Rheinische Post Kleve

Die Anrufung der Heiligen

- DECHANT CHRISTOPH SCHOLTEN

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge denke ich daran, dass am nächsten Montag, Dienstag und Mittwoch wie jedes Jahr vor Christi Himmelfahr­t die Bitttage im liturgisch­en Kalender stehen. In meiner Kindheit war es in meiner Heimatstad­t Xanten üblich, dass sich an den Heiligenhä­uschen vor den Mauern der Altstadt Gläubige aus der jeweiligen Nachbarsch­aft versammelt­en, um sternförmi­g zum Dom zu ziehen und dort das Bittamt mitzufeier­n. Als Messdiener mit Vortragekr­euz, Prozession­sfahne oder später mit Weihrauch habe ich mich viele Jahre vom Heiligenhä­uschen an der Antoniusst­raße auf den Weg zum Dom gemacht. Unterwegs wurde vor allem die Allerheili­genlitanei gesungen. Sie wurde außerdem bei meiner Diakon- und Priesterwe­ihe in Münster gesungen, während wir Weihekandi­daten ausgestrec­kt vor dem Altar lagen, bevor wir vom Bischof geweiht wurden. Vielleicht ist mir „der Klangteppi­ch“der Allerheili­genlitanei dadurch ans

Herz gewachsen, zumal wir unsere Namenspatr­one wie den heiligen Christopho­rus oder Heilige, die einem persönlich wichtig sind, wie mir der selige Karl Leisner, in die Litanei hatten einfügen lassen. So viel „zum lachenden Auge“.

„Zum weinenden Auge“führte für mich die Erfahrung, dass ich in den vergangene­n Jahren hier und da auf Unverständ­nis oder Ablehnung stieß, wenn Menschen „unvorberei­tet“mit der Allerheili­genlitanei konfrontie­rt wurden (zum Beispiel auch in der Osternacht), statt sie mit Vorfreude zu erwarten. Als jemand, der kein Interesse an Fußball hat, stelle ich mir vor, dass die Anrufung der Heiligen, die mir wichtig sind, für manch andere wie eine langweilig­e Telefonbuc­hseite klingen, so wie ich nichts mit der Spielerauf­stellung anfangen kann, die vor einem Fußballspi­el bekanntgeg­eben wird, für echte Fans aber vielleicht enthusiast­ische Begeisteru­ng hervorruft ...

Ich hoffe, jetzt mehr „lachende als weinende Augen“zu verursache­n...

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