Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Frankreichs Premier begeistert Rheinländer
Edouard Philippe erzählt in Köln von seiner Schulzeit in Bonn. Er kritisiert die „Gelbwesten“.
KÖLN Es war ein Heimspiel für den französischen Premier Edouard Philippe am Donnerstagabend in Köln. Philippe, seit 2017 Regierungschef unter Staatspräsident Emmanuel Macron, war Gastredner des Neujahrsempfangs der Industrie- und Handelskammer Köln und begeisterte die knapp 500 geladenen Gäste mit rheinischen Anekdoten und guten Deutschkenntnissen. „Von 1986 bis 1988 war Bonn mein Zuhause“, sagte Philippe, der am deutsch-französischen Friedrich-Ebert-Gymnasium in der Bundesstadt sein Abitur ablegte. Sein Vater war damals Rektor des französischen Gymnasiums. Auch Köln lernte der Franzose offenbar mit Schulfreunden kennen. Er habe im Rheinland erfahren, was es heißt, Europäer zu sein, sagte Philippe.
Doch der Regierungschef, politisch im konservativ-liberalen Lager verortet, äußerte sich auch zu den Protesten der so genannten „Gelbwesten“in Frankreich, die seit Wochen gegen die Reformpolitik seiner Regierung demonstrieren. Die Proteste zeugten von „starker Wut“, seien aber keine französische Angelegenheit. Philippe erinnerte an den Unmut über die politischen Eliten in den USA oder Großbritannien. „Die Entscheidungen, die 2017 getroffen wurden, betreffen die Wettbewerbsfähigkeit und die Attraktivität Frankreichs und der französischen Wirtschaft“, verteidigte er die Reformen. Ein Teil der Lösung für Frankreichs Probleme bestehe darin, dass sich die Wirtschaft wieder verbessere. „Unsere Maßnahmen werden keine Verzückung auslösen.“
Er erinnerte, inzwischen ins Französische gewechselt, die Gäste an seine erste Begegnung mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kanzlerin Angela Merkel 2017. Beide hätten ihn ermuntert, den Reformweg zu gehen. „Wenn Sie Reformen machen wollen, dann schnell, frühzeitig, und Sie müssen sie durchhalten.“Die gewalttätigen Proteste werde die Regierung „mit allen Mitteln“bekämpfen, so Philippe. Im europäischen Einigungsprozess müsse man schneller vorankommen, mahnte er und hatte dabei wohl auch die Kanzlerin im Blick. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hatte zuvor an die Erfolgsgeschichte der deutsch-französischen Freundschaft erinnert, bis hin zur Gewerbefreiheit, die eine Idee aus Frankreich gewesen sei.