Viele Impftermine bleiben ungenutzt
Impfzentren berichten, dass immer mehr Bürger ihren Termin nicht wahrnehmen. Viele hatten sich offenbar auch beim Hausarzt gemeldet und lieber diese Option genutzt. Das stellt die Zentren vor zunehmende Herausforderungen.
KÖLN In Köln musste man zuletzt kreativ werden. Rund 10.000 Termine für die Impfung gegen das Coronavirus waren zu Beginn der vergangenen Woche im Impfzentrum noch frei. „Nach und nach konnten wir in der Woche dann zwar noch Termine vergeben, aber 1000 Impfdosen waren am Ende doch übrig“, sagt Johannes Nießen, Leiter des Kölner Gesundheitsamtes. Das Problem: Viele Impfwillige erschienen einfach nicht zu ihren Terminen.
Das Phänomen gibt es auch in anderen Städten, in unterschiedlich starker Ausprägung. In Düsseldorf sollen zuletzt täglich zwischen drei und fünf Termine nicht angetreten worden sein. Viele Impfwillige versuchen ihr Glück offenbar über Impfzentrum und Hausarzt parallel – und nehmen dann den Termin, der früher klappt. Weil es kein zentrales System zur Erfassung gibt, wird nirgendwo koordiniert oder abgeglichen, wer sich wo angemeldet hat. Selbst die Kassenärztlichen Vereinigungen in Nordrhein und Westfalen-Lippe setzen jeweils auf ein eigenes Terminvergabesystem. Viele Fälle werden daher vor Ort erst bekannt, wenn die Impfwilligen nicht erscheinen.
„Das wird in Zukunft sicherlich noch häufiger vorkommen“, sagt eine Sprecherin des Hausärzteverbands Nordrhein. Denn ab 1. Mai werden zum Beispiel die Wohnortprinzipien von der Landesregierung aufgehoben, sodass Impftermine in NRW nicht mehr nur dort vereinbart werden können, wo man gemeldet ist. Die Problematik Hausarzt/Impfzentrum bleibt gleichzeitig bestehen. Eigentlich habe es klare Absprachen gegeben, wer im Impfzentrum geimpft wird und wer beim Hausarzt, kritisiert der Verband. Die Politik hat aus Sicht der Hausärzte diese Vereinbarungen durch Änderungen bei Impfreihenfolge & Co. aufgeweicht. „Das ist jetzt die Konsequenz“, sagt die Sprecherin mit Blick auf die Terminausfälle: „Die Leute sagen sich: Okay, dann probiere ich es beim Hausarzt und beim Impfzentrum.“
Manche würden die Termine verfallen lassen, weil sie sich lieber bei ihrem Hausarzt impfen lassen wollten, sagt auch Johannes Nießen. Aus seiner Sicht gab es zuletzt aber noch einen anderen Grund: „Es gab auch das Problem, dass einigen Menschen in den Callcentern gesagt wurde, sie könnten sich jetzt auch beim Hausarzt impfen lassen – die Kassenärztliche Vereinigung hat die Callcenter-Agenten inzwischen nochmal nachgeschult.“Plan sei ja, dass die Impfungen in den Impfzentren und bei den Hausärzten „Hand in Hand gehen“. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein ließ eine Anfrage am Sonntag unbeantwortet.
Verloren geht der Impfstoff dadurch allerdings nicht, versichert Nießen. „Bei Biontech haben wir aber einen höheren Druck, weil der Impfstoff innerhalb von fünf Tagen verimpft werden muss, wenn er enteist wurde“, sagt der Chef des Kölner
Gesundheitsamtes. Anfangs seien mit übrigen Dosen Feuerwehrleute und Rettungssanitäter geimpft worden, inzwischen gingen sie an Lehrkräfte an weiterführenden Schulen, pflegende Angehörige oder an die Partner von Schwangeren. 5000 Lehrer seien gerade mit einem Impfangebot angeschrieben worden.
Und auch das Land hat reagiert. Man habe die Impfzentren im jüngsten Impferlass gebeten, Überbuchungen von zehn Prozent zuzulassen, hieß es vonseiten des Ministeriums. Genaue Zahlen, wie viele Termine insgesamt nicht angetreten werden, hat man allerdings nicht. Aus Sicht von Johannes Nießen würde auch eine andere Maßnahme helfen: Bürger müssten ihren Impftermin einfach absagen, wenn sie ihn nicht wahrnehmen können oder wollen. Dann könnten diese frühzeitig an andere vergeben werden.