Rheinische Post Krefeld Kempen
Trauer um Hansheinz Hauser
Er prägte eine Ära der CDU-Dominanz in der Stadt: Hansheinz Hauser war Oberbürgermeister, Landtags- und Bundestagsmitglied. Jetzt ist Hauser, bis zuletzt hoch verehrt in der CDU, im Alter von 97 Jahren gestorben.
Bei Begegnungen sind es ja oft die weniger bedeutenden Bemerkungen, die viel über Menschen aussagen. Hansheinz Hauser hat im Jahr 2012 in einem Interview anlässlich seines 90. Geburtstages auf die Frage, ob er einen Leitspruch für ältere Menschen habe, geantwortet: „Nein, eigentlich nicht. So alt fühle ich mich noch nicht.“Und lachte. Das war keine Koketterie. Hauser strahlte auch mit 90 Jahren eine beneidenswerteVitalität undWachheit aus; da sprach kein des Lebens müder, nostalgisch im Gestern lebender Greis, sondern ein politisch denkender Kopf, der die Zeiten klug beurteilte und einen erfüllten Tag hatte. „Mein Tag“, so schilderte er es, „beginnt mit 20 Minuten Gymnastik, dann gehe ich schwimmen, hole Brötchen und frühstücke mit meiner Frau.“Seine Tage seien zudem geprägt von regem Austausch mit vielen Menschen – so rege sei dieser Austausch, dass er Gott sei Dank seiner Frau nicht auf den Keks gehe, ergänzte er noch. In solchen Momenten schimmerte auf, warum er als Menschenfischer so lange so erfolgreich Politik für die CDU machen konnte. Nun ist Hansheinz Hauser im Alter von 97 Jahren gestorben.
Hauser stammt aus einer Ära, als die CDU in Krefeld bei den Kommunalwahlen noch satte Mehrheiten einfuhr und die anderen unter „ferner waren dabei...“liefen. Er war von 1968 bis 1982 Oberbürgermeister Krefelds; die Christdemokraten holten in dieser Zeit bei den Ratswahlen Ergebnisse um die 50 Prozent. Es war eine andere Zeit; Politik in der Provinz schien noch gemütlicher daherzukommen, weniger professionalisiert, weniger rigoros im Streit. Als Hauser 1958 in den Landtag kam, gab es 300 Mark im Monat an Diäten, berichtete er, „ohne einen anderen Beruf wäre ein Politiker nach heutigen Maßstäben Hartz-IV-Empfänger gewesen“. Hauser war Meister im Bäckerhandwerk, und diese Herkunft aus der rheinischen Handwerkermittelschicht war bei ihm bis zu seiner rheinisch gefärbten Sprache stets spürbar. Er war darin seinem politischen Idol Konrad Adenauer („steht mir näher als Goethe“) verblüffend ähnlich. Die Entwicklung zum Berufspolitiker habe in der Bevölkerung nicht zu einer Verbesserung, sondern zu einer Verschlechterung des Ansehens von Politikern geführt, sagte Hauser dazu auch.
Freilich erkannte er an, dass Politik schon auf kommunaler Ebene immer komplexer geworden ist: Spitzen-Kommunalpolitikern wird heute eine immense Arbeitsleistung abverlangt. Hauser bedauerte die Konsequenz: dass immer weniger Unternehmer es sich leisten konnten, in die Politik zu gehen. „Ein Unternehmer sagt heute: Ich muss meinen Betrieb in Ordnung halten; ich lass mich zweitens nicht ständig beschimpfen, und drittens kann ich meiner Familie nicht zumuten, ständig unterwegs zu sein.“
Hausers Herkunft hat ihn geprägt, er war Mittelständler durch und durch. Er saß von 1958 bis 1972 im Düsseldorfer Landtag und von 1972 bis 1990 im Bundestag. Fragte man ihn nach seinen politischen Leistungen, verwies er auf mittelstandspolitische Erfolge. Auf Hauser gehen maßgeblich die Einführung des Meister-Bafög und die Meistergründungsprämie für junge Meister zur Unternehmensgründung zurück. Bedingung: Sie schaffen innerhalb von zwei Jahren mindestens zwei gute Jobs.
In Krefeld ist mit Hausers Namen vor allem der Neubau des Seidenweberhauses verbunden. Zu den Fotos, die sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt haben, gehört ein Bild von Hausers Rede zur Eröffnung des
Gebäudes im Januar 1976. In Krefeld brach unter CDU-Führung die architektonische Moderne an – die auch darin modern war, dass sie von Anfang an umstritten war, denn das Gebäude wurde auch als Betonklotz kritisiert.
Als Hauser 1999 aus dem Rat Krefelds ausschied, hatte sich bereits ein Wetterleuchten neuer, komplizierterer Mehrheitsverhältnisse angedeutet. Von 1989 bis 1994 gab es eine rot-grüne Mehrheit im Rat. Zwar holt sich die CDU die Macht im Rathaus zurück und fuhr bei den Stadtratswahlen 1999 sagenhafte 55,9 Prozent ein. Doch danach bröckelte die Mehrheit kontinuierlich. Die Sozialdemokraten holten auf, die Grünen wurden zur festen politischen Größe; Krefeld driftete in
eine Pattsituation von linkem und bürgerlichem Lager.
Hauser hätte also allen Anlass gehabt, nostalgisch zurückzublicken und im Ruhestand von den alten, vermeintlich guten Zeiten zu schwärmen. Doch das war seine Sache nicht. 2010 gehörte er zu den 700 Zuschauern, die in Krefeld bei der letzten CDU-Regionalkonferenz das Duell von Armin Laschet und Norbert Röttgen um die Spitzenkandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten verfolgten. Für Hauser war Röttgen der Hoffnungsträger seiner CDU. So fiebert er wieder mit, ganz Homo politicus, zu dem es eben auch gehört, leidenschaftlich zu irren – so wie bei Röttgen, der seine Partei bekanntlich grausam enttäuschte.
Der Irrtum passte fatal gut: War doch Röttgen eine Art Anti-Hauser, nicht so verwurzelt in einer klaren Tradition mit Herkunftskoordinatensystem. Dass heute Laschet – tief in NRW verwurzelt, darin mehr Hauser als Röttgen ähnelnd – Ministerpräsident ist, zeigt auch, wie wichtig Leute wie Hauser für diese Partei sind. Seine Stimme wird fehlen.