Rheinische Post Krefeld Kempen
Streitereien eskalieren schneller
Die Gewaltbereitschaft ist gestiegen: In der Kriminalitätsstatistik für 2016 hat die Polizei im Kreis Viersen 423 Fälle von schwerer Körperverletzung erfasst. In den vier Jahren zuvor lag die Zahl jeweils bei unter 400.
KREIS VIERSEN Wer sich streitet, verletzt sich häufig gegenseitig mit Worten – manchmal sind es aber auch Fäuste oder Messer. Dann wird meist die Polizei gerufen, die den Vorfall später in ihrer Kriminalitätsstatistik als gefährliche und schwere Körperverletzung erfasst. Im Kreis Viersen verzeichnete die Polizei 2016 insgesamt 423 solcher Delikte, acht Prozent mehr als 2015. Körperliche Gewalt habe sich in Auseinandersetzungen verstärkt etabliert, sagte Manfred Krüchten, leitender Polizeidirektor im Kreis Viersen, bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik für 2016. Er beobachtet „eine deutliche Enthemmung eines bestimmten Klientels“. Auch gegenüber Polizeibeamten steigt die Gewaltbereitschaft, das belegten Studien. 2015 wurden im Kreis Viersen 72 Fälle von Widerstand gegen Vollzugsbeamte erfasst, 2016 waren es 81.
Insgesamt zählte die Polizei im Kreis Viersen im vergangenen Jahr 18.936 Straftaten, 1,54 Prozent mehr als 2015. „Das ist eine normale Schwankung, die keinen Anlass zur Sorge bietet“, sagte Kriminaldirektor Siegfried Lantermann. Landrat Dr. Andreas Coenen betonte: „Der Kreis Viersen ist sicher.“Jedoch herrsche bei den Einwohnern subjektiv ein Gefühl der Unsicherheit. Als Konsequenz daraus sei etwa die Zahl der Anträge kleiner Waffenscheine 2016 auf 1100 gestiegen – von 139 im Jahr davor.
51,5 Prozent der Straftaten konnte die Polizei aufklären. Das sind 0,8 Prozent mehr als der LandesDurchschnitt, aber 0,7 Prozent weniger als 2015 im Kreis Viersen. Eine Ursache dafür sei der Rückgang an Delikten wie Betrug oder Ladendiebstahl, die meist eine hohe Aufklärungsquote aufweisen, erläuterte Lantermann.
Wohnungseinbrüche Als „Sorgenkind“bezeichnete Lantermann die Zahl der Wohnungseinbrüche und ihre Aufklärungsquote. Nach dem Negativrekord von 2015 ist die Zahl der Wohnungseinbrüche zwar von 907 auf 877 leicht gesunken. Doch gesunken ist auch die Aufklärungsquote: Von 15,1 auf 10,9 Prozent. Lantermann: „Das ist nicht zu- friedenstellend. Da müssen wir besser werden.“Aber „alleine werden wir es nicht schaffen, wir brauchen das wache Auge des Bürgers“. Eine Maßnahme: Es gebe in der Bevölkerung eine Hemmschwelle, die Notrufnummer 110 zu wählen – diese müsse abgebaut werden.
Gewalt Die Polizei verzeichnete 2016 insgesamt 542 Gewaltdelikte. Dazu zählen die 423 Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung, außerdem fünf Tötungsdelikte, wobei die Kriminalhauptstelle Mönchengladbach die Ermittlungen führte. Die Zahl der Vergewaltigungen und schweren sexuellen Nötigung ist von 19 auf acht gesunken, sieben Taten konnten aufgeklärt werden. Die Zahl der Raubdelikte ging von 133 auf 106 zurück.
Diebstahl Die Zahl der Diebstahldelikte ist um 213 Fälle (2,6 Prozent) gesunken, insgesamt machen sie 41,7 Prozent der Gesamtstraftaten aus. Gestiegen ist die Zahl der Einbrüche in Autos: 2015 waren es 1199, 2016 waren es 1292. „Knapp 18 Prozent aller angezeigten Diebstähle sind Fahrraddiebstähle“, sagte Lantermann.
Rauschgift Der Anteil der Rauschgiftkriminalität an den Gesamtstraftaten ist mit 8,2 Prozent so hoch wie 2015. Grund dafür sei die Grenznähe zu den Niederlanden, sagte Lantermann.
Tatverdächtige 8133 Tatverdächtige ermittelte die Polizei, 0,3 Prozent mehr als 2015. Im Land sei jeder fünfte unter 21 Jahre alt, „bei uns ist es jeder vierte“, sagte Lantermann und verwies wieder auf die Grenznähe: Zum Großteil beziehen sich die Vergehen der Jugendlichen auf Drogenschmuggel. Der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen an der Gesamtzahl steige seit Jahren kontinuierlich: Nach 28,8 Prozent im Jahr 2015 lag er im vergangenen Jahr bei 34 Prozent.