Gladbach vergibt wieder viele Chancen
Im Bundesliga-Duell der Borussia-Mannschaften siegt der Gast aus Dortmund glücklich mit 1:0. Das Tor erzielt Reus.
MÖNCHENGLADBACH Die FußballRhetorik in Krisenzeiten gleicht sich. Dann wird die „Einheit“zwischen Fans und Mannschaft beschworen, alle müssen „eng zusammenstehen“. Bis zum Rasen im Borussia-Park waren derartige Worte nicht durchgedrungen. Eng zusammen standen dort im Heimspiel gegen Borussia Dortmund keine Grashalme mehr, der Flickenteppich präsentierte sich in einem beeindruckend schlechten Zustand. Vor vier Wochen gegen den FC Augsburg hatten die Gladbacher zwar ihren Rasen in einem Regenguss verloren, aber das Spiel 2:0 gewonnen. Davon konnten sie zuletzt bei ihren drei torlosen Niederlagen – erstmals seit elf Jahren – nur träumen.
Den lädierten Rasen ist Dieter Heckings Mannschaft am Mittwoch los. Die sportliche Krise konnte sie mit dem 0:1 gegen den BVB vom Ergebnis her nicht beenden, letztlich verhinderte jedoch nur die schwache Chancenverwertung einen Punktgewinn. Mehr als 20 Torschüsse waren nicht genug. Damit hat die eine Borussia den Anschluss an die ersten sechs Plätze vorerst verloren. Die andere, von Peter Stöger, bleibt unter ihrem Coach in der Bundesliga auch im achten Spiel ungeschlagen und auf ChampionsLeague-Kurs.
Die Anfangsphase konnte den Gastgeber zuversichtlich stimmen. Kämpferisch passte es und spielerisch war angesichts der Platzverhältnisse ohnehin schnelles Umschalten angesagt. Das bescherte Lars Stindl – zwei Minuten vor dem Erreichen der 1000-Minuten-torlosMarke – die erste Großchance. Nach einem gewonnenen Dreikampf mit Dortmunds Sokratis und Julian Weigl hatte er freie Schussbahn, scheiterte aber an Roman Bürki.
Es blieb lange Zeit der einzige Schuss aufs Tor in einem Spiel, in dem der Gast mehr Ballbesitz hatte und beide Teams sich zwischen den Strafräumen nichts schenkten. Nach einer knappen halben Stunde war es Marco Reus, der Gladbach empfindlich traf. Vor einer Woche hatte er erst sein Comeback gefeiert, nun gelang ihm sein erstes Tor. Die Weltmeister Mario Götze und André Schürrle setzten ihn in Szene. Reus, bei der WM 2014 genauso verletzt und Zuschauer wie in den vergangenen acht Monaten, überwand den Schweizer Yann Sommer mit einem schnittigen Schuss. Im neunten Spiel gegen den Ex-Verein tat Reus den Gladbachern zum sechsten Mal weh, gab aber zu: „Ich wollte ihn ehrlich gesagt nicht so schießen. Ich bin trotzdem froh, dass er so reingegangen ist. Gladbach war in der zweiten Halbzeit ganz klar besser.“
Mit derartigen Abschlussqualitäten hätte Thorgan Hazard in der Nachspielzeit der ersten Hälfte vermutlich sein zwölftes Saisontor erzielt. Doch der Belgier zielte nach einem starken Dribbling aus nahezu optimaler Position vorbei. Getroffen hat er bislang übrigens siebenmal, davon viermal per Strafstoß. Kurz zuvor hatten die Gladbacher Fans zumindest zur Probe gejubelt. Jannik Vestergaards Abstauber aus dem Getümmel heraus wurde von Bastian Dankert und den Video-Assistenten verblüffend spät für ungültig erklärt. Die Fahne des Linienrichters war unten geblieben.
Neun Schüsse hatte Gladbach in der zweiten Halbzeit abgegeben, vier davon Stindl, als der BVB sich erstmals wieder gefährlich zeigte. Beinahe hätte Reus das Spiel auch vorzeitig entschieden, aber diesmal hielt Sommer. In der Folge wollten es die Gastgeber aus allen Lagen erzwingen – mit Raúl Bobadilla, der den angeschlagenen Raffael ersetzte, mit Denis Zakaria, mit Stindl, mit Nico Elvedi, mit Reece Oxford und wieder mit Bobadilla.
Am Ende hatte es bei den Gastgebern fast jeder außer Torwart Sommer versucht. Dafür konnten sie sich genauso wenig kaufen wie für die Unterstützung ihrer Fans, die sich – wie man das bei Fußballern ausdrücken würde – ebenfalls deutlich verbessert zeigten.