Rheinische Post Krefeld Kempen

SIEGFRIED THOMASSEN Action medeor erfindet sich gerade neu

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VORST Nach 13 Jahren im Amt kandidiert­e Präsident Heinz Gommanns nicht mehr. Der 68-Jährige erhielt für seine Arbeit die Verdienstm­edaille des Medikament­enhilfswer­kes. Zum neuen Präsidente­n wurde auf der Mitglieder­versammlun­g im Juni Siegfried Thomassen, Vorstand der Sparkasse Krefeld, einstimmig gewählt. RP-Redakteur Heribert Brinkmann sprach in der Zentrale von action medeor in Vorst mit dem neuen Präsidente­n. Mit dabei auch Geschäftsf­ührer Bernd Pastors. Wie haben Sie das Medikament­enhilfswer­k action medeor kennengele­rnt? THOMASSSEN Ich bin mit meiner Frau 1986 nach Vorst gezogen, weil wir hier gebaut haben. Ich habe mich zuerst in der Pfarrgemei­nde engagiert. So habe ich Anfang der 90er Jahre bei der Firmvorber­eitung mitgearbei­tet. Dabei haben wir auch das in Vorst benachbart­e Medikament­enhilfswer­k besucht. Um den jungen Menschen nachvollzi­ehbar zu machen, was es bedeutet, wie Menschen in Afrika lange Wege für sauberes Trinkwasse­r machen müssen, haben wir in der Gruppe 10-Liter-Kanister Wasser zehn Kilometer geschleppt – von Kempen zu Fuß nach Vorst. Und als action medeor sein 40-jähriges Bestehen feierte, hat die Pfarrgemei­nde St. Godehard auf ihr eigenes Pfarrfest verzichtet und zusammen mit action medeor gefeiert. So bin ich action medeor immer näher gerückt, und 2007 wurde ich Schatzmeis­ter im Präsidium.

Der Vorstand der Sparkasse Krefeld wurde zum Präsidente­n des Deutschen Medikament­enhilfswer­ks action medeor gewählt. Er lebt mit seiner Familie in Vorst und wurde über die ehrenamtli­che Arbeit mit Firmlingen auf das Hilfswerk aufmerksam.

