Die Anrufung der Heiligen
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge denke ich daran, dass am nächsten Montag, Dienstag und Mittwoch wie jedes Jahr vor Christi Himmelfahrt die Bitttage im liturgischen Kalender stehen. In meiner Kindheit war es in meiner Heimatstadt Xanten üblich, dass sich an den Heiligenhäuschen vor den Mauern der Altstadt Gläubige aus der jeweiligen Nachbarschaft versammelten, um sternförmig zum Dom zu ziehen und dort das Bittamt mitzufeiern. Als Messdiener mit Vortragekreuz, Prozessionsfahne oder später mit Weihrauch habe ich mich viele Jahre vom Heiligenhäuschen an der Antoniusstraße auf den Weg zum Dom gemacht. Unterwegs wurde vor allem die Allerheiligenlitanei gesungen. Sie wurde außerdem bei meiner Diakon- und Priesterweihe in Münster gesungen, während wir Weihekandidaten ausgestreckt vor dem Altar lagen, bevor wir vom Bischof geweiht wurden. Vielleicht ist mir „der Klangteppich“der Allerheiligenlitanei dadurch ans
Herz gewachsen, zumal wir unsere Namenspatrone wie den heiligen Christophorus oder Heilige, die einem persönlich wichtig sind, wie mir der selige Karl Leisner, in die Litanei hatten einfügen lassen. So viel „zum lachenden Auge“.
„Zum weinenden Auge“führte für mich die Erfahrung, dass ich in den vergangenen Jahren hier und da auf Unverständnis oder Ablehnung stieß, wenn Menschen „unvorbereitet“mit der Allerheiligenlitanei konfrontiert wurden (zum Beispiel auch in der Osternacht), statt sie mit Vorfreude zu erwarten. Als jemand, der kein Interesse an Fußball hat, stelle ich mir vor, dass die Anrufung der Heiligen, die mir wichtig sind, für manch andere wie eine langweilige Telefonbuchseite klingen, so wie ich nichts mit der Spieleraufstellung anfangen kann, die vor einem Fußballspiel bekanntgegeben wird, für echte Fans aber vielleicht enthusiastische Begeisterung hervorruft ...
Ich hoffe, jetzt mehr „lachende als weinende Augen“zu verursachen...