Rheinische Post Krefeld Kempen
Der Bundesliga-Profi als öffentlicher Patient
Dass Fußballklubs Informationen zu Verletzungen von Spielern vermelden, ist gelebte Praxis. Die Corona-Krise könnte dies ändern.
(erer/kk/klü/sb/seka) Am Dienstag gab Eintracht Frankfurt bekannt, dass zwei Spieler und zwei Mitglieder des Betreuerteams positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Wer die zwei Spieler sind, darüber schwieg sich der Verein aus. Das ist ungewöhnlich für eine Branche, die Fans und Medien seit jeher ganz selbstverständlich darüber informiert, dass ein Spieler einen Muskelfaserriss, grippalen Infekt oder eine Rippenprellung hat. „Es hat sich da eine gelebte Praxis entwickelt, und die Spieler haben ja auch in der Regel nichts dagegen, wenn es um einen Muskelfaserriss geht“, sagt der Düsseldorfer Sportrechtler Paul Lambertz. Doch die Corona-Krise könnte die Sensibilität für die Weitergabe gesundheitlicher Details verändern. Nicht nur im Fußball, aber eben auch.
Denn klar ist nicht erst seit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) von 2018: Die gelebte Praxis kollidiert oftmals mit der Rechtslage. Das ergaben auch Recherchen bei Fußball-Bundesligisten. DieVereine haben hinter vorgehaltener Hand den Standpunkt, dass es sich im Fußball etabliert hat, Verletzungen im Detail zu veröffentlichen und Medien und Fans das auch erwarten würden. Dass das eigentlich nicht richtig ist, ist den Protagonisten bewusst. DieVerordnung hat für dieses Thema aber noch einmal sensibilisiert: Die medizinische Abteilung von Fortuna Düsseldorf beispielsweise achtet seit zwei Jahren darauf, dass auf genaue Details der Verletzung verzichtet wird.„Wir umreißen die Art der Verletzung nur“, sagt Mediendirektor Kai Niemann.
Die Rechtslage ist einfach: „Rechtlich gesehen müsste einVerein jeden
Spieler um Erlaubnis fragen, damit er gesundheitliche Details über ihn an die Öffentlichkeit geben kann. Das gilt übrigens in jedemVerhältnis Arbeitgeber zu Arbeitnehmer“, sagt Lambertz. Die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit sieht der Sportrechtler indes auch. „Über die Jahre hat sich in diesem Punkt gefühlt ein Anspruch von Fans und Öffentlichkeit entwickelt, zu erfahren, was der Spieler konkret hat und wie lange er ausfällt. Aber dieser Anspruch besteht natürlich nicht.“
Bayer Leverkusen teilte auf Anfrage mit, es sei im Verein gelebte Praxis, dass man die Öffentlichkeit in dosierter, aus Vereinssicht angemessener und nicht detaillierter Form über den krankheits- oder verletzungsbedingten Ausfall eines Spielers informiere. „Dies tun wir, um dem natürlichen öffentlichen Interesse daran gerecht zu werden. Die Spieler haben jederzeit die Möglichkeit, eine solche Kommunikation mitzugestalten und machen davon auch Gebrauch“, hieß es.
Borussia Mönchengladbach setzt bei Informationen zu Verletzungen auf eine „zurückhaltende Kommunikation“, wie Mediensprecher Markus Aretz sagt. Der Klub macht nur ganz allgemeine Informationen zu den Blessuren der Spieler öffentlich, über den vermuteten Genesungszeitraum gibt es ebenfalls nur vage Angaben wie „fällt bis auf Weiteres aus“. „Von uns aus würden wir eigentlich gar keine Auskunft über die Verletzungen unserer Spieler geben, wir machen das aber, um den gängigen Medienanfragen nachzukommen“, sagt Aretz.
Grundsätzlich würden die Spieler entscheiden, wie detailliert die Informationen sind, die nach draußen gehen. „Wenn ein Spieler nicht will, dass wir etwas zu seiner Verletzung sagen, dann halten wir uns daran. Am Ende ist es auch an den Spielern, wie ausführlich sie darüber sprechen.“Wie die Gladbacher mit möglichen Corona-Infektionen von Spielern umgehen würden, „darüber haben wir noch gar nicht diskutiert, wir haben zum Glück bisher keinen Fall“, sagt Aretz. Doch auch da würde der Grundsatz der „zurückhaltenden Kommunikation“gelten.
Borussia Dortmund als einziger börsennotierter Bundesligist sieht – anders als die börsennotierten Vereine in Italien und Spanien – keine Kommunikationspflicht im Fall von Verletzungen, weil der BVB sie nicht als kursrelevant ansieht. Eine Ausnahme wäre wohl denkbar im Fall einer Sportinvalidität eines der Stars mit hohem Marktwert, aber normale Verletzungen werden nicht als börsenrelevante Mitteilungen kommuniziert.
Eintracht Frankfurt verriet in seiner Mitteilung übrigens eine vielleicht am Ende wichtigere Info als die Namen: „Allen Betroffenen geht es den Umständen entsprechend soweit gut.“
Von Köln bis Corona – vom ersten Meister bis zur größten Krise hat die FußballBundesliga einiges erlebt in 57 Jahren. Im zweiten Teil unserer Serie geht es um ein großes Duell.