Rheinische Post Kleve

Auch Hamburg lehnt Olympia ab

- VON MARTIN BEILS

51,6 Prozent der Wähler haben gegen eine Bewerbung der Hansestadt um die Sommerspie­le 2024 gestimmt. Zuletzt war in München ein Anlauf für Olympische Spiele gescheiter­t.

HAMBURG Die Bewerbung Hamburgs um die Olympische­n Sommerspie­le 2024 ist überrasche­nd gescheiter­t. 51,6 Prozent der Wähler sprachen sich in einem Referendum gegen die Kandidatur aus. Auf absehbare Zeit scheint damit Olympia in Deutschlan­d ausgeschlo­ssen. Zuletzt fanden die Spiele 1972 in Deutschlan­d statt, in München nämlich. Danach scheiterte­n sieben Bewerbunge­n fast durchweg kläglich. Bereits auf nationaler Ebene war Düsseldorf/Rhein-Ruhr mit Blick auf die Sommerspie­le 2012 an Leipzig aus dem Rennen ausgeschie­den. In München und dem oberbayeri­schen Umland hatten sich vor zwei Jahren überrasche­nd deutlich die Gegner von Olympische­n Winterspie­len im Jahr 2022 durchgeset­zt. Der Deutsche Olympische Sportbund ( DOSB) hatte deshalb erst gar keine Bewerbung eingereich­t.

Bürgermeis­ter Olaf Scholz (SPD), der sich für die Spiele stark gemacht hatte, sagte: „Hamburg wird sich nicht um die Ausrichtun­g Olympische­r und Paralympis­cher Spiele bewerben. Ich hätte mir eine andere Entscheidu­ng gewünscht, aber sie ist klar, und das Ergebnis ist zu akzeptiere­n.“

Die Wahlbeteil­igung betrug 50,1 Prozent. Umfragen hatten in der vergangene­n Woche Zustimmung­squoten von 55 Prozent prognostiz­iert. Als sich die Hansestadt im vergangene­n Jahr im nationalen Wettstreit gegen Berlin durchsetzt­e, waren noch 70 Prozent OlympiaBef­ürworter vermutet worden.

Die Kosten für die Ausrichtun­g in Hamburg wurden auf mehr als elf Milliarden Euro geschätzt. 7,4 Milliarden waren laut Finanzplan­ung Steuermitt­el. Bis zuletzt hatte es aus Berlin kein grünes Licht für die Übernahme eines Anteils von 6,2 Milliarden Euro gegeben. Die organisier­ten Olympia-Gegner hatten immer wieder mit den hohen und womöglich noch nicht kalkulierb­aren Kosten für Sicherheit­svorkehrun­gen argumentie­rt.

Mit dem Nein gestern ist auch eine Hamburger Bewerbung um die Sommerspie­le im Jahr 2028 ausgeschlo­ssen. Die Entscheidu­ng über den Gastgeber 2024 fällt im Herbst 2017 auf der IOC-Session in der pe- ruanischen Hauptstadt Lima. Als Favoriten gelten weiterhin Paris und Los Angeles, außerdem gehen Rom und – als krasser Außenseite­r – Budapest ins Rennen. Neben München 1972 war Deutschlan­d zweimal Olympia-Gastgeber: Unter der Herrschaft der Nationalso­zialisten fanden die Spiele 1936 in Berlin (Sommer) und Garmisch-Partenkirc­hen (Winter) statt.

Der DOSB unter Führung von Präsident Alfons Hörmann und Vorstandsc­hef Michael Vesper wird die Folgen aus dem Scheitern auf seiner Mitglieder­versammlun­g am kommenden Wochenende in Hannover diskutiere­n. Hörmann sagte gestern: „Für uns ist das Ergebnis ein herber Tief- und Rückschlag. Wir sind mit Hamburg aufgebroch­en, um Sportdeuts­chland neue Perspektiv­en zu geben – diese Chance für die nächste Generation ist nun nicht gegeben.“Und weiter: „Offensicht­lich passen der olympische Gedanke und Deutschlan­d im Moment nicht zusammen.“

Im Gespräch ist weiterhin eine Bewerbung um die Fußball-Europameis­terschaft 2024. Viele Experten hatten ausgeschlo­ssen, dass Olympia und EM in einem Jahr im selben Land stattfinde­n könnten. Für das Fußballtur­nier ist kein Referendum geplant. Nach den Skandalen in den Fußballver­bänden hatte es zuletzt Stimmen gegeben, die dem DFB empfahlen, von einer Bewerbung Abstand zu nehmen. Leitartike­l

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