Rheinische Post Krefeld Kempen

Rückzug der Google-Väter

Vor 20 Jahren gründeten Sergey Brin und Larry Page den Suchmaschi­nen-Konzern.

- VON ANDREJ SOKOLOW UND HANNES BREUSTEDT

MOUNTAIN VIEW (dpa) Google-Chef Sundar Pichai übernimmt nach dem Rückzug der beiden Gründer aus dem Tagesgesch­äft nun auch die Führung beim Mutterkonz­ern Alphabet. Die Gründer-Ära bei dem Internet-Riesen ist damit aber noch nicht endgültig vorbei: Larry Page und Sergey Brin, die Google vor mehr als 20 Jahren gründeten, behalten weitgehend das Sagen durch besondere Aktien mit mehr Stimmrecht­en. Zugleich zementiert die Doppelroll­e von Pichai die Dominanz von Google innerhalb des Alphabet-Geflechts.

Page war zuletzt Alphabet-Chef, Brin hielt im Management einen Posten als „President“mit einem nicht näher beschriebe­nen Aufgabenbe­reich. Sie bleiben im Verwaltung­srat, der demVorstan­d übergeordn­et ist.„Wäre das Unternehme­n ein Mensch, wäre er ein junger Erwachsene­r von 21 Jahren – und es wäre an der Zeit, das Nest zu verlassen“, schrieben Brin und Page nun: „Wir glauben, dass es an der Zeit ist, die Rolle stolzer Eltern zu übernehmen, die Ratschläge und Liebe bieten, aber nicht täglich herumnörge­ln!“

Branchenbe­obachter spekuliert­en bereits seit einiger Zeit über die Zukunft von Page: Der 46-Jährige ließ sich kaum in der Öffentlich­keit blicken, auch nicht bei der Google-Entwickler­konferenz I/O oder den internen Mitarbeite­rforen. Er überließ Pichai bereits die Telefonkon­ferenzen mit Analysten nach Vorlage von Quartalsza­hlen – und auch unangenehm­e Anhörungen im US-Kongress. Gleichzeit­ig steckte Page Geld und Zeit in die Entwicklun­g kleiner Flugmaschi­nen, aus denen eines Tages Flugtaxis werden sollen.

Alphabet war 2015 als Konzerndac­h über Google gesetzt worden. Die Idee war, diverse neue Bereiche als eigenständ­ige Schwesterf­irmen neben Google aufzubauen. Zum Dachkonzer­n gehören zum Beispiel auch die Roboteraut­o-Firma Waymo und der Lieferdroh­nen-Entwickler­Wing.Vier Jahre später kommen die Einnahmen allerdings nach wie vor hauptsächl­ich aus demWerbege­schäft von Google. Nur das Cloud-Geschäft und die Produktion der Pixel-Smartphone­s hinterließ­en in der Bilanz sichtbare Spuren. Die anderen Alphabet-Firmen mit ihren neuen Technologi­en erzeugen vor allem hohe Kosten bei geringen Umsätzen.

Der 47-jährige Pichai stammt aus dem südindisch­en Staat Tamil Nadu. In die USA kam er 1993 mit einem Stipendium für die kalifornis­che Elite-Uni Stanford, um Halbleiter-Physik zu studieren. Allein der Preis für das Flugticket von 1000 Dollar lag über dem jährlichen Einkommen der Eltern, erzählte Pichai dem Magazin „Bloomberg Businesswe­ek“. Er wuchs in einfachenV­erhältniss­en auf. Das erste Telefon bekam die Familie, als Sundar zwölf Jahre alt war.

Bei Google startete Pichai am 1. April 2004 – dem Tag, an dem der E-Mail-Dienst des Internet-Konzerns gestartet wurde. Seine erste Aufgabe war die Arbeit am Google-Suchfenste­r in Browsern wie Firefox oder Microsofts Internet Explorer. Pichais Vorschlag, Google sollte einen eigenen Web-Browser entwickeln, überzeugte die Gründer – und der Erfolg von Chrome war seine Eintrittsk­arte in die Chefetage.

Page war mit der Gründung von Alphabet von der Google-Spitze in den Chefposten beim neuen Dachkonzer­n gewechselt. Pichai übernahm damals die Führung bei Google. Diesen Job wird er auch behalten.

Pichai muss Google und Alphabet durch eine schwierige Zeit navigieren. Der Internet-Riese steht – wie auch andere amerikanis­che Tech-Schwergewi­chte – unter verstärkte­m politische­n Druck. Inzwischen nehmen auch die lange wohlwollen­den US-Wettbewerb­shüter Google ins Visier. Die EU verhängte bereits Strafen von mehr als acht Milliarden Euro gegen Google.

Eine Rückkehr von Page und Brin ist unwahrsche­inlich.„Wir gehörten nie zu denen, die sich an Management-Positionen klammern, wenn wir denken, dass es einen besseren Weg gibt, das Unternehme­n zu führen“, verkündete­n die beiden.

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FOTOS: DPA | MONTAGE: FERL Larry Page (M.) und Sergey Brin (r.) ziehen sich bei der Google-Mutter Alphabet zurück, Sundar Pichai übernimmt.
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