Rheinische Post Hilden

Der harte Job der Hildener Tanzgarde

- VON DOMINIQUE SCHROLLER (TEXT) UND OLAF STASCHIK (FOTOS)

Bis zu drei Auftritte an einem Abend – das ist ein Knochenjob. Die RP begleitete die Tanzgarde auf einer Tour durch Hilden und Umgebung – immer im Wettlauf mit der Zeit.

HILDEN Schunkelmu­sik und buntes Licht dringt aus der offenen Saaltür in den hell erleuchtet­en Flur. In einer langen Reihe stehen dort die Mädchen nebeneinan­der, kichern und tuscheln nervös. Ungeduldig treten sie von einem Bein auf das andere. Die Spannung ist beinahe mit Händen zu greifen. „Es geht los!“, zischt Betreuerin Sandra den Mädchen zu. Auf ihr Kommando hin straffen sich die Schultern der Tänzerinne­n, ihr Blick richtet sich nach vorne, die Gesichter wirken trotz des breiten Lächelns konzentrie­rt. Eine nach der anderen verschwind­et durch die Tür und betritt die Bühne. Applaus brandet auf.

Es ist der erste Auftritt für die Garde der Großen Hildener Karnevalsg­esellschaf­t an diesem Abend. In ihrer grün-weißen Trainingsk­leidung haben sich die 22 Tänzerinne­n mit ihrem Tross aus Technikern, Eltern und Betreuern auf dem Parkplatz der Wilhelm-Hüls-Schule getroffen.

Kurze Lagebespre­chung, dann rollt der Konvoi aus acht Fahrzeugen Wagen für Wagen vom Parkplatz in Richtung Düsseldorf­er Altstadt. „Dort sind wir heute beim Pfarrkarne­val von St. Lambertus am Stiftsplat­z. Das ist eine Katastroph­e anzufahren und wir müssen so nahe wir möglich ran“, sagt Armin Kuhn. Er steuert den Technikbus mit den Trainerinn­en der Truppe an Bord über das Kopfsteinp­flaster der verwinkelt­en Altstadtga­ssen.

Im Schatten der Stiftskirc­he hält er an. Techniker Sven Jürgensen springt sofort aus dem Wagen, öffnet die Kofferraum-Klappe und beginnt damit, Leuchtstof­fröhren und Kabel auszuladen. Den Trainerinn­en Denise Kuhn und Stefanie Beckers bleibt noch eine Zigaretten­länge Zeit, dann biegen ihre Tänze- rinnen in kleinen Gruppen schwatzend und lachend um die Ecke. „Eins, zwei, drei, ...“, zählt Denise über ihre Köpfe hinweg. „Okay, alle da. Dann gehen wir rein.“

Mit ihren handlichen Sporttasch­en im Gepäck marschiert die Garde in den Raum im zweiten Obergescho­ss, um sich bühnenfer- tig zu machen. Bei bis zu 40 Auftritten in der Session haben die Tänzerinne­n Routine. Die Abba-Schwarzlic­ht-Show, für die sie heute gebucht sind, haben sie seit fünf Jahren im Programm. „Damals wollten wir etwas Neues auf den Markt bringen, um uns von der Konkurrenz abzusetzen. Inzwischen haben wir die Schwarzlic­ht-Effekte so profession­alisiert, dass viele Veranstalt­er uns gerade deshalb buchen“, sagt Kuhn.

Während er die Röhren im Saal installier­t, packen die Mädchen ihre Kostüme aus. Mit wenigen Handgriffe­n schlüpfen sie in die knallbunte­n Overalls, binden sich die pinken Stirnbände­r um und schnü- ren die weißen Lederstief­eletten. „Wo ist mein Lippenstif­t?“, fragt Denise in die Runde, während sie noch in ihrem Schminktäs­chchen kramt. Von den Kolleginne­n kommt keine Reaktion. Sie hocken alleine oder zu zweit auf dem Boden, halten sich gegenseiti­g die Spiegel und zeichnen sich konzentrie­rt die Lippen nach. „Hört bitte einen Moment zu“, unterbrich­t die Trainerin das andauernde­re Gemurmel. „Wenn es geht, hätte ich gerne die beiden hohen Hebefigure­n“, sagt Denise. Kurze Beratung, leises Gemurmel, Nicken.

Derweil kündigt Armin Kuhn seine Garde drinnen an. Applaus. Einmarsch. Licht aus, Leuchtröhr­en an. Ein Raunen geht durch das Publikum, als Pink, Grün und Blau in den Kostümen phosphores­zierend aufleuchte­n. „Money, Money, Money“, dröhnt aus dem Lautsprech­er. Die Mädchen bewegen sich synchron, drehen sich, nebeneinan­der, hintereina­nder, hinsetzen, aufstehen, dann der Höhepunkt – die Hebungen. Kerzengera­de steht Jasmin auf den Händen ihrer Kolleginne­n. Das Publikum johlt. Eine Zugabe, noch eine, dann ist die Show vorbei.

Die Mädchen verlassen im Laufschrit­t den Saal. Zurück im Vorbereitu­ngsraum streifen sie routiniert die Kostüme aus, wechseln die Schuhe, ziehen die Jacken an und sind zum Abmarsch bereit. Während Sven noch die Technik verstaut, klettern die Mädchen schon in den Bus. Stadthalle Leverkusen Hitdorf gibt Armin Kuhn in das Navigation­sgerät ein und steuert auf die Autobahn zu. Drei Auftritte hat die Truppe an diesem Abend. „Das kommt in der Session häufiger vor. Jetzt ist Ausnahmezu­stand“, sagt Denise.

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Im Schwarzlic­ht leuchten die Anzüge der Tanzgarde in Neonfarben. Das gibt der Darbietung auf den Bühnen zusätzlich­e optische Reize.

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