Rheinische Post Krefeld Kempen
Superreiche werden immer reicher
Die Hilfsorganisation Oxfam kritisiert die starke Ungleichheit der Vermögen. Sie drängt zum Auftakt des Weltwirtschaftsforums in Davos auf eine globale Mindeststeuer. Zudem müssten Frauen mehr Chancen bekommen.
DAVOS/DÜSSELDORF Die Konzentration derVermögen in derWelt nimmt weiter zu. Darauf hat die Hilfsorganisation Oxfam zum Start des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos hingewiesen. Die rund 2000 Milliardäre auf dem Globus hätten ein größeresVermögen, als die ärmsten 60 Prozent der weltweiten Bevölkerung gemeinsam haben. Dabei handelt es sich um 4,6 Milliarden Menschen. Und während das Vermögen der breiten Massen sich nur langsam erhöht, sei der Wohlstand der reichsten 500 Menschen auf der Welt 2019 um ein Viertel gestiegen. Dabei beruft sich die Organisation auf Zahlen der Nachrichtenagentur Bloomberg, die imWesentlichen mit den steigenden Börsenwerten vieler Unternehmen zusammenhängen.
Im Gegensatz zu früheren Jahren hat Oxfam sich in der aktuellen Studie auf Ungerechtigkeiten zwischen den Geschlechtern konzentriert. So hätten die 22 reichsten Männer Afrikas ein größeres Vermögen als alle afrikanischen Frauen zusammen. Frauen und Mädchen seien besonders benachteiligt, weil sie oftmals unbezahlte Pflege- und Fürsorgearbeit absolvieren müssen. Weltweit können laut Oxfam 42 Prozent der Frauen daher keinen Job antreten, während dies nur für sechs Prozent der Männer gelte. Weltweit würden pro Tag mehr als zwölf Milliarden Stunden an unbezahlter Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeit von Frauen geleistet, was einem Gegenwert von 11.000 Milliarden Dollar entsprechen würde.
Auch die Politik in Deutschland sieht die Organisation kritisch. Derzeit würde nur rund ein Prozent der deutschen Entwicklungshilfe in Programme fließen, mit denen vor allem Frauen und Frauenorganisationen unterstützt werden – Tendenz fallend. Dieser Anteil solle auf zehn
Prozent steigen. Deutschland würde nur zwei Prozent der Entwicklungshilfe für Kitas und Grundschulen ausgeben. Es sollten aber zehn Prozent sein, um Bildung als wichtigsten Faktor für künftigen Wohlstand zu fördern.
Die Bundesregierung solle sich zudem für eine weltweite Mindeststeuer einsetzen und Entwicklungsländer dabei unterstützen, Konzerne stärker zu besteuern. Tatsächlich ist es bisher nicht einmal gelungen, Steueroasen in der EU zu schließen, was insbesondere die Grünen im Europaparlament fordern.
Auch zur Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in Deutschland äußert sich Oxfam: Die Einkommenskluft zwischen Männern und Frauen sei „erschütternd hoch“im wichtigsten Industrieland Europas. Über das gesamte Berufsleben würden Frauen hierzulande nur etwa halb so viel Einkommen erzielen wie Männer. Auch darum sei der Rentenunterschied zwischen Männern und Frauen so groß wie in keinem anderen Industrieland, habe eine OECD-Studie ergeben. Bei diesem Vergleich lässt Oxfam allerdings unberücksichtigt, dass Renten von Ehepaaren bei einer Scheidung meistens fair aufgeteilt werden. Wenn ein Paar auch im Alter zusammen bleibt, gehen Experten davon aus, dass sie sich die Kosten der Lebenshaltung häufig fair aufteilen.
In Davos beginnt am Dienstag die 50. Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums, die Auftaktrede hält US-Präsident Donald Trump. Hierzu präsentierte der Internationale Währungsfonds eine neue Prognose. Die Weltwirtschaft werde dieses Jahr um 3,3 Prozent wachsen, nachdem das Wachstum für 2019 mit 2,9 Prozent beziffert wird. In Deutschland werde die Wirtschaft 2020 um 1,1 Prozent wachsen nach nur 0,5 Prozent im Vorjahr.