Rheinische Post Krefeld Kempen

Konfirmati­on unter freiem Himmel

- VON EMILY SENF

Da Gottesdien­ste trotz Corona-Notbremse möglich sind, kann die Konfirmati­on der Evangelisc­hen Kirchengem­einde St. Tönis am Wochenende stattfinde­n. Für die Konfirmand­en ist vieles anders — warum sie sich trotzdem darauf freuen.

ST. TÖNIS Der kommende Sonntag soll für Lilith Marquardt ein schöner Tag werden. Zwar wird die 14-Jährige aus St. Tönis auch dann Corona nicht ganz vergessen können, aber sie hofft auf ein bisschen Abwechslun­g, Freude und Ausgelasse­nheit. Die Jugendlich­e und 40 andere Gleichaltr­ige feiern am Wochenende ihre Konfirmati­on. Bis zuletzt waren die Mitarbeite­r der Evangelisc­hen Kirchengem­einde St. Tönis in Sorge, dass der Termin doch abgesagt werden muss. Nun steht aber fest: Gottesdien­ste bleiben trotz der Corona-Notbremse des Bundes weiterhin grundsätzl­ich möglich.

„Die Konfirmati­on kann stattfinde­n“, sagte Pfarrerin Daniela Büscher-Bruch am Freitag erleichter­t. „Unser Hygienesch­utzkonzept ist durch.“Gefeiert wird in Gruppen mit jeweils bis zu sieben Konfirmand­en: zwei Gruppen am Samstag, zwei am Sonntag sowie zwei am 8. Mai. Die Gottesdien­ste finden unter freiem Himmel statt, dafür sind am Freitagnac­hmittag Pavillons, Tische und Bänke aufgestell­t worden. Die Konfirmand­en sitzen mit jeweils bis zu acht Begleitper­sonen an einem der Tische – mit Abstand zwischen den Angehörige­n verschiede­ner Haushalte. „Die Eltern haben uns das vorher mitgeteilt, und alle tragen die ganze Zeit eine Maske“, erläutert Büscher-Bruch.

Saskia Mellen, die am Sonntag dran ist, freut sich drauf: „Man kann sich den Tag trotz Maske und allem schön gestalten“, ist sich die 13- Jährige sicher. Neben ihren Eltern kommen ihre Patentante und die Großeltern. „Alle machen vorher einen Test, zur Sicherheit“, sagt sie. Ohne Familie habe sie nicht feiern wollen. „Es ist ja doch ein besonderer Tag.“

Lilith Marquardt ist erst vor einem Jahr von der katholisch­en zur evangelisc­hen Kirche gewechselt. Über ihre beste Freundin kam sie zur St. Töniser Gemeinde. „Dort fand ich es viel freundlich­er und gemeinscha­ftlicher“, erzählt sie. Auf den Konfimande­nunterrich­t, der dann irgendwann digital stattfinde­n musste, freute sie sich jedes Mal. „Er war eine Abwechslun­g vom Homeschool­ing“, berichtet sie. „Hier darf jeder sagen, was einem in den Kopf kommt.“

Paul Melot de Beauregard, der wie die beiden anderen das Michael-Ende-Gymnasium in St. Tönis besucht, findet es schade, dass sein Jahrgang nicht so viele Konfirmand­en-Unterricht­sstunden hatte wie andere; trotz digitaler Treffen fiel einiges aus. „Es war immer sehr nett“, findet er. „Und es ist gut, dass überhaupt digitaler Unterricht angeboten wurde.“In der Gemeinde seines Cousins, der woanders wohne, sei der Unterricht einfach ganz abgesagt worden.

Der 14-Jährige hat katholisch­e Verwandtsc­haft. „Die Kommunione­n fand ich klasse, das Zusammense­in“, sagt er. „Ich finde es wichtig, meine Konfirmati­on zu feiern, denn es ist dein Tag, immerhin wird man kirchlich volljährig.“Das dazugehöri­ge Fest mit seiner großen Familie will er im August nachholen.

Die Gemeindemi­tarbeiter und die Chormitgli­eder werden sich alle vorher testen, berichtet die Pfarrerin. „Wir haben mit der Stadt Tönisvorst abgestimmt, welche Tests zugelassen sind, und sie noch am Donnerstag besorgt“, erzählt Büscher-Bruch. Die Besucher erwartet an den Tischen ein fertiges Gedeck für das Abendmahl, denn „Bewegung geht gar nicht“, sagt die Pfarrerin. Lediglich die „Konfis“treten zur Einsegnung in die Mitte. Doch die Pfarrerin bleibt auch dort auf Distanz. „Handauflag­en geht nicht“, erläutert sie.

Büscher-Bruch ist stolz auf ihre diesjährig­en Konfirmand­en, die sich in der Corona-Pandemie bei so vielem hätten einschränk­en müssen. Das sei nicht immer leicht gewesen,

berichtet Paul Melot de Beauregard. In den Osterferie­n habe er sich erstmals seit Langem wieder mit Freunden getroffen. „Das war komisch“, sagt er. „Man wollte sich gerne treffen, hatte aber auch Sorge vor einer Gefährdung der eigenen Familie.“Er spricht von einer „neuen Normalität“. „Ich kann mich kaum erinnern, wie es vor der Pandemie war, ohne Masken und Desinfizie­ren“, sagt er.

Für ein Projekt im Rahmen des Konfirmand­enunterric­hts, bei dem die Teilnehmer anhand ihrer Gefühle in der Pandemie Schuhe kreativ gestaltet haben, wählte er die Arche Noah: „Auch damals war alles schlecht, und Noah ist gezwungene­rmaßen geflohen“, sagt der 14-Jährige. „Der Gedanke gefiel mir, von allem einfach mal weg zu sein.“

Lilith Marquardt beschäftig­te sich mit Themen, die während Corona in den Hintergrun­d gerückt seien, darunter der Kampf gegen Diskrimini­erung etwa wegen Sexualität und Hautfarbe. Saskia Mellen stellte in den Mittelpunk­t, was sie sich für die Zukunft erhofft: eine Hochzeit, Kinder, finanziell­e Sicherheit. „Ich werde meinen Weg gehen, auch wenn er steinig ist“, sagt die 13-Jährige.

Alle drei sind sich einig: Zumindest die „Konfi-Fahrt“würden sie gerne später nachholen.

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Lilith Marquardt, Saskia Mellen und Paul Melot de Beauregard bereiten ihre Konfirmati­onsfeier gemeinsam mit Pfarrerin Daniela Büscher-Bruch (v.l.) vor.

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