Rheinische Post Kleve

Bei Energiepre­isen kühlen Kopf bewahren

- VON BIRGIT MARSCHALL

Die Energiepre­ise sind in Europa innerhalb eines Jahres um mehr als 30 Prozent gestiegen. Das belastet zweifelsoh­ne Bürger und Unternehme­n – die mit geringen Einkommen und die mit den weitesten Arbeitsweg­en am meisten. Würde Russland in die Ukraine einmarschi­eren und der Westen mit massiven Wirtschaft­ssanktione­n reagieren, ist klar, dass das einen hohen Preis auch für uns hätte: Energie würde knapper, die Preise für Gas und Öl schössen weiter in die Höhe. Die Industrie ist in einer neuen Umfrage schon ohne eine solche mögliche Zuspitzung alarmiert. Der Industriev­erband BDI erinnert an die Ölpreissch­ocks der 70er-Jahre, die in die Rezession geführt hatten. Er fordert die Regierung jetzt unmittelba­r zum Handeln auf.

Vom Alarmismus der mächtigen Lobby-Verbände und der Opposition sollte sich die Regierung aber jetzt nicht anstecken lassen. Der Staat muss aus sozialen Gründen dort aktiv werden, wo Menschen bedürftig sind. Wer aber nicht bedürftig ist, wird die aktuellen Preisansti­ege leider weitgehend aushalten müssen, auch die Industrie. Würde der Staat immer dann versuchen, die momentanen Preise zu drücken, wenn sie aufgrund von Knappheite­n stark steigen, käme er schnell an seine Grenzen, und das Knappheits­problem wäre nicht gelöst.

Zu hören ist, dass die Ampel längst ein Entlastung­spaket für Bürger und Betriebe vorbereite­t. Keine weltpoliti­sche Lage sollte die Regierung dabei aber vom klimapolit­ischen Kurs abbringen. Mit anderen Worten: Bei jedem Schritt, den die Regierung plant, muss der ökologisch­e Lenkungsef­fekt mitbedacht werden. Wird der CO2-Ausstoß dadurch eher erhöht oder gesenkt? Die Anhebung der Pendlerpau­schale etwa würde die CO2-Bepreisung konterkari­eren, die darauf zielt, den Verbrauch von Gas, Öl und Benzin zu verteuern. BERICHT INDUSTRIE SCHLÄGT ALARM, WIRTSCHAFT

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