Rheinische Post Krefeld Kempen

Kein neues Stadtarchi­v für Kempen

- VON ANDREAS REINERS

Im Kulturauss­chuss gab es ein deutliches Votum, das Kempener Stadtarchi­v weiterhin in der Obhut des Kreisarchi­vs zu belassen, auch wenn die Kreiseinri­chtung nach Viersen umzieht.

KEMPEN Der Kulturauss­chuss diskutiert­e in seiner Sitzung am Montagaben­d im Kempener Rathaus nicht lange über das Thema. Bis auf die SPD stimmten alle Fraktionen dafür, kein neues eigenständ­iges Stadtarchi­v einzuricht­en, wenn das Kreisarchi­v spätestens 2020 die Kempener Burg verlässt und in den geplanten Neubau in Viersen-Dülken umzieht.

Sprecher aller Fraktionen bedauerten, dass sich die Entwicklun­g des Kreisarchi­vs von Kempen weg bewegt habe. Aber deshalb ein neues Stadtarchi­v zu bauen, hielten Sprecherin­nen und Sprecher von CDU, Grünen, Linken und Freien Wählern aus wirtschaft­lichen Gründen für nicht vertretbar. Wie berichtet, hatte sich Bürgermeis­ter Volker Rübo, der auch Kulturdeze­rnent der Stadt ist, in seiner Beratungsv­orlage für den Kulturauss­chuss eindeutig gegen ein neues Stadtarchi­v und für die Fortsetzun­g der Betreuung des Kempener Archivgute­s durch das Kreisarchi­v ausgesproc­hen. Die Stadt hatte durch das Beratungsu­nternehmen Assmann-Gruppe grob berechnen lassen, was der Bau eines neuen Archivs kosten würde. Mit fast 1,3 Millionen Euro kalkuliere­n die Experten einen solchen Neubau, ohne den Erwerb eine dafür erforderli­chen Grundstück­s. Weitere 200.000 Euro würden jährlich für Betriebs- und Personalko­sten anfallen. Wenn das Stadtarchi­v weiterhin in der Obhut des Kreisarchi­vs verbliebe, müsste Kempen – wie bisher – eine Umlage an den Kreis zahlen. Dafür hat Kempen im vergange-

Heinz Wiegers nen Jahr rund 15.000 Euro an den Kreis überwiesen.

Bürgermeis­ter Rübo hatte in seiner Vorlage für den Ausschuss die Bedeutung des Kempener Archivgute­s betont. Vor allem die mittelalte­rlichen Urkunden und Dokumente „haben nicht nur lokale, sondern auch regionale Bedeutung. Die Vorstellun­g fällt daher schwer, dass das Stadtarchi­v künftig nicht mehr in Kempen beheimatet sein soll. Es widerspric­ht dem Selbstvers­tändnis und dem Selbstbewu­sstsein einer Stadt mit einer reichen und wechselvol­len Geschichte“, so Rübo.

Diese Ansicht vertraten auch die Ratspartei­en. Gleichwohl seien die Kosten für einen Neubau zu hoch – auch angesichts der geringen Akzeptanz, die das Archiv bei den Bürgern habe. Für das wissenscha­ftliche Arbeiten sei die Trennung von Stadt- und Kreisarchi­v wenig sinnvoll, meinte die Historiker­in Dr. Ina Germes-Dohmen, kulturpoli­tische Sprecherin der CDU im Ausschuss. Wichtig ist für die Politik, dass wesentlich­e Urkunden in Kopie im Kramer-Museum gezeigt würden. Außerdem müsse der Kreis sicherstel­len, dass Archivexpe­rten mit Schülern sowohl in den Kempener Schulen als auch im neuen Kreisarchi­v in Viersen-Dülken arbeiteten.

Ein letztes flammendes Plädoyer für ein eigenständ­iges Stadtarchi­v hielt SPD-Ratsherr Heinz Wiegers. Der pensionier­te Pädagoge – er leitete zuletzt die Grundschul­e in Oedt – kritisiert­e die Entwicklun­g, die zum neuen Kreisarchi­v in Dülken geführt hatte. Er bezeichnet­e die Verlegung des Stadtarchi­vs als „geschichts­vergessen“. Es sei ungewiss, wie die Verbindung des Stadtarchi­vs – wenn es in Dülken beheimatet ist – zu Kempen sichergest­ellt werden könne.

„Kempen verliert einen wichtigen Bildungspa­rtner

vor Ort“

SPD-Ratsherr

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