Rheinische Post Hilden

Struff ist der Sieg-Garant im Davis Cup

Beim Davis Cup in Düsseldorf zeigt der Sauerlände­r, dass das deutsche Herren-Tennis auf ihn angewiesen ist. Struff hat die Rolle des Führungssp­ielers angenommen, und auch sportlich ist er der Mann für die wichtigen Siege.

- VON CHRISTINA RENTMEISTE­R UND GIANNI COSTA

DÜSSELDORF In der durchaus wechselhaf­ten Geschichte des deutschen Davis-Cup-Teams wird dieses Wochenende vermutlich nicht mehr als eine Randnotiz sein. Die Mannschaft um Kapitän Michael Kohlmann hat das Minimalzie­l erreicht. Mit einem am Ende souveränen 4:1-Erfolg gegen Weißrussla­nd ist man für die Endrunde des Wettbewerb­s im November in Madrid qualifizie­rt.

Was diesen Sieg so besonders macht: Auf dem Platz standen seit langem mal wieder Akteure, denen es sichtlich Spaß gemacht hat, eine Gemeinscha­ft auf Zeit zu bilden. Eine Ansammlung von Individual­isten ist zu einem Team geworden. Ein Selbstläuf­er, das hat die Vergangenh­eit gezeigt, ist das nicht. Doch in Ermangelun­g eines herausrage­nden Einzelkönn­ers ist es sehr wahrschein­lich ein wenig einfacher, die Last der Verantwort­ung auf mehrere Schultern zu verteilen.

Der Plan war freilich ein anderer. Alexander Zverev sollte es richten. Doch der bereitet sich lieber in einem anderen Umfeld auf die weitere Saison vor. Also rückten andere mal wieder in den Fokus. Jan-Lennard Struff zum Beispiel. Er ist einer, über den man oft nicht redet, wenn es um die Entwicklun­g im deutschen Tennis geht. Er ist nun 29 Jahre alt und vielleicht in der Form seines Lebens. Für den DTB ist er jedenfalls überlebens­wichtig. 2016 sicherte er den Weltgruppe­n-Erhalt gegen Polen, 2017 in Portugal. Wenn er gebraucht wird, ist er immer dabei. Und auch am vergangene­n Wochenende war er die Säule, die den Unterschie­d gemacht hat.

Der Weg dorthin war recht zäh. Er galt als großes Talent, doch die Nerven machten ihm in entscheide­nden Situatione­n einen Strich durch die Rechnung. Das Problem hat er selbst erkannt und arbeitet mit einem Sportpsych­ologen zusammen. Das Ergebnis ist offensicht­lich. Er fühlt sich wohl in der Rolle des deutschen Spitzenspi­elers im DavisCup-Team. Das war ihm beim Davis

Cup in Düsseldorf anzumerken. Am Freitag brachte er Deutschlan­d gegen Ilja Iwaschka in Führung. Am Samstag sicherte er dem Team des Deutschen Tennis Bundes im Spitzenspi­el gegen gegen Egor Gerassimow den entscheide­nden dritten Punkt zum Sieg.

Struff demonstrie­rte auf dem Court – am Samstag noch mehr als am Freitag – Selbstbewu­sstsein und das Selbstvers­tändnis, das Match zu dominieren – dem Gegner sein Spiel aufzuzwing­en. Gegen Gerassimow hatte er sich einen klaren Plan zurecht gelegt: „Ich wusste, dass ich voll reingehen muss. Ich hatte das Gefühl, dass der Gegner von gestern noch etwas müde war“, erklärte der Warsteiner. „Gegen Iwaschka war ich mit meinem Spiel noch nicht ganz zufrieden. Ich wollte heute aggressive­r und offensiver ran gehen und direkt nach vorne gehen, damit der Gegner erst gar nicht wieder reinkommt.“Das gelang ihm.

Von negativer Nervosität war dem 29-Jährigen beim Heimspiel nichts anzumerken. Anspannung und Körperspra­che des Sauerlände­rs passten hingegen zu seinem aggressive­n Spiel. Wirkte Struff früher im Match oft emotionslo­s, bejubelte er vor den 3000 Zuschauern im Düsseldorf­er Castello wichtige Punktgewin­ne, pushte sich immer wieder und animierte das Publikum. „Früher war meine Ausstrahlu­ng nicht die beste. Aber Emotionen können den Gegner auch beeindruck­en und sind ein wichtiger Faktor. Daran habe ich gearbeitet“, sagte Struff. Und so passte seine Körperspra­che dann auch zu seinem aggressive­n Aufschlags­piel, was ihm ein Sonderlob von Kapitän Kohlmann einbrachte: „Jürgen Klopp steht für Vollgas-Fußball,

Jan-Lennard Struff für Vollgas-Tennis“, sagte Kohlmann.

Struff nahm den prominente­n Vergleich schmunzeln­d zur Kenntnis, hob dann aber lieber die Bedeutung der Mannschaft hervor. „Ich habe das Gefühl, dass da in den letzten Jahren im Team was zusammenwä­chst“, sagte Struff. „Wir haben ein richtig cooles und gutes Teamfeelin­g und kämpfen füreinande­r und das gemeinsame Ziel. Das macht Spaß.“Bei der Davis-Cup-Finalrunde 2019 habe man das Gefühl gehabt, dass mehr als das Viertelfin­ale drin gewesen wäre. „Deswegen wollten wir unbedingt wieder hin. Das haben wir geschafft“, sagte Struff. In Madrid wird er für das Team erneut ganz wichtig sein – auch wenn Zverev mit dabei sein sollte.

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FOTO: IMAGO IMAGES Jan-Lennard Struff (hinten in der Mitte) feiert nach seinem entscheide­nden Sieg beim Davis Cup gegen Weißrussla­nd mit seinen Teamkolleg­en.

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