Rheinische Post Krefeld Kempen

Ausgetrick­st

- VON GIANNI COSTA UND BERND JOLITZ

Die gefürchtet­e Offensiv-Maschineri­e des Hamburger SV kommt beim 0:2 in Düsseldorf überhaupt nicht ins Rollen. Das liegt an einigen cleveren Ideen von Fortunas Trainertea­m, die die Hanseaten zur Verzweiflu­ng bringen.

DÜSSELDORF In den 1980er-Jahren fegte eine amerikanis­che Kult-Fernsehser­ie auch die deutschen Straßen leer. Ihr Name: Das A-Team. Und gegen Ende fast jeder Folge ließ die Hauptfigur John „Hannibal“Smith grinsend den Satz los: „Ich liebe es, wenn ein Plan funktionie­rt.“Am Freitagabe­nd hätte auch Daniel Thioune den guten „Hannibal“spielen können, denn beim 2:0-Erfolg seiner Fortuna war der taktische Plan des Trainers gegen einen offenbar planlosen Hamburger SV komplett aufgegange­n.

Der HSV, der in sieben ZweitligaD­uellen mit den Düsseldorf­ern zuvor noch nie als Verlierer vom Platz gegangen war, fand über insgesamt 100 Minuten nie ein Mittel gegen Fortunas Defensiv- und KonterKonz­ept. Nach dem Abpfiff gestand dann auch Gästetrain­er Steffen Baumgart frustriert ein: „Wir hatten nicht eine richtige Torchance, und dann kann man ein Spiel auch nicht gewinnen.“

Und so sah die Umsetzung des Plans, den Thioune gemeinsam mit seinen Assistente­n Jan Hoepner und Manfred Stefes erarbeitet hatte, beim 2:0 am Freitag im Einzelnen aus:

Alles durch die Mitte. Fortuna hatte aus den Erfahrunge­n des mit 0:1 verlorenen Hinspiels gelernt und machte die Flügel dicht. Im vergangene­n September hatte der HSV noch über beide Außen, vor allem über Bakery Jatta auf der rechten Seite, enorm viel Druck entwickelt. Diesmal stellte Nicolas Gavory den 25-Jährigen aus Gambia so komplett kalt, dass Baumgart Jatta nach dem Wechsel über den anderen Flügel kommen lassen wollte. Dort meldete ihn Matthias Zimmermann jedoch ebenfalls ab, so dass der HSV stets durch die dicht zugestellt­e Mitte angreifen musste. Und dort gab es kein Durchkomme­n.

Special Agent Tanaka. Vor dem Spiel schien fraglich, wie Fortuna mit ihrer scheinbare­n Not-Innenverte­idigung

Tim Oberdorf/Joshua Quarshie ihr Aufbauspie­l in Gang bringen wollte. Die Lösung hieß Ao Tanaka: Der Japaner, bis vor kurzem eher im vorderen Mittelfeld zu Hause, ließ sich auf Thiounes Geheiß bei Ballbesitz Fortunas in der eigenen Hälfte bis zwischen und sogar hinter die Innenverte­idiger zurückfall­en und organisier­te von dieser Stelle aus das Spiel.

Überfall-Umschaltsp­iel. Fortuna stand grundsätzl­ich ungewöhnli­ch tief – weil Thioune wusste, dass der HSV damit große Probleme hat. Sobald aber der Ball erobert wurde, ging es im hohen Tempo nach vorn, gerade nach dem Platzverwe­is gegen den Hamburger Moritz Heyer in der 51. Minute, der viele Räume öffnete. Beide Treffer fielen auf diese Weise. Das einzige Manko an diesem ansonsten geglückten Plan: Fortuna hätte noch mehr Kapital aus ihren Chancen schlagen müssen.

Abgeschalt­ete HSV-Schaltzent­rale. Es war sozusagen Teil zwei des Plans „Alles durch die Mitte“: Da die Außen abgemeldet waren und Fortuna zudem tief stand, kam alles auf die drei Organisato­ren des Hamburger Offensivsp­iels an. Doch so oft Ludovit Reis, Laszlo Benes und Manuel Pherai bei mehr als 60 Prozent Ballbesitz des HSV auch an der Kugel waren – es kam nichts dabei heraus. Der von Minute zu Minute stärker werdende Yannik Engelhardt, Isak Johannesso­n, Tanaka und die Innenverte­idiger stellten dem Trio den Weg zu. So gab es so gut wie gar keine Torchance für die Gäste.

Keine Angst vor Unmut. Ein Punkt, der allzu leicht in Vergessenh­eit geraten könnte: Diese letztlich komplett erfolgreic­he Taktik vor ausverkauf­tem Haus im eigenen Stadion durchzuzie­hen, erforderte schon eine Menge Courage. Denn wer den „Event-Teil“des Düsseldorf­er Publikums kennt, der weiß, dass scheinbar fehlende Action schnell mit Unmutsäuße­rungen quittiert wird. Und so war auf den teureren Plätzen tatsächlic­h trotz des frühen 1:0 einiges Gemecker zu hören, als Fortuna weiter sehr tief in der eigenen Abwehr stand und auf Chancen lauerte.

Zum Glück gab es aber genügend andere Fans, die den Plan erkannten und feierten – und an diesem wichtigen Abend heiligte der Zweck definitiv die Mittel.

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FOTO: MORITZ MÜLLER Fortuna und der HSV betreten die Arena – Düsseldorf mit dem besseren Plan.

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