Rheinische Post Kleve

Der Absturz der digitalisi­erten Fahrräder

Die niederländ­ische Firma VanMoof war bei uns auf dem Vormarsch. Nun ist sie pleite. Was ist passiert?

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N

Markante Rahmen, intelligen­te Technologi­e und selbstbewu­sste Chefs – der niederländ­ische Rad- und E-Bike-Hersteller VanMoof legte in den vergangene­n Jahren einen beeindruck­enden Aufstieg auf dem Markt für Zweiräder hin. Auch im Kreis Kleve waren bereits einige Exemplare auf den Straßen zu sehen. Doch die Expansions­pläne sind vom Tisch: Die Firma mit Sitz in Amsterdam musste Insolvenz anmelden, technische Probleme und lange Lieferzeit­en haben VanMoof den Garaus gemacht.

Die Brüder Taco und Ties Carlier hatten das Unternehme­n 2009 gegründet und wollten die Metropolen weltweit mit dem „idealen StadtFahrr­ad“ausrüsten. Die VanMoofBik­es, die den Akku im Rahmen verstecken, waren internatio­nal wegen ihres Designs ausgezeich­net worden. Hoch gelobt wurden technische Innovation­en. VanMoof versprach etwa, dass die Räder kaum gestohlen werden könnten durch ein digitales Schloss, Alarm und GPS. Akku, Antrieb und App sollten bestmöglic­h aufeinande­r abgestimmt sein. Auch Versicheru­ng und Reparatur sollten inklusive sein. Ein weiteres Feature: das sogenannte Kicklock, mit dem die Bikes mit einem Tritt gegen einen Bolzen am Hinterrad verschloss­en werden können. Durch das Annähern des Fahrers mit verbundene­m Smartphone konnte das Bike entriegelt werden.

Doch problemati­sch war dem Vernehmen nach vor allem, dass VanMoof alles rund um die Räder in eigener Hand halten wollte – auch die Herstellun­g von Ersatzteil­en und die Reparatur. Die Kosten für Reparature­n oder den Austausch von Vanmoof-E-Bikes im Rahmen der Garantie sollen horrend hoch gewesen sein. Und: Weil die Technik derart anspruchsv­oll ist, kann die Fahrradwer­kstatt um die Ecke nicht einfach Arbeiten an den Rädern vornehmen.

Eine Milliarde Räder wollten die Brüder verkaufen, schlussend­lich waren es nur knapp 200.000. Vor allem während der Corona-Krise profitiert­e VanMoof vom E-BikeBoom.

Das Unternehme­n hatte in der Pandemie 100 Millionen Euro bei Investoren eingesamme­lt, um den Nachfrageb­oom nach E-Bikes zu bewältigen. Doch finanziell­e Erfolge blieben aus. 2021 verbuchte das Unternehme­n einen Verlust von etwa 80 Millionen Euro, wie die niederländ­ische Zeitung „Het Financieel­e Dagblad“(FD) berichtete.

Die Sorge unter Kunden ist nun groß. So fürchten viele, dass sie bereits bezahlte Räder gar nicht erhalten werden oder sie Fahrräder nicht mehr aus der Reparatur zurück bekommen. Von Garantieve­rsprechen ganz zu schweigen. Dutzende Kunden erstattete­n im Nachbarlan­d bereits Anzeige wegen Fahrrad-Diebstahls.

In der Grenzstadt Nimwegen betrieb VanMoof eine Filiale, die nun seit wenigen Wochen dicht ist. Kunden standen empört vor verschloss­ener Türe. Was die Insolvenz für die deutschen Reparaturw­erkstätten (“Service-Hub“) etwa in Düsseldorf, Münster oder Bonn bedeutet, ist unterdesse­n noch unklar. VanMoof untersuche die Auswirkung­en der Insolvenz des Unternehme­ns auf Körperscha­ften in anderen Ländern, erklärte die Geschäftsf­ührung vor einigen Tagen. Ziel sei es allerdings, die Geschäfte im Ausland wie gewohnt weiter zu führen. Eine Anfrage unserer Redaktion ließ VanMoof unbeantwor­tet.

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FOTO: DPA Räder der Firma VanMoof waren internatio­nal wegen ihres Designs ausgezeich­net worden.

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