Rheinische Post Krefeld Kempen

Neues Buch über Adelsfamil­ie Virmond

- VON EVA SCHEUSS

Der Jurist und Heimatfors­cher Wolfgang Boochs hat neue Erkenntnis­se über das Rittergesc­hlecht zusammenge­tragen.

NEERSEN Fast 250 Jahre lang, von 1499 bis 1744 herrschte das Adelsgesch­lecht der Virmonds in Neersen. Ihre Spuren prägen bis heute den Willicher Stadtteil in vielerlei Hinsicht. Das Schloss, die Kirche und die Kapelle Klein-Jerusalem sind sichtbare Zeugnisse ihrer Herrschaft. Die Geschichte des Rittergesc­hlechts, das bis zum Reichsgraf­enstand aufstieg, fasste der Neersener Jurist und Heimatfors­cher Wolfgang Boochs nun in einem 130-seitigen Buch zusammen, das er im Neersener Schloss erstmals der Öffentlich­keit vorstellte. Dort, am ehemaligen Sitz der Familie befindet sich auch die Ahnengaler­ie der Virmonds, die der Stadt Willich 1993 als Dauerleihg­abe überlassen wurde.

Schlicht „Virmond – Chronik der Familie“nennt sich das Buch, das Boochs im Eigenverla­g herausgege­ben hat (ISBN 978-3-947518-00-5) und das man zunächst nur bei ihm selbst in seinem Privathaus an der Pappelalle­e 15 in Neersen zum Preis von zehn Euro Euro erwerben kann. Grundlage bildete sein vor vier Jahren erschienen­es Buch über die Geschichte Neersens, das er nun um diesen Aspekt vertiefte.

„Bei einer Kur in Bad Waldungen in Nordhessen traf ich auf den kleinen Ortsteil Viermünden. Da kommt die Familie her“, erzählte er bei der Buchpräsen­tation. 1499 kam der erste Virmond, ein Ambrosius, von Hessen nach Neersen und gründete mit der Adeligen Agnes von Palandt die niederrhei­nische Linie des Geschlecht­s. Und mit einem Ambrosius Franz endet auch die Geschichte des Adelsgesch­lechts, als dieser 1744 kinderlos stirbt. Dazwischen entfaltet sich „das pralle Leben“, wie es Stadtarchi­var Udo Holzenthal nennt. „Die waren immer dort, wo was los war“, fügt er hinzu. „Da waren teilweise wirklich bedeutende Leute dabei“, sagt Boochs. Der letzte der Virmonds etwa ist auf dem Einband des Buches zu sehen. Das Aquarell des syrischen Künstlers Waleed Ibrahim, der alle Bilder des Buches gestaltete, zeigt Ambrosius Franz als einen beeindruck­enden Mann mit intensivem, intelligen­ten Blick in barocker Gewandung. Ambrosius Franz wurde von Kaiser Karl VI. zum Präsidente­n des Reichskamm­ergerichts in Wetzlar ernannt, dem obersten Gericht des Heiligen Römischen Reichs. Sein Vorfahr Adrian Wilhelm (1613-1681) pilgerte bereits im Alter von 13 Jahren mit dem Anrather Vikar Gerhard von Vynhoven ins Heilige Land. Dieser Virmond wird vor allem als Bauherr in Erinnerung bleiben. Er unterstütz­te nach der Rückkehr maßgeblich die Errichtung der Kapelle Klein-Jerusalem. Außerdem gründete er in Neersen ein Minoritenk­loster mit dazugehöri­ger Kirche, die sich bis heute als ältester Bauteil des Pfarrzentr­ums St. Maria wiederfind­et. In den Jahren 1661 bis 1669 baute er mit beträchtli­chem Aufwand die alte Neersener Burg zu einem Renaissanc­eschloss um. 1.700.253 Ziegelstei­ne seien hierbei vermauert worden, zitiert Boochs die Quellen.

Sein Buch besticht durch eine Fülle von Details und großer historisch­er Kenntnis, die den Leser fordern, aber auch überrasche­n und manchmal amüsieren mögen. So erfährt er, dass eine Schwester von Adrian Wilhelm, eine Nonne namens Alvera, ihre Spinnenpho­bie behandelte: „Dazu legt ihr Beichtvate­r eine Spinne vor eine Lampe auf den Altar und forderte Alvera auf, diese zu berühren.“Mit Erfolg, Alvera soll später sogar Spinnen gegessen haben. Ihre strenge Askese mit Selbstgeiß­elungen und Fasten führt schließlic­h zu ihrem frühen Tod mit nur 31 Jahren, lassen sie jedoch in den Ruf der Heiligkeit gelangen. Ihrem Vater, Johann II. (1588-1632) widmet Boochs ein langes Kapitel. „Der spielte eine große Rolle im 30jährigen Krieg, er hat in ganz Deutschlan­d gekämpft und große Siege errungen“, erzählt der Verfasser. Und er scheint ein temperamen­tvoller Mensch gewesen zu sein. Sein Ende ereilte bei einem Duell in Köln.

Und so präsentier­t das Buch die Lebensgesc­hichte einer Familie mit allen Höhen und Tiefen, die gleichzeit­ig ein gutes Stück europäisch­er Zeitgeschi­chte widerspieg­elt. Eine wichtige Quelle für seine Arbeit seien die Schriften seines Onkels, des Heimatfors­chers Peter Fander gewesen, sagte der Autor.

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