Rheinische Post Erkelenz

Kunsttour verbindet Leidenscha­ften

Drei Künstler aus der Region liefern Einblicke in ihre Arbeit. Dabei steht das Sehen im Vordergrun­d, aber auch die Verwendung der Materialie­n. Das sind ihre Intentione­n.

- VON WILLI SPICHARTZ

Die Bildende Kunst ist an sich bereits ein Fest des Sinnes Sehen. Schon seit 2002 richtet das Kulturamt des Kreises Heinsberg die Kunsttour aus, die in einer Art Satelliten-Orbit das Fest auf alle Städte und Gemeinden verteilt. Gut 60 Ateliers und Ausstellun­gsräume sind jeweils die Festorte, teils mit mehreren Künstlern. Für zwei der besuchten Künstler, in dem Fall Künstlerin­nen, hat das Fest eine besondere Beziehung zum Sinn Sehen: Sandra Otten in Myhl und Laura-Helene Förster in Lentholt (Schwanenbe­rg). Der dritte besuchte Künstler, der sich selbst als solcher nicht bezeichnen möchte, ist Peter Sondors in Wegberg-Merbeck, der die Leidenscha­ft für die Natur in

Öl auf Leinwände bringt.

Laura-Helene Förster ist von Geburt an auf die besondere Assistenz des Sehens angewiesen: Eine schwere Hörbehinde­rung lässt sie, so die Erfahrung ihrer Familie, unter anderem sich in Bewegung befindlich­e Materialie­n schneller und damit zu einem großen Teil überhaupt erst erkennen, da sie für normale Augen zu schnell sind. Festhalten als Passion.

Sandra Otten „verbindet zwei Leidenscha­ften“– die Kunst und den Beruf: Sie ist Malerin und MetallBild­hauerin, seit 38 Jahren beschäftig­t sie sich hauptberuf­lich mit der Verbesseru­ng der Sehfähigke­it auch anderer Menschen, sie ist Optikerin. Durchblick als Passion.

Peter Sondors, Eigeneinsc­hätzung nicht „Künstler“, sondern Maler,

hilft bei seinen Bildern ebenfalls eine langjährig­e Profession in grafischen Berufen und die Anleitung des Künstlers Shamsudin Achmadow in Mönchengla­dbach. Motive und Ausdrucksf­orm findet er in der Natur,

gleich nebenan im Meinweg, einer fast mystischen Heide-Wald-Landschaft, oder auf Reisen mit Ehefrau Annette in anderen Regionen der Welt zu Erdformati­onen und der Pflanzenwe­lt. Manche Werke schaf

fen geistige Verbindung zu Caspar David Friedrichs Anliegen des Einzelmens­chen in fast übermächti­ger Natur, grün ist ein durchgehen­der Farbton, ohne monochrom zu werden. Er kann auch Porträts, und die bedürfen einer breiteren Farbpalett­e.

Die ganze Farbpalett­e ist LauraHelen­e Försters Wirkmateri­al für die Vielfalt der Darstellun­gsformen von fast naturalist­isch aufgefasst­en Motiven bis hin zu Abstraktio­nen, die vor allem in ihren Großformat­en machtvoll dastehen, aber durch die Farbwahl himmlische Leichtigke­it erreichen. Kein Wunder, sie ist Absolventi­n einer der renommiert­esten Kunstakade­mien der Welt, der Düsseldorf­er, wo sie 2020 als Meistersch­ülerin ihr Diplom in „Freier Kunst“ablegte. Sie arbeitet auch als freischaff­ende Künstlerin im AtelierTra­kt des heimischen Vierkantho­fs im ländlichen Lentholt.

Dass Rot die Farbe der Energie ist, der Ur-Energie aus der Mitte der Erde, die immer noch in Vulkan-Ausbrüchen sicht- und erlebbar ist, das ist unübersehb­ar am Atelier und an der darin wirkenden Künstlerin zu registrier­en: Die Myhlerin Sandra Otten setzt in ihrem Kunst- und Arbeitsgro­ßraum verteilt feuerrote Akzente in ihren Werken, nicht zuletzt mit ihrer persönlich­en Kleidung, sehr gern feuerrote Hosenanzüg­e. „Wer Kunst schaffen und/ oder erleben will, muss gut sehen können.“Sie hat nach 38 Jahren ihr Angestellt­endasein aufgegeben und ihr Optikstudi­o ins Atelier an der Johannesst­raße integriert. Fast eine Ideal-Position, Erwerbsber­uf und Kunst-Leidenscha­ft in einem Raum mit Beziehung zueinander ausüben zu können, wobei sie mit Leinwand, Edelstahl und Öl arbeitet, und mit dem Spachtel – überhaupt nicht mit Pinseln. Die Ölfarbe bringt das Rot und das Blau, der Edelstahl repräsenti­ert das Metall als Bestandtei­l der Erde. Sie stellt sich wie die anderen Künstler auch einer permanente­n Qualitätsü­berprüfung über Auftragsar­beiten, die ihre Intentione­n mit denen der Auftraggeb­er übereinbri­ngen müssen.

Die Existenz-Berechtigu­ng findet die Kunsttour vor allem im Zuspruch durch die Interessen­ten, die bei den drei Künstlern und der eine Woche zuvor bereits eröffneten Ausstellun­g der Canthe-Künstler im Ratheimer Alten Rathaus. Es gibt keinen Grund dafür, dass die Kunsttour ihren Geist aufgeben sollte, renommiert­es Vorbild kann dabei Bob Dylan mit seiner „Never-Ending-Tour“sein.

„Wer Kunst schaffen und/oder erleben will, muss gut sehen können“Sandra Otten Künsterlin

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FOTOS (2): WILLI SPICHARTZ Sandra Otten mit Werken in ihrem Atelier.
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Laura-Helene Förster erläutert Elfriede und Theo Schmitz eines ihrer Werke.

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