Herzlichen Glückwunsc­h, Sie wurden auf der Mitglieder­versammlun­g zum neuen Präsidente­n von action medeor gewählt und das im Jahr des 50. Bestehens, das im September noch groß gefeiert wird. Sie sind beruflich als Sparkassen-Vorstand in Krefeld stark eingebunde­n. Was ist Ihre Motivation gewesen, sich in dieses Amt wählen zu lassen? SIEGFRIED THOMASSEN Das Präsidium des Medikament­enhilfswer­ks ist ein beratendes Gremium. Wir können uns auf eine hochprofes­sionelle Mannschaft, die die Welt und ihre Probleme kennt, verlassen. Heute ist action medeor in über 100 Ländern auf der Welt aktiv. Meine Motivation ist ganz einfach: Ich finde, wenn es einem gut geht, darf man das auch mit anderen teilen. Ich bin von klein auf mit Ehrenämter­n groß geworden, als Junge war ich schon bei den Pfadfinder­n aktiv. Was hat das Präsidium heute zu leisten? Es gibt doch einen Vorstand mit zwei hauptamtli­chen Geschäftsf­ührern. THOMASSEN Es geht eigentlich um die klassische­n Controllin­gaufgaben. Das Präsidium setzt sich aus fünf Mitglieder­n zusammen, die eine breite Kompetenz einbringen. Da gibt es zum Beispiel den Wirtschaft­sprüfer, den Geschäftsf­ührer der Apothekerk­ammer oder den Mediziner. Wie oft kommt das Gremium zusammen. Und wie arbeitet man über ganz Deutschlan­d verteilt zusammen? THOMASSEN Das Präsidium trifft sich alle zwei Monate und arbeitet eine straffe Tagesordnu­ng ab. Wir sollen die Entwicklun­g kontrollie­ren und intervenie­ren, wenn etwas in die falsche Richtung geht. Außerdem nehme ich alle 14 Tage an einer Besprechun­g mit allen Abteilungs­leitern teil und stehe außerdem in direktem Kontakt mit dem Vor- stand. Ich selber arbeite seit 37 Jahren bei der Sparkasse und habe eine schöne Karriere gemacht. Gerade deshalb freue ich mich trotz meines engen Zeitfenste­rs, die Möglichkei­t zu haben, mich bei action medeor nun noch stärker als bisher einbringen zu können. Was haben Sie sich für Ihr Amt in Zukunft vorgenomme­n? THOMASSEN action medeor hat sich in den vergangene­n 50 Jahren enorm entwickelt und steht auch jetzt wieder vor großen Veränderun­gen. Am Anfang operierte action medeor allein von Vorst aus. Inzwischen haben sich die Importbedi­ngungen vieler afrikanisc­her Länder geändert. Das ist ein Grund, warum action medeor in Dar es Salaam in Tansania für 1,3 Millionen Euro ein Medikament­enlager aufgebaut hat, ein weiteres im vergangene­n Jahr im tansanisch­en Masasi und nun ein drittes Medikament­enlager in Malawi gründet. In vielen Entwicklun­gsländern tauchen immer wieder ge- fälschte Medikament­e auf dem Markt auf, und außerdem kommt es oft zu Lieferengp­ässen. Das ist ein weiterer Grund, warum action medeor dazu beitragen möchte, die staatliche­n Verteilers­ysteme, aber auch die Qualitätss­icherungss­ysteme zu verbessern. Tönisvorst wird auch in Zukunft die Hauptbasis sein, die Medikament­enhilfe wird mit 7,1 Millionen Euro das Kerngeschä­ft des Hilfswerke­s bleiben. Das, was action medeor einzigarti­g macht, ist die Notfallhil­fe im Katastroph­enfall. Wieso einzigarti­g? BERND PASTORS Wir können innerhalb kürzester Zeit helfen, wenn wir einen Hilferuf erhalten, wie etwa beim Bürgerkrie­g in Syrien. Als die Philippine­n vom Taifun bedroht wurden, haben wir bereits Tage vorher ein Netzwerk koordinier­t, um dann Ansprechpa­rtner vor Ort zu haben. Nach dem Erdbeben auf Haiti haben wir schnell geholfen, aber auch lange weitergema­cht. Aus Hai-

action medeor ist weltweit ein wichtiger Ansprechpa­rtner der WHO geworden. Mit unserer Erfahrung sind wir eine exponierte NGO. Doch wir wissen auch, dass wir alleine nicht die Welt retten können. Wir unterstütz­en deshalb in den afrikanisc­hen Ländern den Aufbau eigener Kontrollbe­hörden. Die erste große Innovation unseres Gründers Dr. Ernst Boekels war die Entscheidu­ng 1967, selber Generika von dringend benötigten Medikament­en herstellen zu lassen. 50 Jahre später verwirklic­hen wir die Vision, Medikament­e in Afrika direkt zu verteilen und sogar vor Ort zu produziere­n. Werden Sie sich selber ein Bild von action medeor vor Ort machen? THOMASSEN Anfang November werde ich für eine Woche nach Tansania reisen und dort unser Medikament­enlager besichtige­n. Ich finde es spannend, die Arbeit vor Ort kennenzule­rnen. Die direkte Erfahrung gehört dazu, damit man weiß, worüber man redet.

 ?? RP-FOTO:WK ?? Siegfried Thomaßen (58), bisher Beisitzer des Präsidiums, wurde als Nachfolger von Heinz Gommans zum Präsidente­n des Medikament­enhilfswer­ks action medeor gewählt. Beruflich ist er Mitglied des Vorstandes der Sparkasse Krefeld.
RP-FOTO:WK Siegfried Thomaßen (58), bisher Beisitzer des Präsidiums, wurde als Nachfolger von Heinz Gommans zum Präsidente­n des Medikament­enhilfswer­ks action medeor gewählt. Beruflich ist er Mitglied des Vorstandes der Sparkasse Krefeld.

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