Rheinische Post Krefeld Kempen
Konfirmation unter freiem Himmel
Da Gottesdienste trotz Corona-Notbremse möglich sind, kann die Konfirmation der Evangelischen Kirchengemeinde St. Tönis am Wochenende stattfinden. Für die Konfirmanden ist vieles anders — warum sie sich trotzdem darauf freuen.
ST. TÖNIS Der kommende Sonntag soll für Lilith Marquardt ein schöner Tag werden. Zwar wird die 14-Jährige aus St. Tönis auch dann Corona nicht ganz vergessen können, aber sie hofft auf ein bisschen Abwechslung, Freude und Ausgelassenheit. Die Jugendliche und 40 andere Gleichaltrige feiern am Wochenende ihre Konfirmation. Bis zuletzt waren die Mitarbeiter der Evangelischen Kirchengemeinde St. Tönis in Sorge, dass der Termin doch abgesagt werden muss. Nun steht aber fest: Gottesdienste bleiben trotz der Corona-Notbremse des Bundes weiterhin grundsätzlich möglich.
„Die Konfirmation kann stattfinden“, sagte Pfarrerin Daniela Büscher-Bruch am Freitag erleichtert. „Unser Hygieneschutzkonzept ist durch.“Gefeiert wird in Gruppen mit jeweils bis zu sieben Konfirmanden: zwei Gruppen am Samstag, zwei am Sonntag sowie zwei am 8. Mai. Die Gottesdienste finden unter freiem Himmel statt, dafür sind am Freitagnachmittag Pavillons, Tische und Bänke aufgestellt worden. Die Konfirmanden sitzen mit jeweils bis zu acht Begleitpersonen an einem der Tische – mit Abstand zwischen den Angehörigen verschiedener Haushalte. „Die Eltern haben uns das vorher mitgeteilt, und alle tragen die ganze Zeit eine Maske“, erläutert Büscher-Bruch.
Saskia Mellen, die am Sonntag dran ist, freut sich drauf: „Man kann sich den Tag trotz Maske und allem schön gestalten“, ist sich die 13- Jährige sicher. Neben ihren Eltern kommen ihre Patentante und die Großeltern. „Alle machen vorher einen Test, zur Sicherheit“, sagt sie. Ohne Familie habe sie nicht feiern wollen. „Es ist ja doch ein besonderer Tag.“
Lilith Marquardt ist erst vor einem Jahr von der katholischen zur evangelischen Kirche gewechselt. Über ihre beste Freundin kam sie zur St. Töniser Gemeinde. „Dort fand ich es viel freundlicher und gemeinschaftlicher“, erzählt sie. Auf den Konfimandenunterricht, der dann irgendwann digital stattfinden musste, freute sie sich jedes Mal. „Er war eine Abwechslung vom Homeschooling“, berichtet sie. „Hier darf jeder sagen, was einem in den Kopf kommt.“
Paul Melot de Beauregard, der wie die beiden anderen das Michael-Ende-Gymnasium in St. Tönis besucht, findet es schade, dass sein Jahrgang nicht so viele Konfirmanden-Unterrichtsstunden hatte wie andere; trotz digitaler Treffen fiel einiges aus. „Es war immer sehr nett“, findet er. „Und es ist gut, dass überhaupt digitaler Unterricht angeboten wurde.“In der Gemeinde seines Cousins, der woanders wohne, sei der Unterricht einfach ganz abgesagt worden.
Der 14-Jährige hat katholische Verwandtschaft. „Die Kommunionen fand ich klasse, das Zusammensein“, sagt er. „Ich finde es wichtig, meine Konfirmation zu feiern, denn es ist dein Tag, immerhin wird man kirchlich volljährig.“Das dazugehörige Fest mit seiner großen Familie will er im August nachholen.
Die Gemeindemitarbeiter und die Chormitglieder werden sich alle vorher testen, berichtet die Pfarrerin. „Wir haben mit der Stadt Tönisvorst abgestimmt, welche Tests zugelassen sind, und sie noch am Donnerstag besorgt“, erzählt Büscher-Bruch. Die Besucher erwartet an den Tischen ein fertiges Gedeck für das Abendmahl, denn „Bewegung geht gar nicht“, sagt die Pfarrerin. Lediglich die „Konfis“treten zur Einsegnung in die Mitte. Doch die Pfarrerin bleibt auch dort auf Distanz. „Handauflagen geht nicht“, erläutert sie.
Büscher-Bruch ist stolz auf ihre diesjährigen Konfirmanden, die sich in der Corona-Pandemie bei so vielem hätten einschränken müssen. Das sei nicht immer leicht gewesen,
berichtet Paul Melot de Beauregard. In den Osterferien habe er sich erstmals seit Langem wieder mit Freunden getroffen. „Das war komisch“, sagt er. „Man wollte sich gerne treffen, hatte aber auch Sorge vor einer Gefährdung der eigenen Familie.“Er spricht von einer „neuen Normalität“. „Ich kann mich kaum erinnern, wie es vor der Pandemie war, ohne Masken und Desinfizieren“, sagt er.
Für ein Projekt im Rahmen des Konfirmandenunterrichts, bei dem die Teilnehmer anhand ihrer Gefühle in der Pandemie Schuhe kreativ gestaltet haben, wählte er die Arche Noah: „Auch damals war alles schlecht, und Noah ist gezwungenermaßen geflohen“, sagt der 14-Jährige. „Der Gedanke gefiel mir, von allem einfach mal weg zu sein.“
Lilith Marquardt beschäftigte sich mit Themen, die während Corona in den Hintergrund gerückt seien, darunter der Kampf gegen Diskriminierung etwa wegen Sexualität und Hautfarbe. Saskia Mellen stellte in den Mittelpunkt, was sie sich für die Zukunft erhofft: eine Hochzeit, Kinder, finanzielle Sicherheit. „Ich werde meinen Weg gehen, auch wenn er steinig ist“, sagt die 13-Jährige.
Alle drei sind sich einig: Zumindest die „Konfi-Fahrt“würden sie gerne später nachholen.