FDP hofft auf Schwarz-Gelb im Bund
Auf ihrem ersten digitalen Landesparteitag kritisieren die Liberalen die Bundes-Notbremse. Manche hoffen im September auf ein Bündnis mit der CDU, Parteichef Lindner möchte sich nicht festlegen.
DÜSSELDORF Dass dieser Parteitag der nordrhein-westfälischen FDP anders war als alle vorherigen, konnte man mit geschlossenen Augen bemerken. Kein großer Applaus ertönte nach den Redebeiträgen, er verhallte im fast-leeren Raum.
Der Parteitag der FDP fand erstmals digital statt, nur wenige Delegierte waren vor Ort, die meisten wurden digital in die Kölner Veranstaltungshalle zugeschaltet. Und so war auch die Corona-Pandemie das Hauptthema beim Parteitag.
Vor allem ging es um die Bundesnotbremse und die umstrittenen Ausgangssperren. Joachim Stamp, der mit 90,4 Prozent als Landesvorsitzender der Liberalen in NRW bestätigt wurde, zitierte den 2016 verstorbenen Guido Westerwelle. „Die Freiheitsbedrohung kommt leise daher, sie kommt mit Begründungen daher“, sagte Stamp und fügte hinzu: „die Freiheit stirbt zentimeterweise.“
Man nehme das Virus ernst, lehne aber eine Placebo-Politik ab, „die mit pauschalen Ausgangssperren die Freiheit beschränkt.“Der Familienminister und stellvertretende Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens
griff die Bundesregierung an, warf ihr vor, mit falschen Prognosen zu arbeiten, leere Versprechen zu geben und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gefährden.
Der Zusammenhalt in seiner Partei hingegen, der sei da – im Gegensatz zu den anderen Parteien. Die CSU benehme sich gegenüber der CDU wie „die böse Stiefschwester“, Robert Habeck reduziere Annalena Baerbock auf ihr Geschlecht. Doch in der FDP, da herrsche Einigkeit. Und das Recht auf Freiheit.
Während sich Stamp mit Bekundungen zur Bundestagswahl zurückhielt, wurde Christof Rasche, Vorsitzender der Landagsfraktion der FDP in NRW, deutlicher – und blinkte stark in Richtung Union. Die NRW-Koalition sei „die richtige Blaupause für die Koalition in Berlin“. Die SPD rücke immer weiter nach links, mit den Grünen sehe Rasche auch keine Option zur Zusammenarbeit. „Ich kann mir keine Koalition mit Frau Baerbock vorstellen“, sagte Rasche. Laut der Forsa-Umfrage vom 20. April kämen FDP und CDU zusammen auf 33 Prozent – bis zu einer schwarz-gelben Koalition wäre es noch ein weiter Weg.
Die Bundespolitiker der FDP machten keine klare Koalitionsempfehlung. Parteichef Christian Lindner, der zum Parteitag zugeschaltet wurde, sagte, man müsse „mit allen demokratischen Parteien reden“– und schloss auch die Grünen nicht aus. Gegenüber Annalena Baerbock verbiete sich jede Häme. „Das ist eine Frau, die sich das Kanzleramt zutraut“, sagte Lindner. Die FDP habe einen Gestaltungsanspruch im Bund. Mit anderen Worten: Sie möchte in die Regierung. Um zu eruieren, mit welcher Partei man das erreichen will, müsse man auf die Inhalte schauen – und dann entscheiden.
Lindner nutzte seine Rede auch dazu, um an Bund und Länder zu appellieren, dass sie sich schon jetzt um die anstehenden Auffrisch-Impfungen gegen das Coronavirus kümmern sollen. „Wir müssen vor die Welle kommen“, sagte Lindner, der mit anderen FDP-Abgeordneten eine Verfassungsklage gegen die Bundesnotbremse plant.
Derweil wurde beim Parteitag der Landesvorstand der FDP wiedergewählt: Joachim Stamp bleibt Vorsitzender des Vorstands, Angela Freimuth und Alexander Graf Lambsdorff sind weiterhin die stellvertretenden Vorsitzenden. Auch Generalsekretär Johannes Vogel und Schatzmeister Otto Fricke wurden bestätigt.