Rheinische Post Krefeld Kempen
Kennenlernen mit Katze
In Susan Gordanshekans Spielfilm-Debüt heiratet ein Paar und kommt sich erst anschließend näher.
(dpa) Kian stammt aus dem Iran, ist in Deutschland aufgewachsen und arbeitet als Arzt. Er ist auf der Suche nach einer Frau, doch bei seinen Rendezvous hat der junge Mann keinen Erfolg. Ähnlich ergeht es Mina, die im Iran lebt und ebenfalls endlich heiraten möchte. Über eine arrangierte Ehe finden die beiden zusammen und beginnen ein gemeinsames Leben in Deutschland.
„Die defekte Katze“von Susan Gordanshekan (Drehbuch und Regie) erzählt eine Liebesgeschichte in umgekehrter Reihenfolge: Kian und Mina sind schon verheiratet, bevor sie einander kennenlernen. Der Film erzählt, wie die beiden versuchen, sich einander zu nähern und davon, wie schwierig das ist.
Der junge Mediziner Kian (Hadi Khanjanpour) arbeitet viel, macht Karriere, bald soll er Oberarzt werden. Mina (Pegah Ferydoni, „Türkisch für Anfänger“) hat Elektrotechnik studiert, einen Job aber findet sie in Deutschland nicht. Um tagsüber Gesellschaft zu haben, besorgt sie sich schließlich eine Katze, die sich auffällig verhält und wohl das Auf und Ab in der Beziehung der Eheleute symbolisieren soll. Kian indes mag keine Katzen, ihm ist das merkwürdige Tier unheimlich.
Wie wenig sich die beiden kennen, zeigen groteske Szenen: In der ersten gemeinsamen Nacht in seiner Wohnung sieht sich das Ehepaar ein Video seiner Hochzeit an, gleichzeitig genieren sich beide, als sie sich ihre Schlafanzüge anziehen.
Nach mehreren Kurzfilmen, die Susan Gordanshekan in den vergangenen Jahren vorlegte, feierte die Regisseurin mit „Die defekte Katze“bei der diesjährigen Berlinale ihre Spielfilm-Premiere. Ihr erster Langfilm beobachtet einfühlsam und mit ruhigen Bildern, hat aber auch gewisse Längen. Es geht um Mann und Frau, Traditi- on und Moderne, Ost und West, Heimat und Fremde – Regisseurin Gordanshekan ist in Kassel geboren, ihre Eltern stammen aus dem Iran, die Themen dürften ihr nicht fremd sein. Sie bilden den Hintergrund für die Handlung, im Mittelpunkt steht die Beziehung von Kian und Mina – in beide kann man sich hineinversetzen.
Kian ist fürsorglich und liebevoll, reagiert aber wie ein eifersüchtiger Macho, als er Mina mit Lars (Constantin von Jascheroff ) beim vermeintlichen Fremdgehen erwischt. Der Ehemann sperrt Mina im Schlafzimmer ein. Mina fühlt sich erniedrigt – zudem vermisst sie ihre iranischen Freundinnen, sie langweilt sich und ist frustriert. Die junge Ehefrau hat ihren eigenen Willen, lässt sich nicht einschüchtern. Kian will zwar eine selbstständige Frau, scheint aber Minas Lebenshunger nicht zu verstehen. Er selbst verhält sich eher angepasst, will es allen recht machen und ist überfordert. Druck kommt auch von der Familie, die auf Enkelkinder wartet, und von Kians Chef, der ihm einen Fehler vorwirft.
Immer weiter entfernen sich die beiden voneinander, Mina will am liebsten zurück in den Iran. „Alle Beziehungen stehen irgendwann vor ähnlichen Herausforderungen, unabhängig davon, wie sie entstanden sind. Auch der romantischen Liebe geht eine Idealvorstellung voraus. Diese Idealvorstellung loszulassen, eröffnet die Chance, sich auf einen anderen Menschen mit all seinen Schwächen und Eigenarten einzulassen“, sagte die Regisseurin zu ihrem Spielfilm-Debüt. So endet der Film, und die Geschichte von Kian und Mina beginnt.
Die defekte Katze, Deutschland 2018, Regie: Susan Gordanshekan, mit Pegah Ferydoni, Hadi Khanjanpour, Henrike von Kuick, Constantin von Jascheroff, 93 Minuten