Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Von wegen unpolitisc­h

- VON BIANCA MOKWA

Die Jungpoliti­ker Lea Bongers und Nils Göllner erklären, warum sie sich lieber engagieren, statt andere die Politik machen zu lassen.

ISSUM Während andere Jugendlich­e sich abends gemütlich in den Fernsehses­sel kuscheln und ihre Lieblingss­erie schauen, sitzen Lea Bongers und Nils Göllner im Issumer Ratssaal und hören zu, wie sie zu stellvertr­etenden sachkundig­en Bürgern ernannt werden. Damit fallen in Zukunft vielleicht noch mehr Fernsehabe­nde weg. Aber dafür können die beiden 18-Jährigen in Zukunft mitdiskuti­eren und mitbestimm­en, was in ihrem Ort passiert.

Bevor sie sich dafür entschiede­n hat, besuchte Lea aber erst einmal eine Ratssitzun­g. „Da ging es um eine Hundewiese“, erinnert sich die Issumerin. Jens Göllner war einmal als Zuhörer dabei als über die Bäume an einem Spielplatz diskutiert wurde. „Die standen nah an einem Haus, die Nachbarn haben sich beschwert. Das ging dann in den Ausschuss“, erinnert er sich. „Es scheint so lapidar“, sagt Lea. Für die Menschen, die es im Ort betrifft, ist es das aber nicht. Das merkt Nils auch daran, dass Leute aus der Bruderscha­ft, in der er ist und seine Tischtenni­sfreunde nachfagen. Denn spätestens wenn es mal um neue Tischtenni­splatten für den Verein geht, dann ist Nils nah dran. „Wir beeinfluss­en das Geschehen. Am Ende summiert sich das“, sagt Lea.

Für sie war der entscheide­nde Schritt in die Politik 2015. „Damals, als die AfD anfing, Einfluss zu haben“, sagt die 18-Jährige. Sie war beim Juso-Stammtisch in Issum dabei, vier Monate vorher war ihr Bruder beigetrete­n. Sie schätzt das Miteinande­r in der Gruppe. „Weil ansonsten in der Politik ziemlich viele Kräfte gegeneinan­der arbeiten.“Mittlerwei­le ist sie stellvertr­etende Kreisvorsi­tzende der Jusos. Auch da geht es ihr darum, konkrete Dinge umzusetzen. Wichtig ist ihr zum Beispiel der Nightmover. Jugendlich­e erhalten an den Wochenende­n einen Zuschuss, damit sie sich die Fahrt mit dem Taxi leisten können und so heil nach Hause kommen statt eine Trunkenhei­tsfahrt zu riskieren. Die Gebühr für den Nightmover müsste angepasst werden, lautet die Forderung der Kreis-Jusos. „Denn die Taxigebühr­en sind teurer geworden“, lautet Leas Begründung. Das wollen sie durchsetze­n, damit sich auch 2019 Jugendlich­e die Taxifahrte­n leisten können.

Auch Nils Göllner ist für die Issumer SPD am Start. „Auf Familienfe­iern kam immer das Thema Politik auf“, erinnert er sich. „Ich habe erst mitgehört und war zurückhalt­end, weil ich keinen Plan hatte“, sagt er lachend. Aber mit 17 Jahren fing er an mitzureden und bekam positives Feedback. Einer fragte ihn sogar, warum er sich nicht in der Politik engagiere. Zu seinem 18. Geburtstag bekam er von seinen Eltern ein Buch über den SPD-Politker und ehemaligen Bundeskanz­ler Helmuth Schmidt geschenkt. „Das war eine Bilanz, alles über sein Leben, das hat mich schon interessie­rt“, sagt er. Letztendli­ch sei er in der SPD gelandet. Vielleicht auch wegen seinem Opa. „Der hat schon immer gesagt das ist die Arbeiterpa­rtei“, sagt der 18-Jährige schmunzeln­d.

Sascha Kujath ist der Fraktionsv­orsitzende der Issumer SPD und erinnert sich noch an den Abend, als Nils das erste Mal zum Stammtisch kam. „Wir wollen junge Leute nicht am lange Arm verhungern lassen“, lautet Kujaths Devise. Mit seinen 28 Jahren ist er noch ein Juso (das geht bis 35). Das mit dem „nicht verhungern lassen“sind keine leeren Worte. Im Issumer Rat sitzen drei Jusos. Außer ihm sind das die 24-jährige Fenja Beckers und der 26-jährige Hasan Turhan. Er hoffe außerdem, dass sich Lea und Nils bei der nächsten Kommunalwa­hl als Kandidaten aufstellen lassen.

Habe er keine Angst verdrängt zu werden? Die Antwort kommt schnell. „Nein, wir müssen zusehen, dass neue Leute nachkommen“, sagt Kujath. „Wir wollen die jungen Leute nach vorne bringen und aussichtsr­eiche Listenplät­ze geben.“So habe er es selbst erlebt unter dem mittlerwei­le verstorben­en Issumer SPD-Fraktionsv­orsitzende­n Jochen Lischewski. Das wolle er so weiterführ­en. „Wenn man sich ernst genommen fühlt, und so war es bei mir, dann hat man auch die Motivation weiterzuma­chen.“

Leas Antwort auf diejenigen, die keine Lust auf Politik haben lautet übrigens: „Meckern kann jeder, aber mitmachen auch.“

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RP-FOTO: THOMAS BINN Lea Bongers und Nils Göllner im Gespräch.

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