Rheinische Post Krefeld Kempen
Aperol und Apokalypse
Die Vielfalt der griechischen Inselwelt entdeckt man am bequemsten auf einem kleinen Kreuzfahrtschiff wie der Celestyal Crystal – sieben Häfen in sieben Tagen und griechische Gastfreundschaft inklusive.
Artemis. Es ist wohl kein Zufall, dass ausgerechnet hier in einer Nische im Felsen um 100 nach Christus ein gewisser Johannes seine Offenbarungen hatte wie bei einem antiken Orakel. Tausend Jahre später entstand auf den Tempelruinen auf Geheiß des byzantinischen Kaisers ein Kloster. Seither ist es einer der heiligsten Orte der Orthodoxie.
„Kreuzfahrtschiffe kommen trotzdem bislang kaum hierher“, sagt der Taxifahrer, während er mit quietschenden Reifen die Serpentinenstrecke vom Hafenort Skala hinauf zum Kloster kurvt. Oben warten hinter den weiß getünchten Mauern der Kirche mit Blattgold verzierte Bücher voll mit uralten Handschriften. Messgewänder und kostbare Weihegeschenke verstärken den Eindruck
eines Museums, wenn man in der ehemaligen Bibliothek steht. Die Höhle selbst liegt als unscheinbare Nische unterhalb direkt an der Straße in einem eigenen kleineren Klosterkomplex. Eher das Loch eines Eremiten. Tatsächlich war Johannes als christlicher Eiferer von den Römern nach Patmos verbannt worden. Er revanchierte sich mit der Apokalypse. Ein orthodoxer Mönch, trotz der Sommerhitze in schwarzem Habit, wacht darüber, dass hier die Wachskerzen niemals ausgehen.
Auf Kreta legt die „Crystal“nicht im hektischen Heraklion, sondern im beschaulichen Agios Nikoaos im Ostteil der Insel an. Ein erster Strand lockt keine fünf Minuten von der Gangway entfernt. Neben einem Spaziergang rund um den blauen See mitten im Zentrum lohnt sich ein Ausflug zum Inselchen Spinalonga im Golf von Mirabello. Die Venizianer haben hier vor 500 Jahren eine mächtige Seefestung angelegt. Bekannt und berüchtigt war die Insel im 20. Jahrhundert als Lepra-Kolonie.
Erst 1957 wurde sie geschlossen. Noch immer wird einem etwas unheimlich beim Gang durch die verwaisten Gassen und stillen Winkel.
Eine weitere Entdeckung ist die Kykladen-Insel Milos. Schon die alten Griechen wussten die größte natürliche Bucht im ganzen Mittelmeer zu schätzen. Ausgrabungen vor Ort und die weltberühmte Venus von Milo im Pariser Louvre, die eigentlich eine Aphrodite ist, belegen das. Trotzdem kommen bislang nur wenige Touristen. Die Insulaner verdienen ihr Geld überwiegend in Bergwerken der alten Vulkaninsel. Verladeanlagen für Betonit, Perlit oder Puzzolan prägen einen Teil der Insel. Seine außergewöhnliche Schönheit zeigt Milos nur jenen, die sich bei ruhiger See wie einst
die Piraten auf kleinen Segelbooten oder neuerdings auch Motoryachten in die unzugängliche Bucht von Kleftiko ganz im Südwesten der Insel bringen lassen. Blendend weiß ragen dort Kalksteinfelsen wie verwitterte Türme oder Burgen aus dem türkisblauen Wasser. Die Fluten haben einige Felsvorsprünge zu Bögen und Tunneln ausgehöhlt. Wer sich traut, der kann durch eine mehr als 50 Meter lange Höhle mit zwei Ausgängen schwimmen. Dunkelblau schimmert das Wasser darin im wenigen Restlicht. Fast könnte man glauben, ein Seeungeheuer aus der Odyssee hätte sich dort unten verkrochen. Aber an so etwas glauben ja nur Ignoranten.
Der Autor reiste mit Unterstützung von Celestyal Cruises.