Rheinische Post Krefeld Kempen
„Zu Recht die Perle vom Niederrhein“
Ralf Schwartz, der Geschäftsführer der Lackwerke Peters, im Gespräch zum Wirtschaftsstandort Kempen
Wie tickt Kempen wirtschaftlich? Ralf Schwartz nimmt im Gespräch mit unserer Redaktion Stellung zu aktuellen Themen. Als Vorsitzender der Unternehmerschaft Niederrhein und Chef eines global orientierten Unternehmens blickt der 57-Jährige auch immer über den Tellerrand.
Wie beurteilen Sie die Gewerbeansiedlung in Kempen?
Ralf Schwartz Aus meiner Sicht kann sich die Stadt Kempen über einen gelungenen Mix aus größeren und kleineren mittelständischen Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen und dazu über einfallsreiche Einzelunternehmer und vielfältige und empfehlenswerte Handwerksunternehmen freuen.
Welche Auswirkungen hat die florierende Wirtschaft für eine mittelständische Stadt wie Kempen?
Schwartz Die meist familiengeführten Unternehmen, deren Gesellschafter oder Geschäftsführer auch in Kempen wohnen und leben, engagieren sich fast alle für das Gemeinwohl, insbesondere das ehrgeizige Kultur-Angebot unserer Stadt. Sie tragen dazu bei, dass Kempen mit Fug und Recht als Perle am Niederrhein bezeichnet werden kann.
Mit Wegzügen von Bauerfeind und demnächst Griesson – de Beukelaer verliert Kempen, auf der anderen Seite gewinnt die Stadt durch Zuzüge wie Hefe van Haag und Absatzzentrale. Stimmt die Balance?
Schwartz Wanderte zuletzt ein Unternehmen aus Kempen aus welchen Gründen auch immer ab, so kam aus Sicht der Steuerempfänger ein nicht selten gleichwertiges oder gar noch attraktiveres Unternehmen wieder herein. Dass dabei die angebotenen Leistungen – Produkte oder Dienstleistungen – in der Bevölkerung unterschiedlich populär erscheinen und mal mehr oder weniger Emotionen heraufbeschwören, liegt in der Natur der Sache.
Bleiben wir beim Thema Emotionen. Kaum eine Ansiedlung bewegt die Kempener so sehr wie Amazon …
Schwartz Das frühere NAAFI-Areal war meines Wissens von Anfang an für Logistik geplant und auch genutzt worden. Eine andere Verwendung kann ich mir für das gesamte Objekt auch kaum vorstellen. Die Ansiedlung eines Logistikunternehmens ist für mich somit die logische und vom Investor auch angestrebte Konsequenz.
Ist Kempen verkehrstechnisch nicht zu eng für einen derartigen Handelsriesen?
Schwartz Der damit verbundene Verkehr mit Lastwagen und kleineren Lieferfahrzeugen stellt die Stadt und die nähere Umgebung natürlich vor neue Herausforderungen bezüglich der Verkehrsanbindung des Industriegebiets Am Selder über die Zubringerstraßen zu oder von den Autobahnen 40 und 44. Denn längst wurden ja mehrere Unternehmen mit starkem Lkw-Aufkommen zusätzlich angesiedelt – Sie haben es angesprochen. Deren Präsenz an unserem Standort will ich auch nicht missen. Schließlich schließen diese die Gewebesteuerlöcher im Stadtsäckel, welche von abwandernden Unternehmen gerissen wurden
oder noch werden.
Wie empfinden Sie das Geschäftsmodell von Amazon?
Schwartz Als konservativer Kunde des klassischen Einzelhandels bin ich für die Nachfrage nach dem Handel im Netz und der damit verbundenen Auslieferung von einzelnen Päckchen an die Privathaushalte per Kurierdienst nicht wirklich repräsentativ. Aber kommen diese nicht auch von Amazon aus Kempen, dann kommen sie halt woanders her. Das sehe ich deshalb alles ganz pragmatisch und unaufgeregt.
Welche Erwartung und Wünsche knüpfen Sie an den neuen städtischen Wirtschaftsförderer Stefan von Laguna?
Schwartz Ich habe ihn bereits kennenlernen dürfen und mit ihm auch schon ein Vier-Augen-Gespräch geführt. Dabei habe ich zum Ausdruck gebracht, dass sich die Kempener Wirtschaft zwar auch im Unternehmerkreis Kempen (UKK), aber nicht zu sehr mit sich selbst beschäftigen sollte. Sie sollte vielmehr wieder stärker über den Tellerrand in die Region schauen und wirken. In der IHK-Vollversammlung waren wir beispielsweise lange Zeit unterrepräsentiert. Dazu haben wir uns auf eine gute Zusammenarbeit verständigt.
Wir wissen, dass Sie ein Befürworter eines Kongresshotels für Kempen sind. Schafft Kempen das mit dem neuen Wirtschaftsförderer?
Schwartz Um ein Tagungs- und Business-Hotel in der ansonsten nahezu perfekten Gastgeberstadt ansiedeln zu können, wird es auch Herr von Laguna schwer haben. Für Tagesbesucher kommen wir mit dem Hotel Papillon bestens zurecht. Bei größeren Kunden- und Vertreter-Tagungen müssen wir jedoch leider ins Umland ausweichen. In Kamp-Lintfort und Moers-Repelen sehe ich, was meiner Meinung nach mit einem Seminar- und Konferenzstandort auch in Kempen möglich sein sollte.
Davon würden auch „ganz normale Bürger“profitieren …
Schwartz Richtig. Auch könnten dann Familien in ihrer Heimatstadt größere Feste feiern, was aber wahrlich nicht in das Aufgabengebiet des Wirtschaftsförderers fällt.