„Die Altlastenbeseitigung muss Priorität haben“
Wie geht es weiter fürs Hallenbadareal in Kleve? Neue Wohnbebauung scheint wegen Rückständen eines Gaswerks in weite Ferne gerückt zu sein. Die Idee der Bestandsnutzung kommt aber an. Die Offenen Klever schlagen vor, eine historische Parkanlage wiederherz
Das Thema Hallenbadareal wird Politik und Verwaltung in Kleve in den nächsten Monaten so stark beschäftigen wie kein anderes. Die Lage ist vertrackt. Eigentlich hatte die Stadt (und die Stadtwerke als Eigentümer) geplant, das seit 2018 ungenutzte Hallenbad abzureißen und dort Wohnungsbau zu ermöglichen. Zuletzt aber ergab ein Gespräch mit der Kreisverwaltung als Untere Bodenschutzbehörde, dass die Altlasten eines mehr als 100 Jahre alten Gaswerks wohl umfangreicher sind als gedacht. Das könnte die Pläne auf den Kopf stellen. Wie berichtet hat der Investor Clemens Wilmsen nun vorgeschlagen, im Bestand Wohnungen unterzubringen.
Doch wie reagiert der Rat auf die Entwicklungen? Georg Hiob, Fraktionsvorsitzender der CDU, erklärt, dass der Plan des Investors eine Option sei – es gebe aber womöglich noch andere. Man müsse zunächst einmal die schriftliche Stellungnahme des Kreises abwarten. „Man darf auch nicht vergessen, dass die Einnahmen aus dem Grundstücksverkauf eingeschlossen sind in die Finanzierung des neuen Kombibads. Wenn die nicht kommen, müssten wir als Stadt dafür geradestehen“, sagt Hiob. Der CDU-Politiker verweist auf die Landesgartenschau 2029: „Im Rahmen von Landesgartenschauen
sind bereits viele Industriebrachen hergerichtet worden.“
Hedwig Meyer-Wilmes, Fraktionschefin der Grünen, erklärt, der Wilmsen-Idee einiges abgewinnen zu können: „Deshalb wollten wir auch eine Diskussion der Konzeptvergabe.“Die Stadtverordnete verweist aber auch auf ein zehn Jahre altes Gutachten zur Bausubstanz des Hallenbades. „Fraglich ist, inwieweit die Chlormenge im Gemäuer eine Rolle spielt“, sagt Meyer-Wilmes. „Wir Grüne haben aber immer befürwortet, dass auf der bisherigen
Bebauung etwas entsteht.“
FDP-Fraktionschef Daniel Rütter zweifelt daran, dass man das Hallenbad im Bestand nutzen kann. „Es wäre für mich sehr überraschend, wenn das gehen würde. Bevor das Sternbuschbad gebaut wurde, hieß es, dass das Hallenbad so marode sei, dass es nicht zu sanieren sei. Dass das Gebäude jetzt so toll in Schuss sein soll, wäre bemerkenswert.“Und: „Man muss sich nun wirklich Gedanken über die Altlasten machen. Angesichts der erheblichen Belastungen habe ich überhaupt
nicht die Vermarktung und Bebauung des Geländes im Kopf, sondern die Entgiftung des Bodens.“Eine Aufwertung des Areals könne aber tatsächlich ein Projekt im Rahmen der Landesgartenschau sein.
Udo Weinrich, Fraktionsvorsitzender der Offenen Klever, hält die Idee von Wilmsen für diskussionswürdig. „Aus unserer Sicht ist eine Bebauung, die ins Erdreich eindringt, ausgeschlossen. Die Altlastenbeseitigung muss Priorität haben. Wir können uns auch nicht vorstellen, dass irgendjemand dieses Grundstück für mehr als einen symbolischen Euro kauft“, sagt der Stadtverordnete. Er hat aber noch einen anderen Vorschlag: Im Rahmen der Landesgartenschau könnte aus der Fläche eine Parkanlage werden, die es bereits an der Stelle gegeben hat. Es befand sich am Kermisdahl einst ein kurfürstlicher „Baum- und Lustgarten“. „Die Renaturierung wäre eine ernsthafte Möglichkeit“, so Weinrich.
Peter Brückner (SPD) äußert bautechnische Bedenken mit Blick auf eine Nutzung im Bestand. „Ein Hallenbad war nicht zum Wohnen gedacht. Wenn aber alle Fragen zum Brand-, Schall- und Wärmeschutz geklärt sind, und eine Umsetzung realistisch ist, wäre das eine Option“, sagt Brückner, der als Tiefbauingenieur Altlastensanierungen durchgeführt hat. Er hatte schon im September gewarnt, dass die Belastung im Boden ärger sein könnte als von der Stadt erwartet. Klar sei: Eine Altlastensanierung sei eine teure Herkulesaufgabe. „Die Emissionen, die von Gefahrstoffen bei Bauarbeiten ausgehen, gelangen vielleicht auch über den Boden-Luft-Austausch oder das Grundwasser in Pflanzen, die oben wachsen“, sagt Brückner. „Bäume oder Sträucher holen dann unter Umständen Dinge an die Oberfläche, die man besser nicht an die Oberfläche holt.“Der Sozialdemokrat erklärt, dass man auch eine Bodenplatte errichten könne, auf der gestaltet werden könnte – dann müsse man nicht in den Boden „gehen“. „Allerdings gibt es dann keine Gärten“, sagt er. Mit Blick auf den OK-Vorschlag meint Brückner: „Ich muss aber gucken, da keine tiefwurzelnden Pflanzen zu haben.“