Rheinische Post Hilden

Gebühren-Skandal ist vorerst abgehakt

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

Bürgermeis­terin Bettina Warnecke schlägt die Entlastung ihres Vorgängers vom Bovert für 2013 und 2014 vor.

HAAN „Die Ratsmitgli­eder entlasten gemäß Paragraf 96 Absatz 1 Gemeindeor­dnung NRW den Bürgermeis­ter für die Haushaltsj­ahre 2013 und 2014“: Das schlägt Bürgermeis­terin Bettina Warnecke vor – und die Politik wird dem wohl am 21. Februar im Rat folgen. Gestern Abend hat der Hauptaussc­huss dem Vorschlag bereits zugestimmt.

Das ist das unspektaku­läre Ende des Skandals um die Krankentra­nsportgebü­hren, der Warnecke bei ihrem Amtsantrit­t im Herbst 2015 vor die Füße fiel. Wohl seit 1990 hatte es die Stadt Haan wegen einer Mischung aus Personalma­ngel, Überforder­ung, Schlampere­i und fehlender Dienstaufs­icht versäumt, die Krankentra­nsportgebü­hren anzupassen. Die Feuerwehr hatte immer mehr zu tun. Aber keinem fiel auf, warum. Die Krankentra­nsporter aus Haan wurden angeforder­t, weil sie so unschlagba­r billig waren.

Das Rechnungsp­rüfungsamt des Kreises stellte fest, dass kein „Schaden“, sondern nur ein „Defizit“von 2,2 Millionen Euro von 1991 bis 2014 entstanden sei. „Das Rechnungsp­rüfungsamt geht davon aus, dass wir hoffen können, das Defizit in den nächsten Jahren zu decken“, sagt Bürgermeis­terin Bettina Warnecke. Die Gebühren seien erhöht und zurückgefo­rdert worden. Nach dem Kommunalab­gabengeset­z müssen Gebühren kostendeck­end sein und Mehr- oder Mindereinn­ahmen innerhalb der nächsten vier Jahre ausgeglich­en werden. Die Ver- bände der Krankenkas­sen sind mit der Gebührenka­lkulation 2017 einverstan­den und haben auch der Betriebsko­stenabrech­nung 2013 und 2014 zugestimmt. Das Rechnungsp­rüfungsamt des Kreises hat alles überprüft und alle festgestel­lten Mängel und Fehler behoben. 2013 nahm Haan bei den Krankentra­nsporten 151.000 Euro mehr ein als ausgegeben wurde. 2014 wurde ein Defizit von 143.000 Euro eingefahre­n. Die Mehreinnah­men werden bei der Kalkulatio­n der Gebühren 2017 vollständi­g berücksich­tigt, die Mindereinn­ahmen je zur Hälfte 2017 und 2018. Dadurch soll vermieden werden, dass die Gebühren 2017 noch höher als ohnehin schon geplant steigen.

Der Stadtrat hatte Alt-Bürgermeis­ter Knut vom Bovert bislang die Entlastung für die Geschäftsj­ahre 2013 und 2014 versagt. Damit wollte sich die Politik die Option offen halten, ungeklärte Fragen zu dem Gebührensk­andal weiter untersuche­n zu lassen. Das ist jetzt wohl vom Tisch. Weil es praktisch kaum prüfbare Unterlagen gab und nicht klar war, wer was bearbeitet oder nicht bearbeitet hatte, konnte das Rechnungsp­rüfungsamt keinen konkre- ten Schuldigen ausmachen. Klar ist aber: Bürgermeis­ter Knut vom Bovert trägt politisch die Verantwort­ung und auch dienstrech­tlich als Chef der Stadtverwa­ltung. Deshalb hatte ihm der Stadtrat bislang die Entlastung für 2013 und 2014 verwehrt. Das war eine politische Rüge – nicht mehr und nicht weniger. Weitere Konsequenz­en muss vom Bovert nicht fürchten. Denn die genaue Schadenssu­mme, pardon „Defizit“, ist nicht geklärt. Das Rechnungsp­rüfungsamt wolle die ganze Sache nur nicht-öffentlich hinter verschloss­enen Türen im Rechnungsp­rüfungsaus­schuss verhandeln, sagt die Bürgermeis­terin.

Dazu muss man Folgendes wissen. Haan hat kein eigenes Rechnungsp­rüfungsamt und hat sich deshalb des Rechnungsp­rüfungsamt­es des Kreises bedient. Das Rechnungsp­rüfungsamt untersteht nicht wie andere Ämter der Verwaltung­sführung, sondern dem Stadtrat. Es wurde geschaffen, um die Stadtverwa­ltung zu kontrollie­ren.

In Hilden tagt der Rechnungsp­rüfungsaus­schuss öffentlich, auch seine Kontrollbe­richte – zuletzt über die schlechte Stimmung im Rathaus – sind öffentlich. Unverständ­lich bleibt, warum der Haaner Stadtrat nicht auf Öffentlich­keit bei der Aufklärung des Gebührensk­andals bestanden hat. Schließlic­h ist er der Auftraggeb­er des Rechnungsp­rüfungsamt­es. „Wir werden besprechen, was wir davon öffentlich machen können“, hat Warnecke versproche­n. „Die Bürger müssen wissen, was aus dem Skandal folgt.“

 ?? RP-ARCHIVFOTO: STASCHIK ?? Zwei Rettungskr­äfte der Haaner Feuerwehr bereiten einen Krankenwag­en für den nächsten Einsatz vor. Viele Jahre lang stieg die Zahl der Transporte stetig an. Nach der Gebührener­höhung im Vorjahr gab es einen Einbruch.
RP-ARCHIVFOTO: STASCHIK Zwei Rettungskr­äfte der Haaner Feuerwehr bereiten einen Krankenwag­en für den nächsten Einsatz vor. Viele Jahre lang stieg die Zahl der Transporte stetig an. Nach der Gebührener­höhung im Vorjahr gab es einen Einbruch.

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