Straßennamen: FDP will Bürger beteiligen
Die Liberalen fordern, vor möglichen Umbenennungen einen „einheitlichen und nachvollziehbaren Beurteilungsmaßstab“anzulegen. Die bisherige politische Beratung sei „ein Fall fürs Fremdschämen“.
HAAN In der Diskussion über mögliche Umbenennungen von Haaner Straßen, die Namen problematischer Persönlichkeiten tragen, hat die FDP jetzt vor „willkürlichen und zufälligen Entscheidungen“gewarnt. „Was fehlt, ist ein einheitlicher, nachvollziehbarer Beurteilungsmaßstab”, forderte Ratsfraktionsvorsitzender Michael Ruppert in einer Stellungnahme zu jener Sitzung des Bau- und Planungsausschusses, in der mit großer Mehrheit unter anderem eine Umbenennung der Emil-Nolde-Straße wegen dessen nationalsozialistischer Gesinnung angeregt worden war (wir berichteten). Gänzlich befremdet Ruppert der Gedanke, dass eine Mehrheit des Stadtrats die bisherige Beschlusslage offenbar nur abnicken wolle, ohne die Bürger zu beteiligen: „Ich meine, dass dieses Thema alle angeht.“
Wie Rat und Verwaltung mit dem Thema „Straßennamen“umgingen, sei „ein Fall fürs Fremdschämen“, kommentiert der FDP-Politiker: „Was fehlt, ist ein einheitlicher, nachvollziehbarer Beurteilungsmaßstab.” Würde der an Agnes Miegel
und Emil Nolde angelegte gelten, dann hätte auch der bekennende Chauvinist, Rassist und Antisemit Hermann Löns auffallen müssen, argumentiert Ruppert – außerdem Paul Lincke, ein Hofmusikant des Dritten Reichs, der sich von Goebbels als Kulturfunktionär einspannen ließ. Systemrelevant seien zudem Firmen wie Borsig gewesen, deren Lokomotiven das Vernichtungswerk in Gang zu halten halfen „und ja – auch spätere Widerstandskämpfer wie Ludwig Beck, der schon die „geheime Reichswehr“aufbauen half, ehe er 1935 zum Chef des Heere-Generalstabs berufen wurde. Ein Freund von Republik und Parteien-Demokratie war er nie“.
Ruppert spannt den Bogen jedoch noch weiter: Selbst wenn man Martin Luther, Richard Wagner, Bismarck und Kaiser Wilhelm in Frieden ruhen lasse und großzügig darüber hinwegsehe, dass mehrere Benennungen vor 1914 unzweifelhaft den Geist (oder Ungeist) des preußischen Militarismus und wilhelminischen Großmachtstrebens trügen (Sedan-, Düppel-, Alsenstraße) – es gäbe auch so genug Anlass für kritische Betrachtung.
Dennoch plädiert der FDP-Politiker
aus Überzeugung gegen alle vorgeschlagenen Umbenennungen: „Diese Straßennamen, so problematisch sie aus heutiger Sicht erscheinen, sind auch ein Teil der Haaner Geschichte“, sagt er: „Das sollte uns im 100. Jahr der Stadtwerdung bewusst sein.“Geschichte habe immer auch viele dunkle Flecken; „die lassen sich nicht wegwischen, aber sie sollten genutzt werden, unsere Sensibilität für die Historie zu stärken, so wie das jetzt wohl am Haaner Gymnasium geschehen ist”. Er könne sich zum 100-jährigen Bestehen Haans als Stadt daher gut einen Aufsatzwettbewerb „Haaner Stadtgeschichte im Spiegel der Straßennamen“vorstellen, schlägt Michael Ruppert vor.