Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

2021 soll „Jahr des Aufschwung­s“werden

- VON BIRGIT MARSCHALL

Die Wirtschaft schrumpfte 2020 um fünf Prozent. Minister Altmaier setzt auf die Rückkehr des Wachstums und wehrt sich gegen Kritik.

BERLIN Die deutsche Wirtschaft wird nach den Worten von Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) wegen des jüngsten Corona-Lockdowns nicht so stark wachsen wie erhofft. Die Bundesregi­erung hatte bisher für das Jahr 2021 einen Anstieg des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP) von 4,4 Prozent prognostiz­iert. Die Koalition werde aber alles dafür tun, dass es „ein Jahr des Aufschwung­s wird“, sagte Altmaier am Donnerstag in Berlin. Der Lockdown, der voraussich­tlich über das Ende des Monats Januar hinaus verlängert werden müsse, könne die Erholung nicht verhindern, aber teilweise verzögern.

Die Wirtschaft brach 2020 wegen der Corona-Pandemie so stark ein wie seit der Finanzkris­e nicht mehr. Das BIP schrumpfte um 5,0 Prozent und damit erstmals seit elf Jahren, teilte das Statistisc­he Bundesamt mit. Es sei nur ein „schwacher Trost“, dass das Minus etwas geringer ausfalle als zunächst befürchtet, sagte Altmaier. Er hatte für 2020 einen Rückgang der Wirtschaft­sleistung um 5,5 Prozent prognostiz­iert; die Wirtschaft­sforschung­sinstute waren von minus sechs Prozent ausgegange­n.

Die Bundesregi­erung habe mit ihrem Konjunktur­paket aus dem Sommer von 130 Milliarden Euro und den Finanzhilf­en für die betroffene Wirtschaft von bisher rund 75 Milliarden Euro geholfen, die Rezession abzumilder­n, stellte Altmaier fest. Die Corona-Hilfen könnten aber nicht auf Dauer fortgesetz­t werden. Denn man habe auch eine Verantwort­ung gegenüber den Steuerzahl­ern, so der Minister. Der Staat müsse jedoch sicherstel­len, dass die Substanz der Wirtschaft erhalten bleibe. Ein zweites Konjunktur­paket sei „nicht das Gebot der Stunde“, sondern gezielte staatliche Investitio­nen in Zukunftsth­emen wie die Wasserstof­f-Technologi­e.

Altmaier verteidigt­e sich gegen die wachsende Kritik aus der Wirtschaft

an der schleppend­en Auszahlung der staatliche­n Unterstütz­ungsleistu­ngen für Unternehme­n. Erst seit Dienstag dieser Woche werden die Summen ausgezahlt, die Unternehme­n im Rahmen der sogenannte­n Novemberhi­lfe seit Ende November beantragt hatten. Abschlagsz­ahlungen, also Vorschüsse als Teile dieser Summen, fließen erst seit Weihnachte­n. Bei der Novemberun­d Dezemberhi­lfe konnten Unternehme­n, die wie die Gastronome­n vom Teil-Lockdown ab Anfang November betroffen waren, die Erstattung von bis zu 75 Prozent ihrer Umsatzerlö­se aus dem November 2019 beantragen.

Insgesamt seien im Rahmen der Novemberhi­lfe 300.000 Anträge eingegange­n, die ein Gesamtvolu­men von etwa fünf Milliarden Euro erreichen dürften, so Altmaier. Bis Ostern würden zwei bis drei Milliarden davon ausgezahlt, schätzte der Minister.

Die Länder hätten den Bund gebeten, die Organisati­on der Antragstel­lung

zu übernehmen. Es habe Zeit gekostet, die dafür notwendige digitale Plattform zu entwickeln. Er sei seinen Mitarbeite­rn dankbar, die Tag und Nacht daran gearbeitet hätten. Ausgezahlt werde das Geld letztlich durch die Länder, die manuell auf die vom Bund angenommen­en und überprüfte­n Anträge zurückgrei­fen würden, so Altmaier. Spätestens im Februar werde mit der Auszahlung der endgültige­n Summen im Rahmen der Dezemberhi­lfe begonnen.

Kritik gibt es auch an der Ausgestalt­ung der sogenannte­n Überbrücku­ngshilfe III. Seit Anfang Januar können alle Unternehme­n im Rahmen dieses Programms Unterstütz­ungsleistu­ngen für sogenannte ungedeckte Fixkosten wie Mieten beantragen. Altmaier wird vorgeworfe­n, damit die Zugangsvor­aussetzung­en gegenüber der vorherigen Überbrücku­ngshilfe im vergangene­n Jahr verändert zu haben. In den alten Programmen gab es den Zusatz „ungedeckt“nicht. Dies sei aber eine Anforderun­g der EU gewesen, sagte Altmaier. Er habe dies bereits in einem Leitfaden am 20. Oktober kommunizie­rt. „Ungedeckte Fixkosten“bedeutet, dass die Antragstel­ler nicht generell alle Fixkosten ersetzt bekommen können, sondern nachweisen müssen, dass sie ihre Fixkosten nicht aus laufenden Umsätzen finanziere­n können, um Staatshilf­e zu erhalten.

Die Exporte sind 2020 massiv eingebroch­en, die Firmen kappten ihre Investitio­nen kräftig, und die Verbrauche­r senkten ihre Ausgaben so stark wie noch nie, so das Statistisc­he Bundesamt. „Lediglich die staatliche­n Konsumausg­aben und der Bau nahmen gegenüber dem Vorjahr zu und verhindert­en damit einen noch stärkeren Einbruch der Wirtschaft­sleistung im Corona-Krisenjahr 2020“, sagte Behörden-Chef Georg Thiel. Nach einer Stagnation zum Jahresende erwartet die Mehrheit der Ökonomen bei Banken und Forschungs­instituten 2021 wieder ein Wachstum von 3,5 Prozent oder mehr. Den Prognosen zufolge soll das Wachstum spätestens in der zweiten Jahreshälf­te wieder ähnlich anziehen wie Mitte 2020 nach dem Ende des damaligen Lockdowns. Ob es so kommt, wird entscheide­nd von der Dauer der Schließung­en und dem Erfolg der Impfkampag­ne abhängen. (mit rtr)

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