Ein Praktikumsplatz zwischen wilden Tieren
Luna Bark und Lennart Hansen arbeiteten in den Sommerferien im Kruger-Nationalpark in Südafrika. Es war ein einmaliges Erlebnis.
Vorsichtig schleicht der Löwe vorwärts und mustert wachsam mit großen Augen und aufgestellten Ohren die Häuser um ihn herum. Sein Rudel folgt ihm in unmittelbarer Entfernung geradewegs durch das Camp. Die bis zu 240 Kilogramm schweren Raubkatzen haben beschlossen, sich die Unterkünfte in der Nähe des Kruger-Nationalparks auf ihrer Wanderung einmal genauer anzuschauen.
Nur wenige Meter entfernt beobachten Luna Bark und Lennart Hansen das außergewöhnliche Geschehen. Eigentlich wollten sich die beiden Schüler aus Düsseldorf gerade entspannen und über den ereignisreichen Tag reden, doch diese eine Überraschung wartet noch auf sie. Von einem Moment auf den anderen trennt die Freunde bloß noch eine dünne Mauer vom wohl bekanntesten Jäger der Savanne. „Wenn große Raubtiere so nahekommen, geht einem ordentlich die Sause. Aber es ist auch eine Erfahrung, die man wahrscheinlich nie mehr in seinem Leben vergisst“, berichtet der 18-jährige Lennart Hansen.
Er und Luna Bark verbrachten einen Großteil ihrer Sommerferien im 9000 Kilometer entfernten Südafrika. Während andere Schüler im Urlaub am Strand lagen oder ein Feriencamp besuchten, absolvierten sie ein vierwöchiges Praktikum bei den Rangern des Nationalparks. Über die Instagram-Seite von „praktikawelten“war Luna Bark auf die Möglichkeit zur freiwilligen Mitarbeit aufmerksam geworden. „Es sind unsere letzten Sommerferien und deswegen wollten wir noch einmal etwas Besonderes erleben“, erklärt sie. Keiner der beiden hatte vorher jemals den afrikanischen Kontinent betreten und so wurde es eine Reise voller neuer Eindrücke und ungewohnter Situationen.
Morgens war es zum Beispiel ratsam, vor dem Duschen alles im Bad genau auf Skorpione zu untersuchen und sich nicht barfuß über das Gelände zu bewegen. Auch die größeren Savannenbewohner schreckten nicht vor der Kontaktaufnahme zurück: Hyänen und angriffslustige Honigdachse trieben sich gerne in der Nähe des Camps herum. In der Nacht klopften regelmäßig Affen an die Fenster der Unterkunft, die sich die Schüler mit sieben anderen Praktikanten aus aller Welt teilten. „Alle Türen und Fenster mussten immer geschlossen sein, damit die Affen nicht ins Haus gelangen und für Chaos sorgen“, berichtet Lennart Hansen mit einem Lachen. „Ansonsten ignorierten uns die meisten Tiere und verhielten sich ganz natürlich.“
Die eigentliche Praktikumsarbeit begann täglich gegen 6 Uhr. Wenn die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne die weiten Grasflächen und alten Bäume des Nationalparks erreichten, saßen die jungen Düsseldorfer bereits gemeinsam mit den Rangern im Geländewagen und halfen bei der Bestandsaufnahme der Wildtiere. Jedes Lebewesen in Sichtweite musste dokumentiert und der Standort exakt ermittelt werden. Neben Kontakt zu den klassischen „Big 5 Afrikas“, Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard, kam es auch zu einer ganz besonderen Begegnung. „Eines Tages stand plötzlich ein Gepard vor uns. Die Tiere sind so selten, dass man sie praktisch nie zu Gesicht bekommt“, sagt Lennart Hansen noch immer ganz begeistert. Um auch die genaue Art, das Geschlecht und das Alter der Tiere auf den Touren sicher zu bestimmen, wurden die Praktikanten im Camp zur Vorbereitung von den Rangern über die Tier- und Pflanzenwelt unterrichtet.
Als Luna Bark und Lennart Hansen nach einem Monat wieder deutschen Boden betraten, fiel ihnen die Akklimatisierung anfangs gar nicht so leicht: „Es war schon ein kleiner Kulturschock, als wir wieder in Düsseldorf ankamen. Alleine auf asphaltierten Straßen zu fahren, dabei über 40 Stundenkilometer zu erreichen, war plötzlich ungewohnt für mich“, sagt Lennart Hansen. Luna Bark ergänzt: „In den ersten Tagen fehlte mir der geregelte Tagesablauf. Ich saß im Zimmer und dachte: Eigentlich wärst du jetzt schon lange draußen in der Natur.“
Eine Rückkehr nach Afrika können sich die beiden Schüler auf jeden Fall vorstellen, wenn sie im nächsten Sommer ihr letztes Schuljahr und die Abiturprüfungen hinter sich gebracht haben. Bis dahin haben sie über den Monat hinweg aber genug Erinnerungen gesammelt, um die Wartezeit mit dem Austausch von ihren Geschichten zu überbrücken. Auch wenn sie dabei nicht wieder von einem Löwenrudel gestört werden.