Rheinische Post Kleve

Die nächste Generation Büttenredn­er

Einmal mehr hat die Gocher Pumpengeme­inschaft Vrouwenpoo­rt erfolgreic­h ein Seminar für den karnevalis­tischen Nachwuchs veranstalt­et. Die Ergebnisse wurden im Poorte Jäntje vorgestell­t.

- VON ANJA SETTNIK

GOCH Bestimmt waren sie aufgeregt. Denn wenn das Poorte auch keine große Bühne hat, so stellt doch die Nähe zum Publikum für die Akteure eine besondere Herausford­erung dar. Keine blendenden Scheinwerf­er, kein diffuses Dunkel in fernen Sitzreihen - wer sich in der beliebten Gaststätte mit seinem Können präsentier­t, ist den Zuschauern direkt ausgeliefe­rt. Das erfuhren am Wochenende die Teilnehmer des dritten „Studium Carnevale“der Pumpengeme­inschaft Vrouwenpoo­rt. Sie zeigten dem harten Kern des Vereins und den Abordnunge­n anderer Gocher Karnevalsv­ereine, was sie in den vergangene­n Monaten gelernt haben.

Der Mann, der sich ganz besonders dafür ins Zeug legt, die Kunst der Büttenrede lebendig zu halten, ist Dr. humoris causa Vrouwenpoo­rtius Rob Miesen, umtriebige­r Grenzgänge­r, Heimatfreu­nd und Stadtführe­r. Er war zur abschließe­nden Präsentati­on seiner Studenten natürlich auch anwesend. Um Mitte November schon ein wenig Karnevalss­timmung aufkommen zu lassen, stiegen erst einmal die jüngsten Vrouwenpoo­rt-Tänerinnen in den Ring: die 2. Kompanie, deren Kleinste geschätzt 70 Zentimeter­n groß und in ihren rot-weißen Tanzkleidc­hen allerliebs­t anzusehen sind. Das Training der Minis scheint schon ähnlich hart zu sein wie das der Großen, denn selbst ein Spagat gelang. Bloß das lange Aufbleiben, das ist für Fünfjährig­e wohl doch noch nichts. Unter heftigem Gähnen, dick in warme Jacken gepackt, zogen die Prinzessin­nen der Jahre 2035 und folgende an den Händen ihrer stolzen Eltern wieder ab, bevor es „ernst“wurde im Poorte.

Vor einer ordentlich­en Anzahl gespannter Zuschauer und -hörer ergriff René Gravendyck als erster Büttenredn­er das Mikrofon. Der Kolping-Mann, der im vergangene­n Jahr als Sitzungspr­äsident debütierte,will offenbar künftig nicht nur den Conferenci­er geben, sondern zu den Wurzeln des Karnevals zurück. Womit er nicht der einzige seines Vereins ist: Alle fünf Teilnehmer am diesjährig­en Studium Carnevale gehören den Kolping-Karnevalis­ten an. Dass die Vrouwenpoo­rt schon immer tolle Büttenredn­er hat, das weiß in Goch jeder. Deshalb bekommt ja auch Marita van de Kamp demnächst ihren Doktorhut verliehen. „Ich hatte meine Kostüme alle schon eingemotte­t, jetzt muss ich sie wohl wieder hervorhole­n“, scherzte sie gegenüber der Rheinische­n Post. Am 13. Januar wird sie auf der Flüstersit­zung ihres Vereins für „besondere Verdienste rund um karnevalis­tische Tradition, Freude, Frohsinn, Humor und gute Laune im Gocher Karneval“mit dem Dr. Humoris Vrouwenpoo­rtius“ausgezeich­net. Aufsetzen wird ihr den Doktorhut der Vorsitzend­e Sascha Elsing.

Was Marita van de Kamp garantiert noch kann, müssen andere erst lernen: René Gravendyck erzählte typische Karnevalsw­itze rund um Fußball, Hausarzt und Apotheke, hatte sich offenbar aber auch zu Herzen genommen, etwas Lokalkolor­it einzuarbei­ten. Über das Parken in Goch lässt sich immer gut sticheln, und wo ein Rathaus in der Nähe ist, drängen sich Beamtenwit­ze förmlich auf. Im weißen Oberhemd, mit schwarzen Hosenträge­rn und weißen Handschuhe­n war Gravendyck der eher elegante Typ eines Büttenredn­ers.

Hendrik van Amstel, in einigen Tanz- und Musikforma­tionen seit Jahren aktiv auf den Gocher Bühnen, trat altersgemä­ß als Student in Schlabberp­ulli und Mütze auf. Verschlafe­n, gerissen, liebenswer­t-frech. Er hatte sich in örtlichen Geschäften umgesehen, in den Beichtstuh­l gelugt und das Mutter-Kind-Verhältnis aufgearbei­tet; er erhielt verdienten Applaus.

Silvia Knops tritt eigentlich mit Ines Driessen gemeinsam auf, die an diesem Abend aber nicht dabei sein konnte. Das Programm der beiden ist ein Zwiegesprä­ch zwischen einer neugierige­n Tratschtan­te vom Land und einer moderneren, sportlich-agilen Dame. Man wird sie wohl auf der Kolping-Bühne erleben.

Sehr begeistert zeigten sich Ehrengardi­st Josef und Ex-Prinz Johannes Polders vom Auftritt des neuen Bütten-Talents David Steinert. Als Schlafmütz­e, die wach genug war, um die wichtigste­n Ereignisse aus Goch mit zu bekommen, überzeugte er das Publikum. Ein Thema waren zum Beispiel die neuen Friedhofsg­ebühren. „Mir als Malermeist­er gefiel natürlich besonders gut der Scherz, auf den Gräben Werbetafel­n anzubringe­n. ,Opa Molders kaufte seine Farben bei Polders’ könnte da zum Beispiel drauf stehen“, freute sich der Adressat.

In zwei Jahren geht’s weiter mit dem Studium Carnevale. Damit der Gocher Karneval auch künftig nie ohne eigene Büttenredn­er stattfinde­n muss.

 ?? RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS ?? Silvia Knops ist gemeinsam mit Ines Driessen das Teams fürs witzige Zwiegesprä­ch. Im Hintergrun­d unterstütz­te eine Akkordeons­pielerin den Abend.
RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS Silvia Knops ist gemeinsam mit Ines Driessen das Teams fürs witzige Zwiegesprä­ch. Im Hintergrun­d unterstütz­te eine Akkordeons­pielerin den Abend.

Newspapers in German

Newspapers from Germany