonntagskl­eidung, wie es damals bei Fotoaufnah­men üblich war“, so Seeboth.

„Im Archiv finden sich Mitteilung­en und Erzählunge­n zur Gemeinde Niederkrüc­hten, dem Naturpark und dem Rheinland“, zählt Ulrich Seeboth auf. Informatio­nen zu den Nachbarstä­dten wie Krefeld,

Mönchengla­dbach und Erkelenz seien ebenso dabei wie antiquaris­che Werke aus dem ausgehende­n 19. und dem beginnende­n 20. Jahrhunder­t. Zu den ältesten und außergewöh­nlichsten Gegenständ­en, die sich im Besitz des HKV befinden, zählen eine sogenannte Pickelhaub­e, ein Helm mit Spitze, der einem Reserviste­n aus dem Jahr 1912 gehörte, und mehrere Tongefäße aus dem 8. Jahrhunder­t, die während einer archäologi­schen Grabung in Overhetfel­d während der 1980-er Jahre zutage kamen. Diese sollen demnächst in einem zweiten Raum, der sich im Obergescho­ss des Gebäudes befindet,

ausgestell­t werden.

Doch es sind nicht nur Fotos, Dokumente und Schriften, mit denen sich der HKV befasst. „Auch informativ­e Fahrten und Wanderunge­n sind im Angebot“, sagt Hans Mankau, stellvertr­etender Vorsitzend­er des Vereins und Organisato­r der Ausflüge.

Die Mitglieder des Vereins eint die Motivation, altes Wissen für nachfolgen­de Generation­en zu erhalten, dem Vergessen entgegenzu­wirken und die Vergangenh­eit in das Hier und Jetzt zu integriere­n. Nächstes Jahr feiert der HKV sein 50-jähriges Bestehen und will zu diesem Anlass ein Sommerfest veranstalt­en.

 ?? FOTO: CHRISTEL NETUSCHIL ?? Eine Auswahl der Bücher und Sammlungen des Vereins. Das Foto zeigt die Hansen-Geschwiste­r, nach denen das Gebäude benannt ist, in dem sich das Archiv befindet.
FOTO: CHRISTEL NETUSCHIL Eine Auswahl der Bücher und Sammlungen des Vereins. Das Foto zeigt die Hansen-Geschwiste­r, nach denen das Gebäude benannt ist, in dem sich das Archiv befindet.

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