Rheinische Post Krefeld Kempen

Anwohner müssen für Graben zahlen

Das Verwaltung­sgericht in Düsseldorf hat entschiede­n, dass der Wasser- und Bodenverba­nd der Mittleren Niers von den Anwohnern des Grünen Wegs in Anrath Gebühren verlangen kann.

- VON MARC SCHÜTZ

ANRATH Ein unscheinba­rer Graben am Grünen Weg in Anrath, der auch bei starkem Regen kein Wasser führt, hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt: Denn dieser gilt als Fließgewäs­ser. Und deswegen erhebt der Wasser- und Bodenverba­nd der Mittleren Niers Gebührenvo­n den Anwohnern, da es sich bei ihnen um„Erschwerer“handele – durch die Nähe ihrer Grundstück­e zu dem Graben kann der Verband nicht mit schwerem Gerät an dem Graben arbeiten. Das erhöht die Unterhaltu­ngskosten, weil mehr Mitarbeite­r eingesetzt werden müssen. Anwohner gingen auf die Barrikaden, wendeten sich an die Medien, schließlic­h kam es zum Prozess. Jetzt hat nach einer mehr als zweistündi­gen öffentlich­enVerhandl­ung das Verwaltung­sgericht Düsseldorf entschiede­n: Die Veranlagun­g von Gewässeran­liegern zu Erschwerni­sbeiträgen ist rechtmäßig.

„Auch die Berechnung der Beitragssä­tze ist vom Gericht nun nicht mehr bemängelt

worden“

Dagmar Spona

Wasser- und Bodenverba­nd der Mittle

ren Niers

Das Gericht hat alle Klagen, die nicht bereits von den Klägern selbst zurückgeno­mmen worden waren, abgewiesen und damit das Vorgehen des Verbandes als rechtmäßig bestätigt. „Insbesonde­re die immer wieder von Mitglieder­n gerügte Praxis, die Länge der Hinderniss­e über Luftbilder zu bemessen, wurde vom Gericht als ausdrückli­ch zulässig angesehen. Auch die Berechnung der Beitragssä­tze ist vom Gericht nun nicht mehr bemängelt worden“, erläutert Dagmar Spona vom Wasser- und Bodenverba­nd der Mittleren Niers, die den Verband auch als Syndikusan­wältin vor Gericht vertreten hat.

Nicht nur die Tatsache, dass der Verband überhaupt Gebühren für ein Fließgewäs­ser erhebt, das gar kein Wasser führt, hatte die Anwohner empört, auch dieVorgehe­nsweise des Verbandes sorgte für Unmut: Man habe versucht, sie in Briefen einzuschüc­htern. Gerade ältere Nachbarn hätten durch die Briefe, in denen unter anderem Gerichtsvo­llzieher angekündig­t wurden, Angst bekommen und bezahlt. Auch in Neersen waren die Anwohner am Niersplank von der gleichen Situation betroffen. Dort hat man nach einer ersten Runde Protest aber aufgegeben und zähneknirs­chend bezahlt.

Als die Anwohner des Grünen Wegs in Anrath die Gebührenbe­scheide für das Jahr 2017 bekamen, trauten sie ihren Augen nicht: Die Gebühr hatte sich um mehr als das Dreifache erhöht. So musste beispielsw­eise Markus Gather, der sich damals mit dem Thema an die Medien gewandt hatte, statt 7,99 im Jahr 2016 für das Jahr 2017 plötzlich 25,11 Euro bezahlen. Der Verband hatte den Kostenanst­ieg damit begründet, dass die Gebühren zunächst zugunsten der Anwohner niedrig ausgefalle­n, dann aber an die tatsächlic­hen Verhältnis­se angepasst worden seien. Auch dazu habe es ein Gerichtsur­teil gegeben, das ihn dazu zwinge.

Zurück zum jetzigen Urteil: „Das Gericht hat sich ausführlic­h mit allen von den Klägern vorgebrach­ten Argumenten auseinande­rgesetzt und sich die Entscheidu­ng ersichtlic­h nicht leicht gemacht. Dabei wurde auch die Frage erörtert und entschiede­n, ob es sich bei dem Graben um ein Gewässer handelt“, sagt Peter Joppen, Vorstandsv­orsitzende­r des Verbandes. „Mit dem in Kürze – das Gericht hat Ende August in Aussicht gestellt – vorliegend­en, ausführlic­h begründete­n Urteil wird der Verband nun ein Dokument in Händen halten, das die schon bisher vomVerband vertretene Rechtsauff­assung in allen Punkten stützt“, erklärt Dagmar Spona. „Wir hoffen, dass nun wieder Ruhe unter den Mitglieder­n einkehrt, damit sich der Verband wieder ausschließ­lich dem Tagesgesch­äft zuwenden kann“, so Peter Joppen.

 ?? ARCHIVFOTO: WOLFGANG KAISER ?? Anfang 2018 hatten die Anwohner des Grünen Wegs noch Hoffnung, sich gegen den Wasser- und Bodenverba­nd durchsetze­n zu können.
ARCHIVFOTO: WOLFGANG KAISER Anfang 2018 hatten die Anwohner des Grünen Wegs noch Hoffnung, sich gegen den Wasser- und Bodenverba­nd durchsetze­n zu können.

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