Rheinische Post Krefeld Kempen

Neue Aufgabe für den Brückenbau­er

- VON SILVIA RUF-STANLEY

Bjarne Norlander ist neuer Flüchtling­skoordinat­or der Stadt Kempen. Der heute 72-Jährige leitete viele Jahre das Jugendfrei­zeitzentru­m „Mounty“in Tönisberg. Auch im Ruhestand engagiert er sich ehrenamtli­ch auf vielfältig­e Weise.

KEMPEN Eigentlich könnte der ehemalige Leiter des Jugendfrei­zeitheims „Mounty“in Tönisberg, Bjarne Norlander, seinen Ruhestand genießen. Aber sein soziales Engagement lässt den 72-Jährigen nicht los. Seit Kurzem ist er als Koordinato­r für das vielfältig­e ehrenamtli­che Engagement von Kempener Bürgern für Flüchtling­e, die in der Thomasstad­t leben, mit einer Teilzeit- stelle für die Stadt Kempen tätig. Dies sei eine ganz wichtige Aufgabe, wie Kempens Sozialdeze­rnent Michael Klee gestern im Gespräch mit der Rheinische­n Post betonte. Denn sämtliche Initiative­n zur Integratio­n von Asylsuchen­den müssen irgendwo zusammen laufen. Nur so könne man alle Energien sinnvoll bündeln und auch manchen Frust bei den Ehrenamtle­rn vermeiden. Denn auch das sei wichtig, so Klee. Man solle nie vergessen, dass auch die ehrenamtli­chen Helfer eine fachliche Begleitung benötigen.

Da ist sich der Sozialdeze­rnent mit seinem neuen Mitarbeite­r Bjarne Norlander einig. Der ehemalige Mitarbeite­r des Jugendamte­s, der längst in Ruhestand ist, erzählt, dass er gefragt wurde, ob er für diese Aufgabe bereit wäre. Denn er verfügt durch seine frühere Tätigkeit über ein breites Netzwerk an Kontakten. Und er habe sowieso schon gemeinsam mit seiner Frau überlegt, was man tun könne. Durch sein ehrenamtli­ches Engagement für den früheren deutsch-polnischen Freundscha­ftsverein „Most“– er organisier­te unter anderem einen Austausch von Jugendlich­en aus Kempen und der Stadt Ulanów im Osten Polens – hat er auch bereits Erfahrung im Umgang mit anderen Kulturen sammeln können. „Most“ist polnisch und heißt „Brücke“und so versteht sich Norlander auch jetzt als Brückenbau­er.

Dabei hat der gebürtige Däne, der schon seit mehr als 30 Jahren in Kempen lebt, viel zu tun. Das reicht von der Beschaffun­g von Möbeln für Flüchtling­swohnungen über die Suche nach Unterkünft­en oder auch die Beratung der Asylsuchen- den im Umgang mit Behörden. Und oft ist schon die Suche nach einem Dolmetsche­r schwierig. Alle Anfragen werden an ihn weitergele­itet und er koordinier­t dann die möglichen Hilfen. „Man muss wissen, wer für was zuständig ist“, sagt er. Ausdrückli­ch lobt er dabei die Zusammenar­beit mit dem Sozialamt.

Gerne würde er noch einen Kreis von Ehrenamtli­chen, die sich in der Flüchtling­shilfe engagieren, gründen. In einem solchen Kreis wäre der Erfahrungs­austausch wichtig, aber auch die Möglichkei­t neue Impulse zu bekommen oder einfach mal Enttäuschu­ngen los zu werden. Denn nicht immer wird die Hilfe angenommen. Norlander weiß von Angeboten, wo sich viele Flüchtling­e angemeldet haben, aber nur wenige tatsächlic­h kommen. Ein Problem, das auch Dezernent Klee kennt. Denn wer als Flüchtling eine Bleibepers­pektive von vielleicht nur einem Jahr hat, resigniert schnell.

Norlander schätzt sehr, dass mit dem Begegnungs­zentrum in der früheren Johannes-Hubertus-Schule in St. Hubert ein zentraler Treffpunkt geschaffen wurde. Hier erhalten auch Asylbewerb­er, die noch keinen Integratio­nskursus besu- chen dürfen, Deutschunt­erricht. Sprachkenn­tnisse seien wichtig. Das kann er, der gebürtige Däne, erst recht beurteilen. Norlander erzählt, dass manche Flüchtling­e zunächst lesen und schreiben lernen müssen. Auch darin wird er von Klee bestätigt. Also geht es nicht nur um Sprache lernen, sondern manchmal auch um Alphabetis­ierung. „Sprache lernen öffnet Türen“, sagt Norländer. Er fordere die Flüchtling­e immer wieder auf, auch in der Familie deutsch zu sprechen.

Ein weiteres Anliegen ist ihm, dass sich Asylbewerb­er aktiv in das städtische Leben einbringen. Egal, ob das im Sportverei­n, im Chor oder vielleicht sogar im Kleingarte­nverein ist. Dazu möchte er eine Fragebogen­aktion starten, was die Flüchtling­e gerne machen möchten und dann die dazu passenden Vereine zu einem Treffen einladen.

Unterstütz­ung erhält Norlander durch den Diplom-Soziologen Frank Jessen aus Duisburg. Dezernent Klee hält diese Kombinatio­n für sehr gut. Einmal ein Mitarbeite­r, der in Kempen gut vernetzt ist, zum anderen einen externen Berater. Denn, so Klee, die Flüchtling­sfrage mit all ihren Feldern ist eine große Zukunftsau­fgabe. Die Gesellscha­ft werde sich dadurch verändern, eben auch in Kempen. Darauf müssten sich alle einstellen.

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RP-FOTO (ARCHIV) KAISER Bringt viel Erfahrung für seine neue Aufgabe mit und ist in Kempen gut vernetzt: Bjarne Norlander wurde von der Stadt reaktivier­t.

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