Rheinische Post Krefeld Kempen
Bensebaini ist bislang ein Phantom
Lediglich anderthalb von sieben Pflichtspielen konnte der Verteidiger mitmachen.
135 Minuten, im Kino wäre das ein Film mit Überlänge. Doch als Einsatzbilanz eines vermeintlichen Stammspielers Borussias ist das nach sechs Ligaspielen und einer Pokal-Partie, also insgesamt 630 möglichen Minuten, eher dünn. Auf Spiele umgerechnet sind das eineinhalb Partien von sieben. Oder detaillierter: 45 Minuten beim 0:4 in Leverkusen und 90 beim 1:2 bei Union Berlin. Ramy Bensebaini und sein Trainer Adi Hütter werden sich das ganz anders vorgestellt haben.
Dass der algerische Verteidiger, der mit seiner Art zu spielen ein wichtiges Element bei Borussia ist seit seiner Ankunft im August 2019, in dieser Saison nur ein Phantom ist, liegt am Verletzungspech. Im Trainingslager an der Klosterpforte ging es los, von dort kam Bensebaini mit einer Muskelverletzung im Oberschenkel zurück, wegen der er die erste Runde im DFB-Pokal und den Bundesliga-Start gegen die Bayern verpasste. Dann das Comeback beim 0:4 in Leverkusen, bei dem er unglücklich den Ball zum 0:3 ins eigene Tore lenkte, das dünne Spiel in Berlin-Köpenick und schließlich die Länderspielreise mit Algerien, von der Bensebaini eine Leistenverletzung mitbrachte, die ihn die Spiele gegen Arminia Bielefeld und in Augsburg kostete.
Für das BVB-Spiel zuletzt bestand Hoffnung, doch als es so weit war, fehlte Bensebaini auf dem Spielbogen. „Ramy hat sich unter der Woche im Training in einem Duell mit Jordan Beyer am Fuß verletzt. Alles weitere werden die nächsten Tage zeigen“, berichtete Trainer Adi Hütter am Samstag nach dem 1:0-Sieg. Er hatte durchaus mit Bensebaini gerechnet. „Ramy ist grundsätzlich ein Spieler, der auf der linken Seite in der Viererkette sehr gut aufgehoben ist“, sagte Hütter, der mit einem gesunden Bensebaini dieses DefensivKonstrukt wohl in Betracht gezogen hätte. Doch der Ausfall des Afrikameisters von 2019 hatte buchstäblich eine Ketten-Reaktion zur Folge, die letztlich sogar bei BVB-Trainer Marco Rose für Verwirrung sorgte. „Ramy war nicht einsatzfähig, da haben wir uns dann für eine Dreierkette entschieden“, erklärte Hütter. Denn den 18 Jahre alten Luca Netz allein links spielen zu lassen, das war dem Trainer zu heikel. So bekam Tony Jantschke als dritter Verteidiger unter anderem den Auftrag, den Teenager zu unterstützen.
Das klappte gut. Und überraschte den Gegner. „Wir hatten Gladbach nicht unbedingt mit einer Dreierkette erwartet“, gab Rose zu. Eine Fehleinschätzung, die Gladbachs Sieg vielleicht begünstigte. Der BVB hatte keinen Torschuss. So war das Gladbacher Verletzungspech also auf gewisse Weise ein Pate des Sieges, denn hätte Bensebaini gespielt, hätte es womöglich eine andere taktische Konstruktion gegeben, die dem BVB besser gelegen hätte. Ob es dann aber eine ganz andere Geschichte
gewesen wäre, ist spekulativ. Fakt ist: Auch der Ausfall Bensebainis trägt dazu bei, dass Hütter aktiv den Jugend-Stil in Gladbach ausgerufen hat mit Netz und Joe Scally.
Ob sich das kurzfristig ändert, bleibt abzuwarten. Am Dienstag fehlte Bensebaini noch. Doch selbst wenn er fit wird bis zum Samstag, wenn es darum geht, nach 17 fehlgeschlagenen Versuchen mal wieder beim VfL Wolfsburg zu gewinnen und so den BVB-Sieg zu vergolden, ist fraglich, ob Hütter auf ihn setzt. Vier Wochen liegt das letzte komplette Spiel zurück, vor etwas mehr als drei Wochen verletzte Bensebaini sich im WM-Qualifikationsspiel gegen Burkina Faso nach 58 Minuten. Hinzu kommt, dass die DortmundStartelf nach dem Sieg möglicherweise weiter Hütters Vertrauen hat.
Ob Bensebaini dann die nächste Länderspielreise antritt und wenn, wie er heimkehrt, oder ob er gleich in Gladbach bleibt, um sich bereit zu machen für das folgende Heimspiel gegen den VfB Stuttgart, all das wird abzuwarten sein. Der Status quo ist: Ramy Bensebaini ist für Hütter bislang kein Faktor.