Rheinische Post Krefeld Kempen
Schatz mit Pickelhaube und 400.000 Fotos
Das Hanse-Hüske in Elmpt ist die Basis des Heimatvereins, der die Geschichte Niederkrüchtens dokumentiert.
NIEDERKRÜCHTEN Schneeweiß erstrahlt die Fassade des „HanseHüske“, dem neuen Standort des Heimat- und Kulturvereins Niederkrüchten 1975 (HKV ). Schon der Aufsteller neben dem Eingang liefert erste Informationen zum Verein; die mindestens einmal im Monat geöffnete Tür lädt jeden zur Einkehr ein. So weit, so gut. Doch wofür genau sich die Mitglieder, allen voran der Vorstand, einsetzt, was das Archiv beherbergt und welche Veranstaltungen geboten werden, weiß längst nicht jeder Bürger von Niederkrüchten.
„Unser wichtigstes Ansinnen ist, dem Begriff Heimat Bedeutung zu verleihen und das Archiv jedem zugänglich zu machen“, erklärt Ulrich Seeboth, Vorsitzender und Geschäftsführer des HKV. Gemeint ist damit der Fundus an heimatkundlichen Quellen und Materialien, die beispielsweise über einzelne Personen, Vereine und das Brauchtum informieren. Auch die regionale Sprache soll nicht in Vergessenheit geraten. Deshalb pflegt ein Teil des Vereins, der Mundart-Kreis, vornehmlich den in Niederkrüchten bekannten Dialekt, während sich der Klängerclub Elmpt, der eng mit dem HKV zusammenarbeitet, dem „Älempter Plott“zuwendet. Theo Coenen, Vorsitzender des Klängerclubs, lädt zu regelmäßigen Zusammenkünften ein, bei denen sich auf der zum Plattdeutsch gehörenden Sprache unterhalten wird. Außerdem „übersetzt“er Schriften, die ohne sein Zutun von kaum jemandem in Niederkrüchten mehr verstanden würden.
Ein weiteres Augenmerk des HKV, so Seeboth, sei die umfangreiche Sammlung an Fotos, Dokumenten und Büchern. „Insgesamt verfügen wir über 400.000 Bilder, von denen circa 13.000 richtig alt sind, knapp 1.000.000 Standesamtregister, 136.000 Kirchenbucheinträge und 15.000 Totenzettel“, berichtet er stolz. Es komme nicht selten vor, dass sich Interessenten meldeten, die darin stöbern wollten oder zu Zwecken der Ahnenforschung den Verein kontaktierten. Auf den Internetseiten HKV seien zudem Tausende Fotos hochgeladen worden, sodass man dort ganz bequem und von Zuhause aus digital Nachforschungen anstellen könne. „Was die Fotos betrifft, gibt es zahlreiche Buchveröffentlichungen“, erklärt Ulrich Seeboth, darunter mehrere Bände, die Niederkrüchten und seine Umgebung in alten Ansichten zeigen oder auch ein Bildband, das identische Motive gegenüberstellt, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fotografiert wurden. „Das älteste Foto ist aus dem Jahr 1888. Darauf ist eine Familie zu sehen, die vor einem Haus zusammensteht, natürlich in Sonntagskleidung, wie es damals bei Fotoaufnahmen üblich war“, so Seeboth.
„Im Archiv finden sich Mitteilungen und Erzählungen zur Gemeinde Niederkrüchten, dem Naturpark und dem Rheinland“, zählt Ulrich Seeboth auf. Informationen zu den Nachbarstädten wie Krefeld,
Mönchengladbach und Erkelenz seien ebenso dabei wie antiquarische Werke aus dem ausgehenden 19. und dem beginnenden 20. Jahrhundert. Zu den ältesten und außergewöhnlichsten Gegenständen, die sich im Besitz des HKV befinden, zählen eine sogenannte Pickelhaube, ein Helm mit Spitze, der einem Reservisten aus dem Jahr 1912 gehörte, und mehrere Tongefäße aus dem 8. Jahrhundert, die während einer archäologischen Grabung in Overhetfeld während der 1980-er Jahre zutage kamen. Diese sollen demnächst in einem zweiten Raum, der sich im Obergeschoss des Gebäudes befindet,
ausgestellt werden.
Doch es sind nicht nur Fotos, Dokumente und Schriften, mit denen sich der HKV befasst. „Auch informative Fahrten und Wanderungen sind im Angebot“, sagt Hans Mankau, stellvertretender Vorsitzender des Vereins und Organisator der Ausflüge.
Die Mitglieder des Vereins eint die Motivation, altes Wissen für nachfolgende Generationen zu erhalten, dem Vergessen entgegenzuwirken und die Vergangenheit in das Hier und Jetzt zu integrieren. Nächstes Jahr feiert der HKV sein 50-jähriges Bestehen und will zu diesem Anlass ein Sommerfest veranstalten.