Der harte Job der Hildener Tanzgarde
Bis zu drei Auftritte an einem Abend – das ist ein Knochenjob. Die RP begleitete die Tanzgarde auf einer Tour durch Hilden und Umgebung – immer im Wettlauf mit der Zeit.
HILDEN Schunkelmusik und buntes Licht dringt aus der offenen Saaltür in den hell erleuchteten Flur. In einer langen Reihe stehen dort die Mädchen nebeneinander, kichern und tuscheln nervös. Ungeduldig treten sie von einem Bein auf das andere. Die Spannung ist beinahe mit Händen zu greifen. „Es geht los!“, zischt Betreuerin Sandra den Mädchen zu. Auf ihr Kommando hin straffen sich die Schultern der Tänzerinnen, ihr Blick richtet sich nach vorne, die Gesichter wirken trotz des breiten Lächelns konzentriert. Eine nach der anderen verschwindet durch die Tür und betritt die Bühne. Applaus brandet auf.
Es ist der erste Auftritt für die Garde der Großen Hildener Karnevalsgesellschaft an diesem Abend. In ihrer grün-weißen Trainingskleidung haben sich die 22 Tänzerinnen mit ihrem Tross aus Technikern, Eltern und Betreuern auf dem Parkplatz der Wilhelm-Hüls-Schule getroffen.
Kurze Lagebesprechung, dann rollt der Konvoi aus acht Fahrzeugen Wagen für Wagen vom Parkplatz in Richtung Düsseldorfer Altstadt. „Dort sind wir heute beim Pfarrkarneval von St. Lambertus am Stiftsplatz. Das ist eine Katastrophe anzufahren und wir müssen so nahe wir möglich ran“, sagt Armin Kuhn. Er steuert den Technikbus mit den Trainerinnen der Truppe an Bord über das Kopfsteinpflaster der verwinkelten Altstadtgassen.
Im Schatten der Stiftskirche hält er an. Techniker Sven Jürgensen springt sofort aus dem Wagen, öffnet die Kofferraum-Klappe und beginnt damit, Leuchtstoffröhren und Kabel auszuladen. Den Trainerinnen Denise Kuhn und Stefanie Beckers bleibt noch eine Zigarettenlänge Zeit, dann biegen ihre Tänze- rinnen in kleinen Gruppen schwatzend und lachend um die Ecke. „Eins, zwei, drei, ...“, zählt Denise über ihre Köpfe hinweg. „Okay, alle da. Dann gehen wir rein.“
Mit ihren handlichen Sporttaschen im Gepäck marschiert die Garde in den Raum im zweiten Obergeschoss, um sich bühnenfer- tig zu machen. Bei bis zu 40 Auftritten in der Session haben die Tänzerinnen Routine. Die Abba-Schwarzlicht-Show, für die sie heute gebucht sind, haben sie seit fünf Jahren im Programm. „Damals wollten wir etwas Neues auf den Markt bringen, um uns von der Konkurrenz abzusetzen. Inzwischen haben wir die Schwarzlicht-Effekte so professionalisiert, dass viele Veranstalter uns gerade deshalb buchen“, sagt Kuhn.
Während er die Röhren im Saal installiert, packen die Mädchen ihre Kostüme aus. Mit wenigen Handgriffen schlüpfen sie in die knallbunten Overalls, binden sich die pinken Stirnbänder um und schnü- ren die weißen Lederstiefeletten. „Wo ist mein Lippenstift?“, fragt Denise in die Runde, während sie noch in ihrem Schminktäschchen kramt. Von den Kolleginnen kommt keine Reaktion. Sie hocken alleine oder zu zweit auf dem Boden, halten sich gegenseitig die Spiegel und zeichnen sich konzentriert die Lippen nach. „Hört bitte einen Moment zu“, unterbricht die Trainerin das andauerndere Gemurmel. „Wenn es geht, hätte ich gerne die beiden hohen Hebefiguren“, sagt Denise. Kurze Beratung, leises Gemurmel, Nicken.
Derweil kündigt Armin Kuhn seine Garde drinnen an. Applaus. Einmarsch. Licht aus, Leuchtröhren an. Ein Raunen geht durch das Publikum, als Pink, Grün und Blau in den Kostümen phosphoreszierend aufleuchten. „Money, Money, Money“, dröhnt aus dem Lautsprecher. Die Mädchen bewegen sich synchron, drehen sich, nebeneinander, hintereinander, hinsetzen, aufstehen, dann der Höhepunkt – die Hebungen. Kerzengerade steht Jasmin auf den Händen ihrer Kolleginnen. Das Publikum johlt. Eine Zugabe, noch eine, dann ist die Show vorbei.
Die Mädchen verlassen im Laufschritt den Saal. Zurück im Vorbereitungsraum streifen sie routiniert die Kostüme aus, wechseln die Schuhe, ziehen die Jacken an und sind zum Abmarsch bereit. Während Sven noch die Technik verstaut, klettern die Mädchen schon in den Bus. Stadthalle Leverkusen Hitdorf gibt Armin Kuhn in das Navigationsgerät ein und steuert auf die Autobahn zu. Drei Auftritte hat die Truppe an diesem Abend. „Das kommt in der Session häufiger vor. Jetzt ist Ausnahmezustand“, sagt Denise.