Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Wer ist Bakery Jatta?
Er kam als Flüchtling und wurde Profi beim HSV. Behörden prüfen, ob er unter dem richtigen Namen eingereist ist.
HAMBURG Es klingt wie ein Märchen. Ein 17-Jähriger flieht durch die Wüste und übers Meer nach Deutschland. Er beteuert, nie zuvor in einem Verein Fußball gespielt zu haben, aber sein Talent ist offensichtlich. Er macht ein Probetraining beim Hamburger SV und wird Profi. Bakery Jatta heißt der Mann. Aber ist er wirklich Bakery Jatta? „Sport Bild“behauptet, sein wahrer Name sei Bakary Daffeh, und er sei nicht 21, sondern 23 Jahre alt.
Der Vertrag mit dem HSV wurde eine Woche nach dem 18. Geburtstag des Spielers Bakery Jatta geschlossen. Darauf gründet die Aufenthaltungsgenehmigung
Worum geht’s? Bakery Jatta verfügt über eine Aufenthaltungsgenehmigung, weil er einen Vertrag beim HSV hat. Weil er zum Zeitpunkt der Einreise nicht volljährig war, konnte er den speziellen Flüchtlings-Schutz eines „unbegleiteten Minderjährigen“beanspruchen. Er gab an, ohne Eltern aufgewachsen zu sein. Einen Asylantrag stellte er aber nicht, und er genießt keinen Flüchtlingsstatus. Der Profivertrag mit dem Hamburger Klub wurde eine Woche nach seinem 18. Geburtstag geschlossen. „Sport Bild“schreibt, Jatta alias Daffeh habe entgegen seiner Aussagen bereits in afrikanischen Vereinen und der Junioren-Nationalmannschaft Gambias gespielt. Bei seiner Vorstellung in Hamburg sagte Jatta: „Ich habe in Afrika in keinem Verein gespielt, das gab es dort nicht.“
Warum der Protest? Jatta stand am Montag in der Startelf des Teams, das in der zweiten Liga mit 4:0 beim 1. FC Nürnberg gewann. Die Nürnberger legten wegen der Zweifel an Jattas Identität Protest gegen die Spielwertung ein.
Was sagt der HSV? Jattas Klub stellt sich hinter den Spieler. „Wir haben Jattas gültigen Reisepass inklusive Aufenthaltsgenehmigung vorliegen“, sagte Vorstandschef Bernd Hoffmann. Zweifel an seinem Geburtsdatum gab es schon früher, weil der damals 17-Jährige über eine erstaunliche körperliche Reife verfügte. Der HSV ließ den Spieler deshalb an den Universitätskliniken untersuchen. Dort wurde festgestellt, dass die körperliche Entwicklung abgeschlossen sei. Dennoch erklärte Sportchef Peter Knäbel 2016: „Es gibt keinerlei Anzeichen, dass wir am Alter von Jatta, das er angeben hat, Zweifel haben müssten.“
Was sagt Jatta? Nichts. Sein Berater Efe-Firat Aktas betonte im „Hamburger Abendblatt“: „Er hat einen gültigen Pass. Der wurde überprüft. Alles andere ist für uns nicht relevant.“
Was tut die Behörde? Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass weder auf den Namen Bakery Jatta noch Bakary Daffeh ein Asylantrag gestellt worden sei. Das zuständige Bezirksamt Hamburg-Mitte prüft die Identität des Fußballers.
Was tut die DFL? Sie verlangt von Verein und Spieler Stellungnahmen. Sie verweist darauf, dass Jattas Name auf der Spielberechtigungsliste steht, „insofern durfte er eingesetzt werden“.
Was kann passieren? Das Bezirksamt und der DFB-Kontrollausschuss prüfen die Richtigkeit der Angaben, die zu Jattas Verbleib im Land und zu seinem Vertrag beim HSV geführt habe. Sollten die sich als unwahr herausstellen, droht dem Spieler nicht nur der Verlust der Spielberechtigung, sondern sogar die Abschiebung. „Die Gründe für die damalige Duldung sind ja dann weggefallen, und dann wird auch der Aufenthalt rückwirkend verwirkt“, erklärte der Bezirksamtsleiter Falko Droßmann im NDR. Die Behörde müsste zunächst ein Rücknahmeverfahren anstrengen.
Der Nürnberger Protest hat keine Aussicht auf Erfolg. Zum Zeitpunkt des Zweitligaspiels stand der Name Jatta schließlich auf der maßgeblichen DFL-Liste. Eine rückwirkende Löschung ist nicht denkbar. „Da es bisher keinen Beweis für eine falsche Identität des Spielers gibt, behält die Spielberechtigung für Bakery Jatta, geboren am 6. Juni 1998, aktuell ihre Gültigkeit“, heißt es in einer Erklärung von DFL und DFB.