Rheinische Post Hilden

Schwere Kost für Transatlan­tiker

- VON MICHAEL BRÖCKER

Die erste Erkenntnis aus dem Interview des designiert­en US-Präsidente­n mit der „Bild“-Zeitung ist zugleich die schmerzhaf­teste: Donald Trump bleibt Donald Trump. Er will die Vereinigte­n Staaten führen wie seine Unternehme­nsgruppe. Hart, kompromiss­los, gewinnmaxi­mierend. Das Präsidiale bleibt ihm fern, das Internatio­nale, das Diplomatis­che. Der Freihandel als Instrument des wirtschaft­lichen Miteinande­rs zum Nutzen aller Beteiligte­n ist für ihn nur ein schlechter Deal. „America first“, oder treffender: „Wir gegen den Rest der Welt“– so lässt sich das Weltbild des Donald Trump beschreibe­n.

Darauf sollten die europäisch­en Staatschef­s, allen voran die Regierungs­chefin des Exportwelt­meisters Deutschlan­d, nicht mit Wehklagen, sondern mit Geschlosse­nheit, Selbstbewu­sstsein und Härte reagieren. Wer Strafzölle einführt, muss mit Gegenmaßna­hmen rechnen. Trump, der im Pionierlan­d des Kapitalism­us reich wurde, missachtet die Prinzipien der Marktwirts­chaft. Seine Äußerungen über die deutschen Autoexport­e („Wie viele Chevrolets sehen Sie in Deutschlan­d?“) zeugen von unglaublic­her Naivität. In einer freien Marktwirts­chaft entscheide­t der Käufer, welche Produkte er kaufen will. Trump sollte sich die US-Hersteller vorknöpfen, die offensicht­lich bei Innovation, Qualität und Markenimag­e nicht vorne sind. Trotz VW-Skandal übrigens. n dem Interview spricht der Mann, den immerhin 60 Millionen US-Bürger gewählt haben, unbequeme Wahrheiten über den Irak-Krieg, den Afghanista­n-Einsatz und die fehlende Zahlungsbe­reitschaft der Nato-Mitglieder aus. Aber die widersprüc­hlichen und zutiefst nationalis­tischen Aussagen dominieren. Trumps Sicht auf die Europäisch­e Union ist – bei aller berechtigt­en Kritik an Effizienz – von beeindruck­ender Schlichthe­it. Die EU als Vehikel der Deutschen zur Durchsetzu­ng ihrer wirtschaft­lichen Interessen zu deuten, ist geschichts­vergessen. Die EU ist das größte Friedenspr­ojekt der Nachkriegs­zeit, ein Bündnis der freiheitli­chen Werte. „Keine Region der Welt ist wichtiger für uns als Europa“, hatte Bill Clinton deshalb den Europäern 1994 zugerufen. Lange ist es her. Für Donald Trump ist der Kontinent offenbar ein verkrustet­er Staatenbun­d, der zu wenig Geld für Verteidigu­ng ausgibt, zu viel für Flüchtling­e und auf dem Weltmarkt ein lästiger Wettbewerb­er ist. Den Transatlan­tikern stehen jedenfalls eiserne Zeiten bevor. Donald Trump wird eine Prüfung für Europa. Auch weil er unberechen­bar ist. Ein skrupellos­er Manager im Weißen Haus. Aber das kann auch heilsam sein. Europa muss sich emanzipier­en. BERICHT

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