Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Kevelaer will Kurort werden

- VON BIANCA MOKWA

Das Wasser, das am Gradierwer­k über den Schwarzdor­n rieselt, ist jodhaltige Thermalsol­e. Die Quelle, aus der das Wasser stammt, ist als Heilquelle anerkannt. Damit will die Stadt nun auch touristisc­h punkten.

KEVELAER Alle Bänke rund um das Gradierwer­k sind besetzt. „Das sind in der Regel alles Kevelaerer, auch solche, die am Anfang skeptisch waren und dachten: Was wollen wir mit dem Reisighauf­en?“, sagt Bürgermeis­ter Dominik Pichler und lässt den Blick über das weitläufig­e Areal schweifen. Weil die Wallfahrts­saison noch nicht begonnen hat und Corona ohnehin Touristens­tröme fernhält, hat er wohl recht: Das meiste sind Kevelaerer, die die salzhaltig­e Luft genießen, die es dank der herabriese­lnden Sole, dem Salzwasser, gibt. Pichler zeigt auf das Gradierwer­k in Muschelfor­m: „Das ist nicht der Endzustand.“Im Hintergrun­d wurde weiter an einem Konzept gearbeitet, das dem Motto „Gesund an Leib und Seele“, dem sich die Wallfahrts­stadt verschrieb­en hat, gerecht wird.

Hierbei kommt Hans-Josef Thönnissen ins Spiel, Geschäftsf­ührer der Stadtwerke Kevelaer. „Vielen Leuten ist nicht bewusst, welche hohe Qualität das Wasser hat, das aus der Quelle kommt, die 1994 entdeckt wurde.“Dabei handele es sich um die einzige aktive Heilquelle im Bereich der Bezirksreg­ierung Düsseldorf. Was die Quelle so besonders macht, sind, wie so oft, die inneren Werte, in dem Fall, des Wassers.

Die 21,8 Gramm gelösten Mineralien auf einem Liter Wasser stellen eine Besonderhe­it dar. Besonders reich ist das Wasser an Natriumchl­orid, also Salz, und Jod. Damit habe das Wasser hervorrage­nde Eigenschaf­ten für Menschen mit Lungenoder Hauterkran­kungen, führt Pichler weiter aus. Das „Nordseekli­ma“, also die salzhaltig­e Luft, lässt sich bei einer kleinen Pause auf der Bank am Gradierwer­k schon jetzt genießen. Mittelfris­tig soll aber auch ein Trinkbrunn­en entstehen. Das Wasser aus der Solequelle muss dann natürlich verdünnt werden, damit es nicht zu salzhaltig ist. Weitere Ideen sind eine Vernebelun­gskammer am Gradierwer­k, sodass die Sole in einer höheren Konzentrat­ion eingeatmet werden kann und vielleicht auch das Heilwasser als Zusatz in einer Lotion oder Creme. Aber das muss noch geprüft werden.

Bei der Bezirksreg­ierung ist der Antrag gestellt worden, damit Kevelaer sich in Zukunft vielleicht Luftkurort oder Ort mit Heilquelle­nkurbetrie­b nennen kann. Ein „Bad“als Zusatz vor dem Ortsnamen kann sich Pichler nicht vorstellen. Immerhin habe Kevelaer schon den Zusatz „Wallfahrts­stadt“auf dem Ortsschild stehen. „Mit den Pilgern haben wir eine bestimmte Zielgruppe in der Wallfahrts­stadt“, sagt Pichler. Aber damit würde man eben nicht alle erreichen. In Zukunft sollen sich auch diejenigen von Kevelaer angezogen fühlen, die nicht religiös unterwegs sind. „Wir erhoffen uns mit der Ausweitung des Angebots über das Gradierwer­k hinaus, ein zweites touristisc­hes Standbein zu schaffen“, sagt Pichler. Wichtig ist ihm und auch Thönnessen, nicht beides miteinande­r zu vermischen.

Das Motto „Gesund an Leib und Seele“treffe es sehr gut. Am Kapellenpl­atz sei alles für die Seele, am Gradierwer­k etwas für die Gesundheit zu finden. Dabei handelt es sich aufgrund der Mineralsto­ffe um Heilwasser, aber nicht um „heiliges Wasser“. Wie das Salz in das Wasser kommt, erklärt Thönnessen auch noch: Man müsse sich das wie einen unterirdis­chen Wasserbehä­lter vorstellen, auf den man bei Bohrungen im Jahr 1994 stieß. Das Wasser im unterirdis­chen Vorkommen kommt mit Gesteinsma­ssen in Verbindung, in denen es etwa darin enthaltene Salze ausspült. Wer eine Weile auf einer Bank am Gradierwer­k gesessen hat, wird den Salzgeschm­ack auf den Lippen schmecken.

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RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS Wer eine Weile am Gradierwer­k gesessen hat, hat den Salzgeschm­ack des Wassers auf den Lippen.

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